Der Kreis Lüdinghausen war ein Kreis im Münsterland in Nordrhein-Westfalen, der zunächst von 1804 bis 1806 und dann in der Zeit vom 10. August 1816 bis zum 31. Dezember 1974 existierte.[1] Kreisstadt war Lüdinghausen. Das Wappen des Kreises basierte auf dem gold-rot-goldenen Balkenwappen des Hochstifts Münster ergänzt um drei Bälle aus dem Wappen der Herren von Davensberg und der Glocke aus dem Wappen der Stadt Lüdinghausen.[2]
Wappen | Deutschlandkarte | |
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51.7680567.444444 | |
Basisdaten (Stand 1974) | ||
Bestandszeitraum: | 1804–1974 | |
Bundesland: | Nordrhein-Westfalen | |
Regierungsbezirk: | Münster | |
Landschaftsverband: | Westfalen-Lippe | |
Verwaltungssitz: | Lüdinghausen | |
Fläche: | 697,6 km2 | |
Einwohner: | 151.895 (31. Dez. 1974) | |
Bevölkerungsdichte: | 218 Einwohner je km2 | |
Kfz-Kennzeichen: | LH | |
Kreisschlüssel: | 05 5 35 | |
Kreisgliederung: | 19 Gemeinden | |
Landrat: | Ferdinand Kortmann (CDU) |
Der Kreis Lüdinghausen grenzte 1974 im Uhrzeigersinn im Norden beginnend an die Kreise Münster und Beckum, an die kreisfreie Stadt Hamm, an den Kreis Unna, an die kreisfreie Stadt Lünen sowie an die Kreise Recklinghausen und Coesfeld.
Nachdem der östliche Teil des Münsterlandes als Fürstentum Münster 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss an Preußen gefallen war, trat am 1. Januar 1804 die preußische Verordnung über die Kreiseinteilung des hinzugewonnenen Gebiets in Kraft. Neben den Kreisen Beckum, Münster und Warendorf wurde der Kreis Lüdinghausen eingerichtet. Er umfasste die Städte Lüdinghausen, Olfen und Werne sowie die Kirchspiele Altlünen, Amelsbüren, Appelhülsen, Ascheberg, Bockum, Bork, Bösensell, Capelle, Heessen, Herbern, Hiddingsel, Hövel, Lüdinghausen, Nordkirchen, Nottuln, Olfen, Osterbauerschaft, Ottmarsbocholt, Schapdetten, Selm, Senden, Seppenrade, Südkirchen, Venne, Walstedde und Werne.[3][4] Johann Matthias Kaspar von Ascheberg zu Venne wurde Landrat des Kreises. Zwei Jahre später trat er zurück. Das Rücktrittsgesuch war für den König von Preußen die Gelegenheit, dem Drängen seiner Berater zu folgen und den Kreis Lüdinghausen mit Wirkung vom 1. Juni 1806 wieder aufzulösen.[5] Der größte Teil seines Gebiets wurde in den Kreis Münster eingegliedert. Mit dem Frieden von Tilsit verzichtete Preußen 1807 auf seine Besitzrechte am Fürstentum Münster. Von 1808 bis 1813 gehörte das ehemalige Kreisgebiet zum Großherzogtum Berg.
Nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses wurde das Münsterland 1815 endgültig dem Königreich Preußen zugewiesen. Unter dem Oberpräsidenten des Regierungsbezirks Münster wurde eine neue Kreiseinteilung verfügt und mit Wirkung vom 9. August 1816 Johann David Paul von Schlebrügge zum „Landrätlichen Comissarius“ des neuen Kreises Lüdinghausen bestimmt. In dieser Position erhielt er die Erlaubnis, seine Geschäfte auf seinem heimatlichen Anwesen, Haus Beckedorf, zu erledigen. 1818 wurde von Schlebrügge zum ersten Landrat des Kreises befördert. Die Kreisverwaltung blieb aber weiterhin auf seinem Gut Beckedorf. Erst 1828 verlegte er die Kreisverwaltung nach Lüdinghausen.
