Kalisz?/i [ˈkaliʃ], deutschKalisch, ist eine polnische Kreisstadt in der Woiwodschaft Großpolen – jeweils rund 100km von den Städten Breslau, Posen und Łódź entfernt, an der Prosna. Auf Grund der sehr frühen schriftlichen Erwähnung (150 n. Chr.) kann sich Kalisz rühmen, eine der ältesten urkundlich belegten Städte Polens zu sein. Wirtschaftliche Bedeutung besteht in den Bereichen der Textilindustrie, des Maschinenbaus und der Herstellung von Musikinstrumenten. Kalisz ist Sitz dreier Hochschulen und Bischofssitz.
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Kalisz (Begriffsklärung) aufgeführt.
Im Jahr 2000 wurden die Dörfer Dobrzec und Sulisławice eingemeindet.
Stadtwappen
Das Wappen von Kalisz besteht aus einem zweitürmigen Kastell, über dessen Tor ein polnisch gekleideter Wächter in das Horn stößt, umgeben von vier Sternen. Auf den Zinnen der Türme sprießen je drei Rohrkolben hervor. Farben Rot in Silber.
Geschichte
Rathaus im September 1835 während der „Großen Revue von Kalisch“Rathaus
→ Hauptartikel: Geschichte der Stadt Kalisz
Kalisz wird bereits um das Jahr 150 n.Chr. als Calisia, ein Ort der germanischen Diduni (Wandalen) vom alexandrinischen Geografen Claudius Ptolemäus erwähnt und ist somit eine der ersten urkundlich nachgewiesenen Städte auf dem Gebiet des heutigen Polen. Ab 1193 war Kalisz die Hauptstadt eines piastischen Herzogtums, das 1305 zur Woiwodschaft umgewandelt wurde. Statut kaliski (deutsch: Statut von Kalisch) war ein Judenschutzbrief, der von Herzog Bolesław dem Frommen (poln.: Bolesław Pobożny, 1224/27–1279) am 8. September 1264 in Kalisz erlassen wurde.
Nach der zweiten Teilung Polens gehörte Kalisch von 1793 bis 1807 zu Preußen. Während dieser Zeit war die Stadt die Hauptstadt des Kammerdepartments Kalisch in der preußischen Provinz Südpreußen. Danach gehörte die Stadt zum Herzogtum Warschau und ab 1815 zu Kongresspolen. Am 28. Februar 1813 wurde der Bundesvertrag zwischen Preußen und Russland in Kalisz unterzeichnet, der zu den Befreiungskriegen führte. Im September 1835 fand hier die Große Revue von Kalisz mit über 60.000 Beteiligten statt.
Nach 1815 entwickelte sich Kalisz zur Industriestadt mit vielen Textil-, Handschuh-, Strumpf- und Spitzenfabriken. Kalischer Spitzen waren weltberühmt. Jüdische Kaufleute trugen zu dieser Entwicklung bei; in den 1890er Jahren betrug der jüdische Bevölkerungsanteil um die 38 Prozent.
Im August 1914 wurde die Stadt durch deutschen Artilleriebeschuss großenteils zerstört (siehe Zerstörung von Kalisz) und anschließend teilweise in traditionellem und teilweise in modernem Stil wiederaufgebaut.
1918 wurde Kalisz durch die Neuerrichtung Polens nach 123 Jahren wieder Teil eines polnischen Staates. Von 1939 bis 1945 gehörte Kalisch als Stadtkreis und Sitz des Landrates für den gleichnamigen Landkreis zum deutschen Reichsgau Wartheland. Am 23. Januar 1945 wurde Kalisch fast unzerstört von der sowjetischen Armee eingenommen. Von 1975 bis 1998 war Kalisz Hauptstadt der Woiwodschaft Kalisz, zu der auch Teile von Niederschlesien gehörten.
