Obernkirchen ist eine Bergstadt im Landkreis Schaumburg in Niedersachsen, in deren Nähe die bekannten Obernkirchener Sandsteinbrüche liegen. Obernkirchen ist die einzige Bergstadt Niedersachsens außerhalb des Harzes sowie die nördlichste Bergstadt Deutschlands. Wichtige Wirtschaftszweige sind: Glasindustrie, Maschinenbauindustrie (Pumpen), Gesundheitswesen und Sandsteinabbau.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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52.2663888888899.1177777777778209 | |
Basisdaten | ||
Bundesland: | Niedersachsen | |
Landkreis: | Schaumburg | |
Höhe: | 209 m ü. NHN | |
Fläche: | 32,45 km2 | |
Einwohner: | 9288 (31. Dez. 2021)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 286 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 31683 | |
Vorwahl: | 05724 | |
Kfz-Kennzeichen: | SHG, RI | |
Gemeindeschlüssel: | 03 2 57 028 | |
LOCODE: | DE OBK | |
Stadtgliederung: | 5 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Marktplatz 4 31683 Obernkirchen | |
Website: | www.obernkirchen.de | |
Bürgermeister: | Dörte Worm-Kressin[2] (parteilos) | |
Lage der Stadt Obernkirchen im Landkreis Schaumburg | ||
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Obernkirchen liegt an der Bundesstraße 65 zwischen Bückeburg und Stadthagen. Der waldreiche Bückeberg (367 m ü. NN) nimmt einen großen Teil der Stadtfläche ein.
Im Uhrzeigersinn sind dieses die Gemeinde Nienstädt, Stadt Stadthagen, die Gemeinden Auetal, Buchholz, Heeßen, Bad Eilsen und Ahnsen, die Stadt Bückeburg sowie die Gemeinden Seggebruch und Helpsen.
Zur Stadt Obernkirchen gehören vier weitere Ortschaften:
Ortschaft | Einwohner |
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Gelldorf | 0830 |
Krainhagen | 1200 |
Röhrkasten | 0290 |
Vehlen | 1230 |
Im Jahr 775 erfolgte eine Erwähnung des Bukki-Gaus beim Rückmarsch des siegreichen Karolingischen Heeres aus Sachsen.[3] Hieraus wurde die Lage einer Burg gefolgert. Castrum Bukkaburg (Alte Bückeburg). Dieses ist aber nicht urkundlich zu belegen.
Ouerenkerken, „die obere Kirche“, gab der heutigen Stadt Obernkirchen den Namen. Am auslaufenden Hang des Bückebergs mit weitem Blick in das Norddeutsche Tiefland wurde laut einer Mindener Chronik aus dem 14. Jahrhundert von Kaiser Ludwig dem Frommen (814–840) das Kloster Obernkirchen als älteste geistliche Niederlassung zwischen Weser und Leine gegründet. Im Jahre 936 sollen Ungarn das Kloster überfallen und niedergebrannt haben, was aber urkundlich nicht gesichert ist.
Erst 1167 berichtet eine Urkunde wieder über das Kloster und nennt den Namen Ouerenkerken. Bischof Werner von Minden gründete in Obernkirchen ein Augustinerinnenkloster. Er stammte aus dem Adelsgeschlecht Arnheim, dessen Ursprung die Alte Bückeburg war. Kaiser Barbarossa verlieh am 30. November 1181 zu Erfurt dem Stift Obernkirchen die Marktgerechtigkeit.[4] Das älteste Siegel der Grafen von Poppenburg ist erhalten an einer Urkunde des Klosters Obernkirchen aus dem Jahre 1229: Es ist das Siegel des Grafen Bernhard, der sich ab 1217 nach seiner neu erbauten Burg von Spiegelberg nannte. Es zeigt im Rundschild auf einem Querband drei fünfblättrige Rosen und lässt auf der Umschrift erkennen: „Bernardu… Poppenhor…“.
Seit 1520 ist bekannt, dass es in Obernkirchen einen Rat und einen Bürgermeister gibt. Erst Ende 1564, mit dem Tod des langjährigen Propstes Johann Kostgen, war im Zuge der Reformation auch im Augustinerinnenkloster – der Urzelle der Stadt – mit der Annahme der lutherischen Lehre ein grundlegender Wandel eingetreten. Die Reformation in der Obernkirchen umgebenden Grafschaft Schaumburg war bereits 1559 eingeführt worden. Die Propsteigüter fielen an den Landesherrn; für den übrigen Besitz des Klosters setzte der Schaumburger Adel die Einrichtung eines adeligen Damenstifts durch. Dieses existiert heute noch in den Gebäuden.