Nach seiner Gründung im Jahre 1816 war der Kreis bis 1843 in die sieben Bürgermeistereien Bork, Drensteinfurt, Lüdinghausen, Olfen, Ottmarsbocholt, Senden und Werne eingeteilt.[6]
Mit der Einführung der Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westfalen wurden in den Jahren 1843 und 1844 die Bürgermeistereien in Ämter überführt.[7] Die Städte Lüdinghausen und Werne blieben amtsfrei. Der Kreis war danach zunächst in die folgenden Ämter und Gemeinden gegliedert:[8][9]
Amt | Gemeinden |
---|---|
amtsfrei | Lüdinghausen und Werne |
Ascheberg | Ascheberg |
Bork | Altlünen, Bork und Selm |
Drensteinfurt | Bockum, Stadt Drensteinfurt, Kirchspiel Drensteinfurt, Hövel und Walstedde |
Herbern | Herbern |
Lüdinghausen | Kirchspiel Lüdinghausen und Seppenrade |
Nordkirchen | Nordkirchen und Südkirchen |
Olfen | Stadt Olfen und Kirchspiel Olfen |
Ottmarsbocholt | Ottmarsbocholt und Venne |
Senden | Senden |
Werne | Capelle, Stockum und Kirchspiel Werne |
Zum 1. April 1908 wurde aus den beiden Gemeinden Bockum und Hövel das Amt Bockum-Hövel gebildet. Das Amt Werne wurde 1922 aufgelöst. Die Landgemeinde Werne (das frühere Kirchspiel Werne) wurde in die Stadt Werne eingemeindet, Capelle kam zum Amt Nordkirchen und Stockum kam zum Amt Herbern. Die beiden Ämter Ascheberg und Senden wurden 1934 aufgehoben. Die Stadt Lüdinghausen wurde 1939 ins Amt Lüdinghausen eingegliedert. Gleichzeitig wurden Bockum und Hövel zur amtsfreien Gemeinde Bockum-Hövel zusammengeschlossen.[10]
Durch Gesetz vom 14. Januar 1969[11] wurden die Stadt Drensteinfurt und die Gemeinde Kirchspiel Drensteinfurt mit Wirkung zum 1. Juli 1969 zu einer neuen Stadt Drensteinfurt zusammengeschlossen.
Weitere Zusammenschlüsse, welche ebenfalls am 1. Juli 1969 in Kraft traten, erfolgten durch Gesetz vom 24. Juni 1969.[12] Hierdurch wurden die Gemeinde Walstedde ebenfalls in die neue Stadt Drensteinfurt einbezogen und die Gemeinde Lüdinghausen-Land (das frühere Kirchspiel Lüdinghausen) in die Stadt Lüdinghausen eingegliedert. Das Amt Drensteinfurt wurde aufgelöst; sein Rechtsnachfolger wurde die Stadt Drensteinfurt.