Religionen
Kalisz ist seit 1992 Sitz eines katholischen Bistums. Seit 1793 existiert auch eine Gemeinde der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen in der Stadt, der heute etwa 300 Mitglieder angehören. Daneben gibt es eine polnisch-orthodoxe Gemeinde (etwa 50 Mitglieder) sowie eine Baptistengemeinde. Die Juden der Stadt wurden 1940 von den deutschen Besatzern deportiert.
Politik
Stadtpräsident
Der Stadtpräsident steht dem Stadtvorstand vor und ist gleichzeitig Chef der Verwaltung. Seit 2014 war dies Grzegorz Sapiński, der früher der PO angehört hatte, aber im Vorfeld der Selbstverwaltungswahlen 2014 aus der Partei ausgeschlossen worden war.[2] Er wurde sodann als unabhängiger Kandidat gewählt. Bei der turnusgemäßen Neuwahl im Oktober 2018 kandidierte er erneut für sein eigenes Wahlkomitee. Die Wahl führte zu folgenden Ergebnis:[3]
Krystian Kinastowski (Unabhängiger Block „Wszystko i Samorządny zgodnie dla Kalisza“) 21,3% der Stimmen
Dariusz Grodziński (Koalicja Obywatelska) 20,0% der Stimmen
Piotr Kaleta (Prawo i Sprawiedliwość) 18,8% der Stimmen
Zbigniew Maj (Wahlkomitee „Hier und Jetzt“) 9,4% der Stimmen
Grzegorz Sapiński (Wahlkomitee „Grzegorz Sapiński – parteilos“) 8,1% der Stimmen
Piotr Kościelny (Wahlkomitee Piotr Kościelny) 3,8% der Stimmen
Jerzy Kozłowski (Kukiz’15) 1,8% der Stimmen
Bei der damit notwendigen Stichwahl, die der bisherige Amtsinhaber Sapiński als sechstplatzierter Kandidat deutlich verpasst hatte, setzte sich Kinastowski mit 63,5% der Stimmen deutlich gegen den KO-Kandidaten Grodziński durch und wurde neuer Stadtpräsident.
Stadtrat
Der Stadtrat umfasst 23 Mitglieder. Die Wahl im Oktober 2018 führte zu folgendem Ergebnis:[4]
Koalicja Obywatelska (KO) 23,8% der Stimmen, 8 Sitze
Prawo i Sprawiedliwość (PiS) 21,1% der Stimmen, 7 Sitze
Unabhängiger Block „Wszystko i Samorządny zgodnie dla Kalisza“ 20,4% der Stimmen, 5 Sitze
Sojusz Lewicy Demokratycznej (SLD) / Lewica Razem (Razem) 14,5% der Stimmen, 3 Sitze
Wahlkomitee „Grzegorz Sapiński – parteilos“ 5,9% der Stimmen, kein Sitz
Wahlkomitee „Hier und Jetzt“ 5,4% der Stimmen, kein Sitz
Wahlkomitee Piotr Kościelny 5,1% der Stimmen, kein Sitz
Kukiz’15 3,7% der Stimmen, kein Sitz
Wirtschaft
Das Wirtschaftsleben der Stadt wird von der Industrie dominiert. Vorherrschende Branchen sind die Textilindustrie, die schon im 19. Jahrhundert über Polen hinaus bekannt war, die Nahrungsmittel- und die Getränkeindustrie sowie die Luftfahrt- und die Metallindustrie.
Verkehr
Der Fernverkehrsbahnhof Kalisz liegt an der Bahnstrecke Łódź–Forst (Lausitz); die Schmalspurbahn Kalisz–Turek ist teilweise eine Museumseisenbahn.
Die städtische Busgesellschaft KLA befördert mit ihren neu erworbenen Bussen auf 16 innerstädtischen und zwölf Vorortlinien insgesamt 19 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Als Stadt mit der höchsten PKW-Dichte Polens leidet Kalisz unter einem Parkplatzmangel, der durch Einführung von Parkraumbewirtschaftung gemildert werden soll.