Die Ortschaft Obernkirchen bekam durch Graf Otto IV. von Schaumburg am 10. Februar 1565 ihr Fleckenrecht verliehen. Die Einwohner wurden nunmehr aus der Leibeigenschaft des Stiftes Obernkirchen entlassen. Ebenfalls war es Graf Otto, der am 22. Mai 1571 Bürgermeister und Rat des Fleckens Obernkirchen das Recht gewährte, ein Siegel zu führen, das neben einem weißen Nesselblatt mit drei Nägeln die Kirche zeigte. Die Verleihung des Stadtrechts am 26. Januar 1615 durch den Grafen Ernst von Schaumburg schloss die rechtsgeschichtliche Entwicklung Obernkirchens ab. Im Dreißigjährigen Krieg wurde 1640/1647 die alte Grafschaft Schaumburg geteilt, Obernkirchen gehörte fortan zum hessischen Teil der Grafschaft Schaumburg zu Hessen-Kassel.
In Obernkirchen wurden 1659 zur Zeit von Philipp zur Lippe Hexenverfolgungen durchgeführt: Zwanzig Personen wurden hingerichtet.[5]
Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Streitigkeiten über den Grenzverlauf zwischen den Herrscherhäuser Schaumburg-Lippe und Hessen-Kassel; 1733 wurden nach der Einigung Grenzsteine gesetzt. Nachdem 1805 Napoleons Truppen Hessen besetzten, kam die Stadt Obernkirchen als Teil des Kantons Obernkirchen bis 1813 zum Königreich Westphalen. Zu diesem Zeitpunkt besaß der Kanton Obernkirchen etwas weniger als 3600 Einwohner.
Leben und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wurden zunehmend durch den Abbau des Sandsteins, die Steinkohlegewinnung und die Glasproduktion geprägt.
Bereits seit dem 12. Jahrhundert wurde in den Bückebergen der Sandstein abgebaut. Bis zur Verleihung der Fleckenrechte war es ausgeschlossen, dass die in den Steinbrüchen Tätigen sich zu einer Zunft zusammenschlossen. Die erste erhaltene Urkunde der Obernkirchener Steinhauerzunft datiert daher erst aus dem Jahr 1597. Der Steinkohlebergbau hat in Obernkirchen Ende des 14. Jahrhunderts begonnen, allerdings ist der Abbau erst durch eine Urkunde von 1498 belegt.
In Obernkirchen wurde die 1799 die älteste Glashütte der Region gegründet, die nach einer Unterbrechung 1827 unter dem Namen „Schauenstein“ die Produktion wieder aufnahm. 1823 wurde der Fabrikant Caspar Hermann Heye Teilhaber, 1842 übernahm er sie ganz. 1840 wurde von der Familie Stoevesandt als Konkurrenzunternehmen die „Neue Hütte“ unweit davon gegründet. Am 1. August 1900 ging von den Arbeitern der Glasfabrik Heye ein Streik der Glasmacher aus, der sich über das ganz Deutsche Reich verbreitete und Unterstützung auch in England fand. Nach gut einem Jahr brach dieser Streik erfolglos wieder zusammen; viele Arbeiter hatten im Ergebnis ihren Arbeitsplatz verloren.[6]
Der schon seit dem Mittelalter betriebene Bergbau wurde im 19. Jahrhundert erweitert. Am Liethstollen wurde unter anderem eine Brikettfabrik errichtet. Bis zum Ende des Steinkohlenbergbaus in Schaumburg (1960) war die Verwaltung in Obernkirchen (Bergamt). Die Anfänge des späteren Gesamtbergamtes (1806) gehen bis in das Jahr 1552 zurück. Im Jahr 1873 wurde in Obernkirchen eine Bergvorschule gegründet.
1863 wurde bei Obernkirchen ein 41 Kilogramm schwerer Eisenmeteorit vom Typ IVA gefunden.[7] Er lag in 4,5 Meter Tiefe in einem Sandsteinbruch.[8]
Am 6. Januar 1899 legte der damalige Bürgermeister Dreyer der Stadtverordnetenversammlung einen Plan vor, nach welchem eine kleine Berufsfeuerwehr, eine so genannte bezahlte Spritzenmannschaft, angeworben werden sollte.[9]
Am 1. April 1955 wurden die bislang selbständigen Gemeinden Beeke und Rösehöfe eingemeindet. Da die beiden Gemeinden dem Landkreis Schaumburg-Lippe angehörten kam die Gemeinde Schöttlingen mit den Wohnplätzen Eichhöfe und einigen Häusern des Eichenbruchs im Gebietstausch zum Landkreis Schaumburg-Lippe. Die Gemeinde Schöttlingen war eine Enklave des Landkreises Grafschaft Schaumburg im Landkreis Schaumburg-Lippe und wurde 1974 nach Lindhorst eingemeindet.
Aufgrund der Niedersächsischen Gebietsreform wurden am 1. März 1974 die ebenfalls selbständigen Gemeinden Gelldorf, Krainhagen, Röhrkasten und Vehlen, der Stadt Obernkirchen zugeordnet und eingemeindet.[10]
Die Werte von 1961 und 1970 enthalten die Einwohnerzahlen der damals selbständigen Gemeinden Gelldorf, Krainhagen, Röhrkasten und Vehlen sowie der Stadt Obernkirchen.