Danach umfasste der Kreis noch drei amtsfreie Städte, zwei amtsfreie Gemeinden und sechs Ämter mit 14 amtsangehörigen Städten und Gemeinden; er hatte 147.417 Einwohner (Stand 30. Juni 1972).[13]
Es handelte sich um:
Am 1. Oktober 1969 wurde aus dem Landkreis der Kreis Lüdinghausen.[14]
Durch das Ruhrgebiet-Gesetz[15] und das Münster/Hamm-Gesetz[16] vom 9. Juli 1974 wurden die Gemeinden des Kreises Lüdinghausen mit Wirkung vom 1. Januar 1975 grundlegend neu geordnet. Es entstanden die folgenden Städte und Gemeinden[17]:
Die Stadt Bockum-Hövel wurde Teil der neu gebildeten kreisfreien Stadt Hamm.[25] Die Gemeinde Altlünen (Amt Bork) wurde in die Stadt Lünen eingegliedert.[26]
Die Ämter wurden aufgelöst. Ihre Rechtsnachfolger sind Ascheberg (Amt Herbern), Lüdinghausen (Amt Lüdinghausen), Nordkirchen (Amt Nordkirchen), Olfen (Amt Olfen), Selm (Amt Bork), Senden (Amt Ottmarsbocholt).[27]
Die hierdurch verbliebenen acht Gemeinden des Kreises Lüdinghausen wurden auf die Kreise Coesfeld (Ascheberg, Lüdinghausen, Nordkirchen, Olfen, Senden), Unna (Selm, Werne) und Warendorf (Drensteinfurt) aufgeteilt.[28] Rechtsnachfolger des aufgelösten Kreises Lüdinghausen wurde der neue Kreis Coesfeld.[29]
Zum Kreis gehörten die folgenden Städte und Gemeinden:
Gemeinde bis 1974 | Einwohner | Gemeinde ab 1975 | Kreis ab 1975 |
---|---|---|---|
Altlünen | 15.496 | Lünen, Stadt | Kreis Unna |
Ascheberg | 06.555 | Ascheberg | Kreis Coesfeld |
Bockum-Hövel, Stadt | 26.210 | Hamm, Stadt | Kreisfreie Stadt |
Bork | 07.175 | Selm (Stadt ab dem 27. September 1977) | Kreis Unna |
Capelle | 01.459 | Nordkirchen | Kreis Coesfeld |
Drensteinfurt, Stadt | 07.877 | Drensteinfurt, Stadt | Kreis Warendorf |
Herbern | 04.521 | Ascheberg | Kreis Coesfeld |
Lüdinghausen, Stadt | 12.735 | Lüdinghausen, Stadt | Kreis Coesfeld |
Nordkirchen | 03.961 | Nordkirchen | Kreis Coesfeld |
Olfen, Kirchspiel | 02.197 | Olfen, Stadt | Kreis Coesfeld |
Olfen, Stadt | 05.082 | Olfen, Stadt | Kreis Coesfeld |
Ottmarsbocholt | 02.500 | Senden | Kreis Coesfeld |
Selm | 15.373 | Selm (Stadt ab dem 27. September 1977) | Kreis Unna |
Senden | 08.246 | Senden (8.191) und Nottuln (55) | Kreis Coesfeld |
Seppenrade | 04.369 | Lüdinghausen, Stadt | Kreis Coesfeld |
Stockum | 04.113 | Werne a. d. Lippe, jetzt Werne, Stadt | Kreis Unna |
Südkirchen | 02.249 | Nordkirchen | Kreis Coesfeld |
Venne | 00.143 | Senden | Kreis Coesfeld |
Werne a. d. Lippe, Stadt | 21.634 | Werne a. d. Lippe, jetzt Werne, Stadt | Kreis Unna |
Jahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1819 | 030.537 | [30] |
1832 | 034.554 | [6] |
1858 | 038.835 | [31] |
1871 | 038.724 | [32] |
1880 | 040.487 | [32] |
1890 | 040.939 | [33] |
1900 | 042.484 | [33] |
1910 | 057.161 | [33] |
1925 | 082.919 | [33] |
1933 | 086.413 | [33] |
1939 | 087.119 | [33] |
1950 | 118.645 | [33] |
1960 | 127.900 | [33] |
1970 | 143.800 | [34] |
1973 | 174.800 | [35] |
In der Liste werden nur Parteien und Wählergemeinschaften aufgeführt, die mindestens zwei Prozent der Stimmen bei der jeweiligen Wahl erhalten haben.[36]
Stimmenanteile der Parteien in Prozent
Jahr | CDU | SPD | FDP | DZP | KPD |
---|---|---|---|---|---|
1946 | 65,7 | 24,8 | 2,1 | 6,5 | |
1948 | 52,4 | 34,0 | 8,4 | 5,2 | |
119521 | 54,7 | 27,2 | 4,4 | 7,8 | 3,4 |
1956 | 54,5 | 33,7 | 4,9 | 5,5 | |
1961 | 62,2 | 31,4 | 6,4 | ||
1964 | 60,3 | 34,8 | 4,9 | ||
1969 | 59,6 | 37,2 | 3,2 |
Fußnote
1 1952: zusätzlich: BHE: 2,3 %
Den Öffentlichen Personennahverkehr bediente neben der Staatsbahn hauptsächlich die Verkehrsgesellschaft für den Kreis Lüdinghausen (VGL). Deren verkehrsreichste und somit wichtigste Strecke war die Linie 3 (Olfen – Selm – Beifang – Bork – Cappenberg [manchmal Siebenpfennigsknapp] – Nordlünen – Lünen, Hbf.), die in der Hauptverkehrszeit von Selm bis Lünen mit Buszügen bedient wurde.
