Disentis/Mustér (deutsch Disentis [diˑ.sən.tiˑs], rätoromanisch Mustér?/i [muˈʃteː]; seit 1963 ist Disentis/Mustér die offizielle Bezeichnung) ist eine politische Gemeinde in der Region Surselva des Kantons Graubünden in der Schweiz.
Disentis/Mustér | |
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Staat: | Schweiz![]() |
Kanton: | Kanton Graubünden![]() |
Region: | Surselva |
BFS-Nr.: | 3982i1f3f4 |
Postleitzahl: | 7180 Disentis/Mustér 7182 Cavardiras 7183 Mumpé Medel 7186 Segnas |
UN/LOCODE: | CH DIS |
Koordinaten: | 707938 / 17305746.6999978.851130 |
Höhe: | 1130 m ü. M. |
Höhenbereich: | 956–3612 m ü. M.[1] |
Fläche: | 90,99 km²[2] |
Einwohner: | 2009 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 22 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 12,9 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | René Epp |
Website: | www.disentis.ch |
![]() Blick über Disentis nach Nordosten | |
Lage der Gemeinde | |
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Die Abstammung des Wortes Disentis ist nicht eindeutig. Es gibt zwei Erklärungen: 1. von Desertina (‚Einöde‘)[5], 2. vom lateinischen Wort dissentire[6], die Weggabelung/Verzweigung, was zur Lage des Ortes passen würde. Das romanische Mustér stammt vom Lateinischen monasterium (‚Kloster‘).
Der Wintersport- und Kurort liegt in der Cadi im oberen Teil der Surselva, am Zusammenfluss des Medelser Rheins mit dem Vorderrhein.
Zur Gemeinde gehören die Dörfer Segnas, Mumpé Tujetsch, Mumpé Medel, Acletta, Disla und Cavardiras.
Für die Normalperiode 1991–2020 beträgt die Jahresmitteltemperatur 7,1 °C, wobei im Januar mit −1,1 °C die kältesten und im Juli mit 15,8 °C die wärmsten Monatsmitteltemperaturen gemessen werden. Im Mittel sind hier rund 122 Frosttage, und 29 Eistage zu erwarten. Sommertage gibt es im Jahresmittel rund 23, während normalerweise eins bis zwei Hitzetage zu verzeichnen sind. Die MeteoSchweiz-Wetterstation liegt auf einer Höhe von 1197 m ü. M.
Disentis/Mustér | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Disentis/Mustér
Quelle: MeteoSchweiz, Normalperiode 1991–2020[8] |
Anfang des 8. Jahrhunderts errichtete der Mönch Sigisbert aus einem burgundischen Kloster eine Zelle in der «Desertina»[9]. Dies gemäss der Legende, wahrscheinlich war die Gegend aber bereits vorher besiedelt. Der einheimische Rätier Placidus half ihm dabei und wurde auf Weisung des Landesherrn ermordet. Um 720/750 errichtete Bischof Ursicin über den Grabstätten der Heiligen Sigisbert und Placidus ein Kloster nach den Regeln des Heiligen Benedikt. 940 wurde das Kloster mit seinen wertvollen Kunstgegenständen von Sarazenen durch Brand zerstört (Deckengemälde in der Klosterkirche). Die nach der Flucht zurückkehrenden Mönche bauten die Abtei wieder auf. Ihre Hauptfunktion war dann die von «Hütern des Lukmanierpasses», über den die deutschen Kaiser Otto I., Heinrich II., Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) und Sigismund in ihre italienischen Reichsteile reisten. 1020 wurde der Konvent von Kaiser Heinrich II. an die bischöfliche Kirche von Brixen übertragen; die Verfügung wurde 1074 widerrufen und die Immunität des Klosters wiederhergestellt.[10] Es entstand der reichsunmittelbare Klosterstaat Cadi (Casa Dei – ‚Haus Gottes‘), zu dem nicht nur das Gebiet von Brigels bis jenseits des Oberalppasses gehörte, sondern zeitweise auch Gebiete in der Lombardei. Der Disentiser Abt wurde Reichsfürst. Die Fürstäbte wirkten bei der Gründung des Grauen Bundes und des Kanton Kantons Graubünden mit, wodurch sie allerdings ihre Machtstellung einbüssten. Das Kloster blieb kultureller Mittelpunkt von Graubünden.
Ende des 17. Jahrhunderts entstand im barocken Baustil eine neue Klosteranlage und 1696 bis 1712 die Klosterkirche Sankt Martin mit Doppelturmfassade nach Plänen von Caspar Moosbrugger. 1799 steckten französische Truppen das Dorf Disentis, Kloster und Kirche in Brand, nachdem sich die Einwohner gegen die Besatzer erhoben hatten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Klosteranlage umfassend restauriert, rund hundert Jahre später nochmals. Die letzte Restaurierung der Klosterkirche wurde 2019 beendet. Seit 1880 führt das Kloster ein Gymnasium mit Mönchen als Lehrkräften. Die weitere Gewährleistung der Anerkennung als zur Maturität führende Schule wurde anfangs der 1970er Jahre an zwei Bedingungen geknüpft: Erstens die Zulassung von Mädchen und zweitens die Ergänzung des Lehrkörpers durch zivile Lehrpersonen.