Jahr | Einwohner[11] |
---|---|
1961[10] | 10.798 |
1970[10] | 11.718 |
1987 | 10.078 |
1990 | 10.308 |
1995 | 10.549 |
2000 | 10.369 |
2005 | 09.884 |
2010 | 09.290 |
2011 | 09.330 |
2012 | 09.359 |
2013 | 09.295 |
2014 | 09.343 |
2015 | 09.196 |
2016 | 09.302 |
2017 | 09.336 |
2018 | 09.246 |
2019 | 09.167 |
2020 | 09.240 |
(Einwohnerzahlen: 1961: am 6. Juni, 1970: am 27. Mai, ab 1987 jeweils am 31. Dezember)
Der Stadtrat von Obernkirchen besteht mit Wahl vom 12. September 2021 aus 22 Ratsfrauen und Ratsherren. Dies ist die festgelegte Anzahl für eine Gemeinde mit einer Einwohnerzahl zwischen 8.001 und 9.000 Einwohnern.[12] Die Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt. Neben den 22 in der Stadtratswahl gewählten Mitgliedern ist außerdem der hauptamtliche Bürgermeister im Rat stimmberechtigt.
Aus den Ergebnissen der letzten Kommunalwahlen ergaben sich folgende Sitzverteilungen:
Jahr | CDU | SPD | GRÜNE | FDP | WIR | WGO | EWV | Gesamt |
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2021[13] | 9 | 8 | 4 | 1 | – | – | – | 22 Sitze |
2016 | 7 | 10 | 3 | – | 1 | – | 1 | 22 Sitze |
2011 | 6 | 12 | 3 | – | 1 | – | – | 22 Sitze |
2006 | 9 | 10 | 2 | – | 1 | 1 | – | 23 Sitze |
In der Stadt wurde 1949 der Obernkirchener Kinderchor, heute Schaumburger Märchensänger, gegründet, der das Lied Mein Vater war ein Wandersmann auf seinen Tourneen überregional bekanntmachte.
Weit über die Grenzen Obernkirchens hinaus bekannt ist das Blasorchester Krainhagen.[18]
Die Stadt unterhält drei Kindertagesstätten und eine Grundschule. Weitere KITAs werden von den ev.-luth. Gemeinden St. Marien (Obernkirchen) und Vehlen sowie der AWO unterhalten, die weiter einen Waldkindergarten betreibt. Daneben gibt es Betreuungen für Kinder unter drei Jahren, geführt durch einen Verein, die beiden ev. Kirchengemeinden und Tagesmütter. Weiterhin bestehen zwei private Einrichtungen der Großtagespflege für Kinder. Diese werden durch die Stadt bzw. in Kooperation mit der Stadt Obernkirchen und der BKK 24 unterstützt. Die Haupt- und Realschule im Schulzentrum Am Ochsenbruch ist mit dem letzten Jahrgang 2014 ausgelaufen. Als Fortentwicklung des Schulzentrums wurde im Jahr 2009 eine IGS (Integrierte Gesamtschule) geschaffen. Weiterführende Schulen sind in Bückeburg und Stadthagen vorhanden.
Von 1901 bis 1971 war die „Wirtschaftliche Frauenschule“ im Verbund der Reifensteiner Schulen, ab 1936 „Landfrauenschule“ genannt, in einem Flügel des evangelisch-adeligen Damenstiftes Obernkirchen untergebracht. Die regierende Fürstin Marie Anna zu Schaumburg–Lippe übernahm das Protektorat der Schule. In den etwa 70 Jahren ihres Bestehens erhielten insgesamt rund 8000 junge Frauen in der Obernkirchener Internatsschule eine qualifizierte, wissenschaftlich fundierte Berufsausbildung in ländlicher Hauswirtschaft. Die Schule war auch Lehrbetrieb für Gartenbau und Geflügelzucht, in ihrer modernen Molkerei wurde zeitweise die gesamte Milch für die Stadt Obernkirchen verarbeitet. Käthe Delius (1893–1977) wurde in der Frauenschule Obernkirchen ab April 1912 zur Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde ausgebildet. 1915 wurde die Schule zeitweilig Lazarett. Mitte 1942 wurde die langjährige Direktorin Agnes Freiin von Dincklage von Nationalsozialisten ihres Amtes enthoben. In den Jahren 1944/45 wurden Gebäudeteile der Landfrauenschule für ein Lager der Hitlerjugend, ein Krankenhaus, ein Entbindungsheim und zeitweise die Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ab Oktober 1945, konnte der Unterricht mit zunächst etwa 80 Schülerinnen wieder beginnen. 1972 zwangen wirtschaftliche Erwägungen zur Schließung der Wirtschaftlichen Frauenschule Obernkirchen.
Ahnsen | Apelern | Auetal | Auhagen | Bad Eilsen | Bad Nenndorf | Beckedorf | Buchholz | Bückeburg | Hagenburg | Haste | Heeßen | Helpsen | Hespe | Heuerßen | Hohnhorst | Hülsede | Lauenau | Lauenhagen | Lindhorst | Lüdersfeld | Luhden | Meerbeck | Messenkamp | Niedernwöhren | Nienstädt | Nordsehl | Obernkirchen | Pohle | Pollhagen | Rinteln | Rodenberg | Sachsenhagen | Seggebruch | Stadthagen | Suthfeld | Wiedensahl | Wölpinghausen