Lindenberg im Allgäu (amtlich: Lindenberg i.Allgäu, westallgäuerischLindəbərg) ist mit rund 11.500 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im schwäbischen Landkreis Lindau (Bodensee).
Lindenberg, das in nebelarmer Höhenlage liegt, war 2006 mit 2217 Sonnenstunden die sonnenreichste Stadt Deutschlands. Im Jahr 2009 waren es nur 1977 Stunden, trotzdem war Lindenberg damit neben ScheideggSonnenreichster Ort Bayerns.[4] (Der statistisch relevante langjährige Durchschnitt der Sonnenscheindauer, der die Basis für Vergleiche mit anderen Stationen ist, liegt naturgemäß tiefer als solche Spitzenwerte eines einzelnen Jahres.)
Geschichte
Bis zum 18. Jahrhundert
Ab etwa 500 v. Chr. siedelten vereinzelt Kelten im Allgäu und trieben Ackerbau.
Um das Jahr 15 v. Chr. wurde das Gebiet von römischen Truppen besetzt. Sie dehnten das römische Gebiet Richtung Donau aus und bauten später eine Römerstraße, die Brigantium (Bregenz) über Cambodunum (Kempten (Allgäu)) mit Augusta Vindelicorum (Augsburg) verband. Um 500 bezwangen Alemannen den römischen Limes und bewohnten seitdem das Gebiet. Im 8.Jahrhundert war das Gebiet des heutigen Lindenberg in der Hand des Adelsgeschlechts der Udalrichinger von Bregenz und deren Erben.
Im 9. Jahrhundert ging das Gebiet an St. Gallen. Die erste schriftliche Erwähnung Lindenbergs findet sich auf einer Besitzurkunde des Klosters St. Gallen. Im Jahr 857 schenkten Patacho und Sigibert, zwei bedeutende Adelige, Güter in „Lintiberc“ an das Kloster St. Gallen. Dann ging der Ort an die Grafen von Montfort über, deren Stammburg bei Bregenz noch heute zu sehen ist. Deren Vogt saß in Thalersdorf (Dallendorf) bei Gestratz und dorthin mussten die Bauern ihren Zehnten bringen. Im Jahr 1249 kamen Kirche, Güter und Untertanen an das Kloster Mehrerau, das 1097 entstanden war. Die Pfarrei Lindenberg wurde erstmals im Jahr 1257 im Liber decimationis der Diözese Konstanz erwähnt.
Ansichtskarte aus Lindenberg (1902)
1634 während des Dreißigjährigen Krieges brachen schwedische Truppen ins Westallgäu ein; im Frühjahr 1634 wurden große Teile von Lindenberg eingeäschert. Größere Bedeutung erlangte Lindenberg, als es 1784 die Marktrechte erhielt. Jetzt durften bis zu drei Viehmärkte pro Jahr abgehalten werden.
Übergang zu Bayern
Lindenberg gehörte bis zu den Napoleonischen Kriegen als Teil der Herrschaft Bregenz-Hohenegg zum Habsburgerreich. Ein französisches Heer zog 1796 im Allgäu ein und drang bis Kempten vor. Im Vertrag von Brünn vom 10. Dezember 1805 kam der Ort zum neugeschaffenen Königreich Bayern; im Frieden von Pressburg stimmte das Kaisertum Österreich unter FranzI. Ende 1805 einigen Abtretungen zu. Mit den Gemeindeedikten von 1808 und 1818 entstand die heutige Gemeinde.
Bereits im Jahr 1656 wurden Lindenberger Strohhüte im Hausierhandel und auf Märkten verkauft. 1755 begann man damit, die Herstellung und den Vertrieb von Strohhüten zu organisieren. Bis 1914 entstanden so zahlreiche kleine Firmen. 1913 betrug die Jahresproduktion über 5 Millionen Stück. Die Hutindustrie ist heute wirtschaftlich bedeutungslos; die Erinnerung an sie wird mit einem jährlich stattfindenden „Huttag“ sowie einem Hutmuseum wachgehalten.[5]
1901 wurde Lindenberg an die Bahnstrecke Röthenbach–Scheidegg angeschlossen. 1914 wurde der Ort zur Stadt erhoben. Am 14. Mai 1914 wurde die Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul eingeweiht. Beide Weltkriege brachten die Hutproduktion im Ort zum Erliegen. Lindenberg wurde am 30. April 1945 von französischen Truppen besetzt. 1955 kam der Bayerische Kreis Lindau zurück zum Freistaat Bayern. 1993 wurde die Bahnlinie durch Lindenberg eingestellt. 2014 wurde das Deutsche Hutmuseum in Lindenberg eröffnet.
