Niedenstein liegt im Südosten des Naturparks Habichtswald. Die Kernstadt erstreckt sich am Westhang der waldreichen Langenberge. Die nächste Großstadt ist das 15km nordöstlich gelegene Kassel. Zu den Bergen rund um Niedenstein gehören der Schwengeberg (557mü.NN, höchster Berg des Stadtgebiets) und der Niedensteiner Kopf (475mü.NN, mit dem Hessenturm), die beide zu den Langenbergen gehören, der als Flächennaturdenkmal ausgewiesene Sengelsberg (448mü.NN) nördlich der Kernstadt, und der beim Ortsteil Kirchberg gelegene Wartberg (306mü.NN). Teile der Kernstadt werden vom östlichen Ems-Zufluss Wiehoff durchflossen, der Ortsteil Kirchberg von der Ems.
Nachbargemeinden
Im Norden grenzt Niedenstein an die Gemeinde Schauenburg (Landkreis Kassel), jenseits der Langenberge im Osten bzw. Südosten an die Stadt Gudensberg. Im Süden liegt Fritzlar, deren Kernstadt etwa 15km von der Kernstadt Niedenstein entfernt ist, und im Westen befindet sich die Gemeinde Bad Emstal; Gudensberg und Fritzlar liegen im Schwalm-Eder-Kreis, Bad Emstal gehört zum Landkreis Kassel.
Stadtgliederung
Die Stadt hat knapp 6000 Einwohner. Sie besteht aus fünf Ortsteilen. Neben der Kernstadt Niedenstein (etwa 2200 Einwohner) sind das Ermetheis (etwa 700 Einwohner), Metze (etwa 950 Einwohner), Kirchberg (etwa 850 Einwohner) und Wichdorf (etwa 1200 Einwohner).
Geschichte
Die Niedensteiner Gegend war schon früh besiedelt, was durch den am Wartberg befindlichen Hauptfundort der jungsteinzeitlichen Wartberg-Kultur nachgewiesen ist. 1254 ist die erste urkundliche Erwähnung der Burg Niedenstein auf dem Niedensteiner Kopf, als Konrad II. von Elben sie für die Herzogin Sophie von Brabant und ihren Sohn Heinrich gegen Truppen des Mainzer Erzbischofs Gerhard von Dhaun hielt. Die Burg wurde 1387 durch Truppen des Mainzer Erzbischofs Adolf I. verwüstet, danach nur teilweise wieder hergerichtet, schließlich aufgegeben und 1631 vollends zerstört. Von ihr ist heute nichts mehr zu finden.
Es war Konrad von Elben, der in Herzogin Sophies Auftrag auf dem ihm selbst gehörenden Gebiet der UrgemarkungWichdorf die neue, bereits 1259 als Stadt (oppidum) bezeichnete[3] Siedlung Niedenstein („Nydensteyne“) gründete.
Im Jahre 1554 zählte die Stadt 87 Haushalte mit etwa 400 Einwohnern. 1578 verlieh Landgraf WilhelmIV. Niedenstein das Recht, zwei Märkte pro Jahr abzuhalten.[3]
Der Dreißigjährige Krieg brachte beinahe völlige Zerstörung: Im Jahre 1631 eroberten Kroatische Reiter des Generals Tilly die Stadt, raubten sie aus und steckten sie in Brand; mehr als ein Drittel der Häuser fielen den Flammen zum Opfer, und die Burg wurde vollends zerstört. Als der Krieg 1648 vorbei war, lebten gerade noch vier Personen in Niedenstein, und nur 14 Häuser standen noch.
Niedenstein, die nach Einwohnerzahl kleinste Stadt im kurzlebigen napoleonischen Königreich Westphalen (1807–1813), war während der „Franzosenzeit“ Verwaltungssitz des Kantons Niedenstein. Die kleine Stadt erlebte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nennenswertes Bevölkerungswachstum, als individueller Personenverkehr und Pendlerarbeit zunahmen. Im Jahre 1834 gab es 610 Einwohner, und noch im Jahre 1939 betrug die Einwohnerzahl lediglich 630.