Am 1. Juli 1956 wurde dem damaligen Landkreis bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen LH zugewiesen. Es wurde bis zum 31. Dezember 1974 ausgegeben. Seit dem 16. Mai 2014 ist es im Kreis Coesfeld, seit dem 1. September 2015 auch im Kreis Unna erhältlich.
Vor der Gründung Nordrhein-Westfalens im heutigen Gebiet Nordrhein-Westfalens aufgelöste (Land-)Kreise: Bilstein | Blankenheim | Bochum | Brakel | Bünde | Dortmund | Duisburg | Düsseldorf | Elberfeld | Eslohe | Essen | Geilenkirchen | Gelsenkirchen | Gemünd | Gimborn | Gladbach | Grevenbroich-Neuß | Gummersbach | Hagen | Hamm | Hattingen | Heinsberg (1816–1932) | Homburg | Hörde | Kempen | Krefeld | Lechenich | Lennep | Medebach | Mettmann | Mülheim am Rhein | Mülheim an der Ruhr | Neuß | Opladen | Rahden | Rheinbach | Rheinberg | Ruhrort | Schwelm | Solingen | Solingen-Lennep | Uckerath | Waldbröl | Wipperfürth
Ehemalige nordrhein-westfälische (Land-)Kreise: Aachen (1816–1971) | Aachen (1972–2009) | Ahaus | Altena | Arnsberg | Beckum | Bergheim (Erft) | Bielefeld | Bonn | Borken (1816–1974) | Brilon | Büren | Coesfeld (1816–1974) | Detmold | Dinslaken | Düren (1816–1971) | Düsseldorf-Mettmann | Erkelenz | Geilenkirchen-Heinsberg | Geldern | Grevenbroich | Halle (Westf.) | Höxter (1816–1974) | Iserlohn | Jülich | Kempen-Krefeld | Köln | Lemgo | Lippstadt | Lübbecke | Lüdenscheid | Lüdinghausen | Meschede | Minden | Moers | Monschau | Münster | Paderborn (1816–1974) | Rees | Rhein-Wupper-Kreis | Schleiden | Selfkantkreis Geilenkirchen-Heinsberg | Siegen | Siegkreis | Soest (1817–1974) | Steinfurt (1816–1974) | Tecklenburg | Unna (1930–1974) | Warburg | Warendorf (1816–1974) | Wiedenbrück | Wittgenstein
Kreise: Ahaus | Altena | Arnsberg | Beckum | Bielefeld | Bilstein | Bochum | Borken | Brakel | Brilon | Bünde | Büren | Coesfeld | Dortmund | Ennepe-Ruhr-Kreis | Eslohe | Gelsenkirchen | Hagen | Halle (Westf.) | Hamm | Hattingen | Herford | Hörde | Höxter | Iserlohn | Lippstadt | Lübbecke | Lüdinghausen | Medebach | Meschede | Minden | Münster | Olpe | Paderborn | Rahden | Recklinghausen | Schwelm | Siegen | Soest | Steinfurt | Tecklenburg | Unna | Warburg | Warendorf | Wiedenbrück | Wittgenstein
Stadtkreise: Bielefeld | Bocholt | Bochum | Bottrop | Buer | Castrop-Rauxel | Dortmund | Gelsenkirchen | Gelsenkirchen-Buer | Gladbeck | Hagen | Hamm | Herford | Herne | Hörde | Iserlohn | Lüdenscheid | Lünen | Minden | Münster | Osterfeld | Recklinghausen | Siegen | Wanne-Eickel | Wattenscheid | Witten