Turbenthal [ˈtʊrbənˌtaːl] (im einheimischen Dialekt: [ˈtʊːrbəˌtaːl]) Turbetaal, älter: Turpetaal[5] ist eine politische Gemeinde im Bezirk Winterthur des Kantons Zürich in der Schweiz.
Der Name des Dorfes ist erstmals im Jahr 825 in einer Urkunde des Klosters St. Gallen als Turbatuntale belegt, dann 829 als Turbatun und noch 1330 als Turbaten. Er dürfte auf eine keltische Form *Turbādūnum mit der Bedeutung ‚befestigte Siedlung am Flusse Turbā‘ zurückgehen; Turbā (< idg. *twer- ‚drehen, wirbeln‘) wäre dabei der alte Name der Töss.[6]
Wappen
Blasonierung
In Rot ein schrägrechter, silberner Balken, belegt mit drei blauen Ringen.
Geographie
Die im oberen Tösstal gelegene Gemeinde zählt mit ihren 25,07 km² zu den grösseren des Kantons und umfasst neben dem Dorf Turbenthal zahlreiche weitere Ortschaften. Seit dem frühen 19. Jahrhundert bestanden auf dem heutigen Gemeindegebiet zehn Zivilgemeinden:[7]
Hutzikon mit Altmühle, Friedthal, Grund und Girenbad
Landenberg mit Berg, Ruine Breitenlandenberg, Bühl, Käfer und Ober Spitzwies
Diese wurden bis 1930 nach und nach alle aufgelöst, ihre Aufgaben gingen an die politische Gemeinde über.[8]
Vom Gemeindegebiet sind 58% bewaldet, 35% werden landwirtschaftlich genutzt, 4% sind Siedlungsflächen und 3% entfallen auf Verkehrsbauten. Der mit 540 m ü. M. tiefste und zugleich westlichste Punkt der Gemeinde befindet sich auf der Grenze zur Gemeinde Zell ZH an der Töss, der höchste auf 842 m an der Grenze zu Hofstetten.
In der Ortsmitte mündet bei der Kirche von Osten das Neubrunnental ins Tösstal ein. Es bildet eine sehr niederschwellige Verbindung zur Kantonsgrenze zum Hinterthurgau am Bichelsee und zu den Ostschweizer Kantonen Thurgau, St. Gallen und Appenzell. Hier bestanden zur Zeit des Eisenbahnbaus im 19. Jahrhundert zweimal Projekte von Adolf Guyer-Zeller zum Bau von Verbindungsachsen von der Tösstalbahn zu den Linien Winterthur-Frauenfeld-Romanshorn und Winterthur-Wil-St. Gallen-Rorschach, die aber nie verwirklicht wurden.[9]
An die Bedrohungen durch Nazideutschland erinnern gleichenorts Panzersperren aus Betonhindernissen am Bichelsee, im Volksmund "Toblerone-Sperre" genannt. Sie hätte den Einfall mechanisierter Truppen aus dem Bodenseeraum behindern sollen.[10]
Um das Jahr 700 wurde in der Region um Turbenthal das Christentum eingeführt. In einer Urkunde aus dem Jahre 858 übertrug ein Reginbert seinen Besitz und seinen Anteil an der „Basilika in Turbanturn“ dem Kloster St. Gallen. Das Kloster übte in den folgenden Jahrhunderten Einfluss auf die Kirche aus. Der schwarze Bär auf gelbem Grund, das Wappen der Fürstabtei St. Gallen, ist auch heute noch am Kirchturm unter dem Zifferblatt zu finden.
1328 wurde in Dokumenten erstmals die Stammburg des Adelsgeschlechtes von Breitenlandenberg erwähnt, das damals nicht nur im Tösstal Macht besass. Die Burg stand „hoch über dem Dorf“ Turbenthal. Die grosse Burganlage wurde 1804 abgebrochen. Teile davon wurden in Häuser eingebaut und sind teilweise noch erhalten. Bis 1452 gehörte die Gemeinde Turbenthal zum Gebiet der Grafschaft Kyburg. Als die Stadt Zürich die Grafschaft kaufte, wurde das Dorf zürcherisch.
Im 17. Jahrhundert wurde Turbenthal bekannt durch die zahlreichen grossen Spinnereien und Webereien. Das Dorf litt unter Hungersnöten. Nach einer schweren Krise wurde die Hausindustrie durch die Fabrikindustrie abgelöst. Erste Baumwollspinnereien entstanden. 1830 erhielt das Dorf den traditionellen Jahrmarkt, der auch heute noch im Frühling und im Herbst stattfindet.
1875 wurde die Tösstalbahn durch das Dorf gebaut. Die Krankenkasse Turbenthal bestand von 1888 bis 2018. Vor 1920 trat die Töss mehrmals über die Ufer und richtete teilweise verheerende Schäden an. In den 1930er Jahren wurde das Flussbett mit Schwellen saniert.