Einwohnerentwicklung
Lindenberg im Allgäu wuchs von 1988 bis 2008 um 1.044 Einwohner bzw. um ca. 10%. Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Stadt von 10.171 auf 11.546 um 1.375 Einwohner bzw. um 13,5%.
Die Einwohnerzahlen ab dem Jahr 1840 beziehen sich auf die heutige Gemeindefläche (Stand: 1978).
Blasonierung: „In Silber auf grünem Dreiberg eine zweitürmige rote Kirche in Vorderansicht mit breitem Vorbau und blauen Dächern, beiderseits je eine grüne Linde.“[8]
Wappenbegründung: Lindenberg erhielt 1784 von Kaiser Josef II. Marktrechte. Der Markt schickte 1835 zwei Wappenentwürfe an das Reichsheroldenamt. Einer zeigte in etwa das heutige Wappen. Im anderen Entwurf war ein Florentinerhut abgebildet, der auf die für den Ort damals sehr wichtige Hutindustrie hinweisen sollte. Dieser Entwurf wurde mit dem Hinweis, dass Damenhüte mit der Mode wechseln, abgelehnt. Auch wenn die Hutindustrie heute keine so große Rolle mehr spielt, so kürt die Hutstadt Lindenberg nach wie vor alle zwei Jahre eine Hutkönigin. Die Linden auf grünem Dreiberg stehen redend für den Ortsnamen. Die Kirche weist auf die katholische Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul hin. 1930 wurden die Farben für das Wappen in seiner heutigen Form festgelegt und vom Innenministerium bestätigt.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bildende Kunst
Die Stadt vergibt seit 1987 jährlich einen Kulturpreis.[9] Erster Preisträger war der Maler Luis Gurschler.
Der Westallgäuer Kunstpreis 2009 ging an den Maler Albert Malnati aus Wasserburg. Der mit 1000 € dotierte Preis wird im Rahmen der Westallgäuer Kunstausstellung verliehen.[10]
Der Lindenberger Kulturpreis 2009 (dotiert mit 1500 €) ging an Erich Felder[11]
Bauwerke
Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul, Lindenberg im Allgäu, Doppelturm-FassadeWohnhaus Hansenweiherstraße 6, 18. Jahrhundert[12]
Die Grundsteinlegung für diese auch Dom des Westallgäus genannte Kirche erfolgte am 8. September 1912, die Einweihung am 1. August 1914. Architekt des neubarocken Baus war Franz Rank. Das 1961 entstandene Deckengemälde gilt als das bedeutendste Werk des Goßholzer Kunstmalers Paul Keck (1904–1973).[14]
Aureliuskirche
Die alte Peter-und-Paul-Kirche wird wegen einer Reliquie des heiligen Aurelius nach diesem benannt, um sie nicht mit der neuen Stadtpfarrkirche zu verwechseln. Sie stammt aus dem Mittelalter und wurde im 17.Jahrhundert nach einem Brand wieder neu aufgebaut; sie war bis zum Jahr 1914 die Stadtpfarrkirche.[15]
Hutmuseum
Deutsches Hutmuseum
Das bisherige Hutmuseum Lindenberg, das auf über 300m² Hüte, Hutpressen, Rohlinge und viele bemerkenswerte Details zum Thema Hut zeigte, hat am 27. Oktober 2013 seine Pforten geschlossen. Als Deutsches Hutmuseum Lindenberg wurde es am 13. Dezember 2014 in erweiterter und modifizierter Form im Gebäude der einstigen Hutfabrik Ottmar Reich wieder eröffnet.[16]
Baudenkmäler
→ Hauptartikel: Liste der Baudenkmäler in Lindenberg im Allgäu
Der Waldsee ist einer der höchstgelegenen Moorseen Deutschlands auf 765,4 Meter und wurde bereits im Mittelalter als Fischweiher angelegt.[17]
Regelmäßige Veranstaltungen
Käse- und Gourmetfest
In Lindenberg findet das „Internationale Käse- und Gourmetfest“ statt, auf dem Käsehersteller aus der Region, aber auch aus Frankreich, der Schweiz, Österreich, Italien, Holland und Slowenien vertreten sind.