Jüdische Gemeinde
Der jüdische Friedhof an der Friedensstraße, 1832 angelegt
Niedenstein war im 19. Jahrhundert und bis zur NS-Zeit Heimat einer prozentual beträchtlichen jüdischen Gemeinde;[4] in den 1880er Jahren machte sie mehr als 22 Prozent der gesamten Einwohnerschaft aus, und noch 1933 waren etwa zehn Prozent der Einwohner jüdischen Glaubens. Diejenigen von ihnen, denen die Flucht aus Deutschland nicht rechtzeitig gelang, wurden Opfer des Holocaust: Von den in Niedenstein geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen kamen in der NS-Zeit mindestens 61 namentlich bekannte ums Leben.[5]
Historische Quellen
Das Stadtarchiv Niedenstein wird im Hessischen Staatsarchiv Marburg aufbewahrt (Bestand 330 Niedenstein). Der Bestand ist nahezu vollständig erschlossen und ist online recherchierbar.[6]
Gebietsreform
Am 1. September 1970 fusionierten im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbständige Gemeinde Ermetheis und die Stadt Niedenstein freiwillig zur erweiterten Stadt Niedenstein.[7] Am 31. Dezember 1971 kamen Kirchberg, Metze und Wichdorf durch Eingemeindung hinzu.[8]
Politik
Stadtverordnetenversammlung
Die Kommunalwahl am 14. März 2021 lieferte folgendes Ergebnis,[9] in Vergleich gesetzt zu früheren Kommunalwahlen:[10][11][12]
Stadtverordnetenversammlung – Kommunalwahlen 2021
Stimmenanteil in%
Wahlbeteiligung 59,8%
%
50
40
30
20
10
0
37,1 (−2,9)
27,5 (−3,4)
18,5 (±0,0)
16,9 (+6,3)
FWG
SPD
CDU
Grüne
2016
2021
Sitzverteilung
Insgesamt 23 Sitze
SPD: 6
Grüne: 4
FWG: 9
CDU: 4
Parteien und Wählergemeinschaften
% 2021
Sitze 2021
% 2016
Sitze 2016
% 2011
Sitze 2011
% 2006
Sitze 2006
% 2001
Sitze 2001
FWG
Freie Wählergemeinschaft Niedenstein
37,1
9
40,0
9
19,6
4
23,7
5
18,7
6
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
27,5
6
30,9
7
41,8
10
46,7
11
51,3
16
CDU
Christlich Demokratische Union Deutschlands
18,5
4
18,5
4
20,8
5
20,9
5
23,0
7
Grüne
Bündnis 90/Die Grünen
16,9
4
10,6
3
17,8
4
8,6
2
7,0
2
Gesamt
100,0
23
100,0
23
100,0
23
100,0
23
100,0
31
Wahlbeteiligung in%
59,8
60,9
57,1
57,4
66,3
Bürgermeister
Seit dem Jahr 1993 werden in Hessen die Bürgermeister für sechs Jahre direkt gewählt:[13]
Seit 2015 der parteilose Frank Grunewald Bürgermeister in Niedenstein.