Öffentliche Einrichtungen
Bildungseinrichtungen
Neben zwölf Berufs- und 24 Fachschulen gibt es drei Hochschulen mit insgesamt 5500 Studenten.
Teilweise rekonstruierter Burgwall einer Piastenburg (?) im Stadtteil Zawodzie aus der Zeit um 827 – 854
Reste des Walls (nach 874) einer Burganlage im Stadtteil Ogrody mit angrenzenden Siedlungsspuren vom 7. bis 11. Jahrhundert[5]
Theater
Wojciech-Bogusławski-Theater
Museen
Das Bezirksmuseum
Bauwerke
Franziskanerkirche zum Hl. Stanislaus (13.–18. Jahrhundert gotisch, barocke Ausstattung)
Garnisonskirche (ehemalige Jesuiten-, später evangelische Kirche, 17./18. Jahrhundert, barock)
Kathedrale zum Heiligen Nikolaus (gotisch-neugotisch, barocke Ausstattung, eine interessante Kapelle im Jugendstil, 13.–19. Jahrhundert)
Städtische Pfarrkirche zum Heiligen Joseph, (17.–18. Jahrhundert Barock)
Jesuitenkirche (ehem. Bernhardiner-) zu Mariae Verkündigung (18. Jahrhundert, Barock)
Nazarethanerkirche zum Heiligen Joseph und Heiligen Peter von Alcantara (18. Jahrhundert, Rokoko)
Kadettenhaus
Friedhöfe
Evangelischer Friedhof (ab 17. Jahrhundert). Dort begegnen wir allen Namen der Industriellen, deren Namen in der Geschichte der Stadt Kalisz (19. Jahrhundert) aufgeführt sind.
Russisch-orthodoxer Friedhof (ab 18. Jahrhundert)
Jüdischer Friedhof (Stadtteil Widok). Einziger noch erhaltener kleiner jüdischer Friedhof (19. Jahrhundert) in der heutigen Stadt. Der älteste, nicht weit von der Stadtmitte gelegen, mit teilweise mittelalterlichen Gräbern, wurde um 1940 von den Nazis zerstört.
Soldatenfriedhof (1916). Hier liegen auch viele Deutsche, die ab 1939 in Kalisch angesiedelt wurden.
Sowjetischer Ehrenfriedhof (1946). Die große Gedenksäule besteht aus dem Granit der Neuen Reichskanzlei in Berlin.
Umgebung
Schloss Gołuchów, 20 Kilometer nordwestlich der Stadt. Monumentale Adelsresidenz mit Landschaftspark und Kunstsammlungen, Teil des Nationalmuseums Posen.
Bahnhof Nowe Skalmierzyce, zwei Kilometer südlich von der heutigen Stadtgrenze entfernt. Riesiger neugotischer Bau, um 1905 errichtet, bis 1918 Grenzbahnhof des Deutschen Kaiserreiches.
Regelmäßige Veranstaltungen
Konzerte des städtischen Sinfonieorchesters und des Studenten-Chores Polifonia
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
Sabbatai Ben Josef (1641–1718), jüdischer Schriftsteller, Schöpfer der ersten jüdischen Buchdruckerei in Dyhernfurth
Dawid Flamm (1793–1876), Gynäkologe
Karl Heinrich Hermes (1800–1856), deutscher Journalist und Publizist
Thekla von Gumpert (1810–1897), Schriftstellerin
Adolf Loewe (1811–1885), Architekt
Ludwig Adolf Neugebauer (1821–1890), Gynäkologe
Maria Angela Truszkowska (1825–1899), Selige und Ordensgründerin
Ergebnis auf der Seite der Wahlkommission, abgerufen am 12. August 2020.
Ergebnis auf der Seite der Wahlkommission, abgerufen am 12. August 2020.
Dominik Nowakowski: Mittelalterliche Doppelburgen in Polen.edition-topoi.org (Mementodes Originals vom 3. Oktober 2018 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/edition-topoi.org, S. 246 ff.
Woiwodschaft Großpolen (Województwo Wielkopolskie)
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