Ortsmuseum
Das Ortsmuseum Turbenthal[12] befindet sich im ehemaligen Ökonomieteil des Stiefelhauses. Seit 1988 wurden Gegenstände des früheren Brauchtums, des Handwerks und der Heimindustrie aus dem Tösstal zusammengetragen. Im Ortsmuseum können auch Künstler aus der Region ihr Schaffen vorstellen. Besondere Bedeutung haben die ausgestellten Gegenstände aus dem persönlichen Nachlass der Schriftstellerin Olga Meyer. Sie hat in ihren Romanen Anneli, Sabinli oder Gesprengte Fesseln das frühere Leben im Tösstal beschrieben.
Politik
Gemeindepräsident ist seit 2010 Georg Brunner (FDP) (Stand 2020).
Sehenswürdigkeiten
Siehe auch: Liste der Kulturgüter in Turbenthal
Reformierte Kirche, 1512 erbaut, 858 als basilika in Turbanturn erwähnt
Auf dem Gebiet von Turbenthal gibt es vier Kirchen:
Die evangelisch-reformierte Kirche im Ortskern von Turbenthal wurde unmittelbar vor der Reformation in den Jahren 1510 bis 1512 erbaut. In einem Vertrag vom 14. Januar 1510 sicherte die Kirchgemeinde Turbenthal dem Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg und anderen Angehörigen des ansässigen Adelsgeschlechts zu, im vom Bischof geförderten Kirchenbau die Grablege der Landenberger einzurichten. Auch das Gestalten der Innenausstattung und Vorrechte für Jahrzeit-Feiern und Bestattungen wurden den Adligen gewährt als Gegenleistung für ihren und Bischof Hugos Beitrag von 300 Gulden an den Neubau. Das Turbenthaler Gotteshaus blieb bis ins 19. Jahrhundert eine Adelskirche.[13] Der alte Turm musste zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen werden. Seit 1904 prägt der heutige, viel höhere Turm das Dorfbild.[14]
Im Weiler Sitzberg befindet sich die zweite evangelisch-reformierte Kirche auf Turbenthaler Boden. Sie ist vor allem bekannt wegen ihrer Barockorgel, die in den Jahren 1741–1743 durch den Orgelbaumeister Georg Friedrich Schmahl aus Ulm erstellt wurde.[15]
Die römisch-katholische Kirche von Turbenthal ist die Herz-Jesu-Kirche. Sie befindet sich an der Schulstrasse und ist ein Gesamtkunstwerk des Künstlers Emil Sutor. Sie stammt aus dem Jahr 1934.[16]
Die evangelisch-methodistische Kirche steht an der Tösstalstrasse und wurde 1902 erbaut.[17]
Weitere Sehenswürdigkeiten sind:
Das Schloss Turbenthal (auch unteres Schloss), erbaut im 17. Jahrhundert von Angehörigen der Breitenlandenberger, ab 1902 für soziale Zwecke (Taubstummenanstalt, Altersheim, heilpädagogische Schule, seit 1999 von der Gehörlosendorfstiftung) genutzt.
Töss-Wasserlehpfad, 15 km Wanderweg mit informativen Schautafeln entlang der Töss bis Sennhof oder Bauma.[18]
Der Chämibach-Giessen, Schnurrberg, 15 m Fallhöhe, Koord.707447/255895,
die Büelgiessen im Büeltobel, je 10 m, Koord. Büeltobel I: 709488/253395, Büeltobel II: 709493/253440,
Schreizen-Giessen, 30 m, unterhalb Oberschreizen an der Sitzbergstrasse, Koord. 710105/253758[19]
Religion
Von den 4891 Menschen in der Gemeinde sind 40 Prozent reformierter Konfession und 18 Prozent katholisch (Stand Ende 2019).[20]
Alfred Marxer (1876–1945), Kunstmaler und Grafiker, geboren in Turbenthal
Rudolf Ott (1900–1970), Dorfmetzger, Gemeindepräsident, Nationalrat, in Turbenthal geboren
Willi Eberle (1912–1991), Kunstmaler und Bühnenbildner, in Turbenthal geboren
Literatur
Hans Martin Gubler, Kunstdenkmäler der Schweiz Band 76 „Die Kunstdenkmäler des Kanton Zürich Band 7 Der Bezirk Winterthur Südlicher Teil“ Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK Bern 1986 ISBN 3-7643-1786-8 S. 24–111.
Heinz Gallmann:Zürichdeutsches Wörterbuch. 1. Auflage. Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2009, ISBN 978-3-03823-555-2, S.670.
Andres Kristol, Turbenthal ZH (Winterthur) in: Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG), Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, p.891.
Charles Knapp, Maurice Borel, Victor Attinger, Heinrich Brunner, Société neuchâteloise de géographie (Hrsg.): Geographisches Lexikon der Schweiz. Band 6: Tavetsch Val – Zybachsplatte, Supplement – letzte Ergaenzungen – Anhang. Verlag Gebrüder Attinger, Neuenburg 1910, S. 212, Stichwort Turbenthal.
Peter Niederhäuser:Ein Bischof mit Wurzeln im Tösstal. In: Zürcher Oberländer Verlag (Hrsg.): Heimatspiegel, illustrierte Beilage von «Zürcher Oberländer» und «Anzeiger von Uster». Juni 2010. Zürcher Oberländer Verlag, Wetzikon 2010.
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