Bis 2002 blieb Disentis Gerichts- und Landsgemeindeort der Cadi, dem oberen Teil des Bündner Oberlandes, der Surselva.
Um 1750 errichtete Sebastian von Castelberg das Schloss Caschliun. Es brannte 1830 ab und verfiel anschliessend ganz.
Wie im Kanton Graubünden üblich, wurden die Kreiswahlen in einer Landsgemeinde abgehalten. Nach der Einführung des Frauenstimmrechts wurde 1973 die Beibehaltung dieser Tradition beschlossen.[11] Erst im Jahr 2000 wurde diese 600-jährige Tradition (wegen der Stimmen der anderen Kreisgemeinden) abgeschafft.[12]
Jahr | 1850 | 1900 | 1950 | 2000 | 2010 | 2012 | 2014 | 2020 |
Einwohner | 1260 | 1359 | 2330 | 2172 | 2111 | 2045 | 2058 | 2010 |
Das Wappen der Gemeinde Disentis/Mustér zeigt das Andreaskreuz, ein Kreuz mit zwei diagonal verlaufenden sich kreuzenden Balken.
Die Zai AG hat seit 2003 ihren Sitz in Disentis/Mustér. Aus der Lehrwerkstatt der Landis & Gyr aus den Siebzigerjahren entstand 1989 die Distec AG,[13] welche im Formen- und Metallbau tätig ist. Dort werden Präzisionsteile für die Aviatik, den Fahrzeugbau und die Industrie gefertigt.
Auf dem Areal des zerfallenen Schlosses Caschliun errichtete der Arzt Augustin Condrau 1877 das Hotel «Disentiser Hof», das ab 1909 die Radonquelle S. Placidus nutzte. Dadurch entwickelte sich ein erster Badetourismus und Disentis wurde zum Kurort. Die Quelle ist inzwischen nicht mehr in Betrieb, da eine Lawine die Zubringerleitung 1984 zerstörte. Das alte Hotel wurde 1977 durch einen Neubau ersetzt.
Rund um Disentis erstrecken sich über 180 km Wanderwege und 30 km Loipen für den Wintersport. Das auf knapp 3000 m ü. M. reichende Skigebiet wird unter dem Namen «Disentis 3000» durch die Bergbahnen Disentis AG betrieben. Seit 2019 besteht eine Anbindung an das Skigebiet Andermatt-Sedrun.[14]
Beim Campingplatz Fontanivas am Vorderrhein ist ein Badesee mit grossem Kinderspielplatz angelegt. Es besteht die Möglichkeit, Gold zu waschen.[15] 1980 wurde das Sportzentrum eröffnet.
In Disentis gabelt sich die Hauptstrasse 19 aus Chur zum Lukmanierpass und zum Oberalppass. Ausserdem endet hier die Vorderrheinlinie der Rhätischen Bahn. Sie wird nach Westen von der Matterhorn-Gotthard-Bahn weitergeführt. Der Bahnhof dient somit auch dem Lokwechsel bei den durchgehenden Glacier-Express-Zügen, da die Strecke der MGB über den Oberalppass mit Zahnstangenabschnitten ausgerüstet ist.
Über den Lukmanierpass führt eine Postautolinie. Seit 2000 ist die Strasse auch im Winter offen, allerdings besteht die Postautoverbindung in den Süden nur im Sommer.
Disentis/Mustér ist Mitglied der Alpine Pearls, die sich für umweltfreundliche Mobilität im Alpenraum einsetzen.[16]
Breil/Brigels | Disentis/Mustér | Falera | Ilanz/Glion | Laax | Lumnezia | Medel (Lucmagn) | Obersaxen Mundaun | Safiental | Sagogn | Schluein | Sumvitg | Trun | Tujetsch | Vals
Ehemalige Gemeinden: Andiast | Camuns | Castrisch | Cumbel | Degen | Duvin | Flond | Ilanz | Ladir | Lumbrein | Luven | Morissen | Mundaun | Obersaxen | Peiden | Pigniu | Pitasch | Riein | Rueun | Ruschein | Safien | Schlans | Schnaus | Sculms | Sevgein | Siat | St. Martin | Strada | Suraua | Surcasti | Surcuolm | Tenna | Tersnaus | Uors | Uors-Peiden | Valendas | Vella | Versam | Vignogn | Vrin | Waltensburg/Vuorz
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