Evangelische Kirche NiedensteinDie Gerichts- und TanzlindeHessenturm auf dem Niedensteiner Kopf
Die evangelische Kirche von 1777 ist ein Saalbau mit eingestelltem Turm. Der Innenraum ist durch Kanzel, Pfarrstand und dreiseitig umlaufende Empore sowie eine 1844 von dem Kasseler Orgelbaumeister Carl Wilhelm gebaute Orgel mit zwei Manualen und 18 Registern geprägt; bis auf letztere ist die Ausstattung neugotisch, wozu auch Reste einer historistischen Verglasung gehören. Seit 2008 wird die Kirche schrittweise saniert. Der erste Schritt war die Sicherung des Kirchturms. Im Jahre 2018 wurden aufwändige Fundamentarbeiten notwendig, um ein talseitiges Abrutschen der Kirche zu verhindern: Der Sandsteinsockel wurde mit Betonklötzen abgesichert und etwa 140 Stahlanker wurden zur Stabilisierung in den Untergrund getrieben. Im Januar 2021 begann die Erneuerung der Deckenbalken im Kirchenschiff. Die Kirchenfenster liegen seit 2016 reparaturbedürftig in einer Werkstatt und sind seitdem durch bunte Plexiglasscheiben ersetzt. Falls die Finanzierung gesichert werden kann, soll das Dach im Jahre 2022 erneuert werden, und ab 2023 ist die Sanierung des Innenraums vorgesehen (Stabilisierung der Innenwände, Modernisierung von Heizung und Elektrik).[14] Die denkmalgeschützte Wilhelmsorgel wurde von Oktober 2019 bis Dezember 2020 von der Orgelbaufirma Mebold aus Siegen umfassend restauriert. Sie ist eines der wenigen erhaltenen zweimanualigen Instrumente mit 18 Registern und eine der größten Orgeln, die von der Hofbaumeisterschule Kassel gefertigt wurden. Damit sie weiterhin gespielt werden kann, wurde sie im Januar 2021 in der evangelischen Stadtkirche in Fritzlar aufgestellt, wo sie bis zu sechs Jahre lang, bis zur Fertigstellung der Niedensteiner Kirchensanierung, erklingen soll.[15]
Ehemalige Synagoge
Altenburg, eine auf dem gleichnamigen Berg nordwestlich von Niedenstein gelegene befestigte vorgermanische Höhensiedlung, die bereits um Christi Geburt aufgegeben wurde. Die früher angenommene Gleichsetzung mit dem chattischen Hauptort Mattium ist unzutreffend. Zahlreiche Ausgrabungsexponate aus dem Bereich der Altenburg befinden sich heute im Hessischen Landesmuseum in Kassel.
Burgruine Falkenstein in der westlichen Nachbargemeinde Bad Emstal auf dem bei Niedenstein gelegenen Berg Falkenstein.
Naturdenkmäler und besondere Objekte
Niedensteiner Tanzlinde; die als Naturdenkmal ausgewiesene, historische Tanz- und Gerichtslinde steht westlich des Rathauses, außerhalb des einstigen unteren Stadttors, dem Untertor
Sengelsberg, ein 449mü.NHN[16] hoher Berg der Hinterhabichtswälder Kuppen ist ein weiteres, niedensteiner Naturdenkmal
„Jüdischer Friedhof“; die erhaltene Begräbnisstätte der früheren israelitischen Gemeinde Niedensteins befindet sich an der Friedensstraße im Ort
Hessenturm, ein im Jahr1931 errichteter Aussichtsturm mit einer Wandergaststätte
Persönlichkeiten
Max Barta (1900–1990), in den 1920er Jahren einer der bekanntesten mährischen Gebrauchsgrafiker
Karl Ernst Demandt (1909–1990), Historiker, seit 1987 Ehrenbürger der Stadt
Bettina Hoffmann (* 1960), Politikerin
Albrecht Glaser (* 1942), Politiker
Jürgen Schweinebraden (* 1938), Galerist und Verleger
Literatur
K. Prior (Hrsg.): Niedenstein, Ermetheis, Metze, Kirchberg, Wichdorf. Geschichte und Geschichten aus dem Herzen des Chattenlandes. 1. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 1987, ISBN 3-925277-10-2.
Karl E. Demandt: Bevölkerungs- und Sozialgeschichte der jüdischen Gemeinde Niedenstein 1653–1866. Wiesbaden: Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen 1980. ISBN 978-3-921434-04-8.
79. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 21. November 2012. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr.9, 2014, ISSN0724-7885, S.187.
„Niedenstein“.Historisches Ortslexikon für Hessen(Stand: 26.März 2014).In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL),abgerufen am 3.November 2014.
Karl E. Demandt: Bevölkerungs- und Sozialgeschichte der jüdischen Gemeinde Niedenstein 1653–1866.
Listen von Yad Vashem in Jerusalem und den Angaben des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945“.
Zusammenschluss der Gemeinde Ermetheis und der Stadt Niedenstein im Landkreis Fritzlar-Homberg zur Stadt „Niedenstein“ vom 17.August 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr.37, S.1785, Punkt 1672 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 3,9MB]).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.391und392.
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