Huttag
Der sogenannte „Huttag“ findet jedes Jahr im April statt. Hierzu wählen die Lindenberger alle zwei Jahre ihre Lindenberger Hutkönigin.
Während der zweijährigen Amtszeit repräsentiert sie die Hutstadt Lindenberg und das Westallgäu bei Veranstaltungen und Events, auf Touristik- bzw. Modemessen, in Publikationen und bei Hutmodeschauen.
Sozialistenhut
Der Sozialistenhut ist ein jährlich in Lindenberg vom Kreisverband Lindau der SPD Bayern verliehener Preis.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft
In Lindenberg sind neben einem traditionellen Käsewerk Zulieferbetriebe der Luftfahrt- und Automobilindustrie sowie eines der größten europäischen Fotogroßlabore angesiedelt.
Lindenberg im Allgäu – TeilansichtTypischer Architekturkontrast in Lindenberg im Allgäu
Bedeutende Firmen und Einrichtungen sind:
Liebherr-Aerospace GmbH: Fahrwerke, Betätigungssysteme, Flugsteuerungen und Elektronik für Luftfahrzeuge
Die Stadt verfügt über je eine Grund-, Mittel- und Realschule sowie ein Gymnasium. Daneben die zwei Förderschulen Antonio Huber und St. Martin. Des Weiteren sind ein Humboldt-Institut des Vereins für Deutsch als Fremdsprache und eine Berufsfachschule für Pflege in Lindenberg ansässig.
Gesundheitswesen
Lindenberg besitzt mit der Rotkreuzklinik Lindenberg ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung. Es wurde 1963 gegründet und verfügt über 174 Betten.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
In Lindenberg geboren wurden:
Johann Georg Specht (1721–1803), Baumeister und Architekt
Josef Anton Specht (1828–1894), Bergsteiger und Unternehmer
Anton Fehr (1881–1954), Agrarwirtschaftler und Politiker (Landwirtschaftsminister in der Weimarer Republik, Bayerischer Landwirtschaftsminister)
In Lindenberg lebten und wirkten bzw. leben und wirken außerdem:
Johann Evangelist Keller (1824–1910), Bürgermeister 1860–1884, Reichstags- und Landtagsabgeordneter
Heinrich Brauns (1868–1939), Politiker (Arbeitsminister in der Weimarer Republik)
Otto Keck (1873–1948), Gastwirt in Goßholz und der Maler des Allgäus
Otto Geßler (1875–1955), Politiker (Reichswehrminister in der Weimarer Republik 1920–1928), Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes und Ehrenpräsident des Deutschen Roten Kreuzes
Ehrenbürger
1897: Gebrüder Antonio, Martino und Gebhard Huber, Pferdehändler
1902: Johann Evangelist Keller (1824–1910), Bürgermeister und Mitglied des Deutschen Reichstags
1902: Johann Mayer, Altbürgermeister
1925: Johann Evangelist Egger, Stadtpfarrer
1951: Anton Fehr (1881–1954), ehemaliger Reichslandwirtschaftsminister
1952: Otto Geßler (1875–1955), ehemaliger Reichswehrminister
1970: Karl Schwendemann, Stadtpfarrer
Literatur
Georg Grübel, Klaus Gietinger, Manfred Röhrl: "Chapeau – Das Westallgäu behütet die Welt. Die Geschichte der Hutproduktion in Lindenberg und Umgebung". Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2015, ISBN 978-3-89870-875-3.
Peter Mittermeier (Text), Thomas Gretler (Fotos): Lindenberg – Die Sonnenstadt im Allgäu. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2015, ISBN 978-3-89870-910-1.
Eintrag zum Wappen von Lindenberg im Allgäuin der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
Träger des Kulturpreises der Stadt Lindenberg (Mementodes Originals vom 28. November 2018 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lindenberg.de, abgerufen am 1. Oktober 2013
Der Westallgäuer Kunstpreis an Albert Malnati (Mementodes Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur-oa.de
Der Lindenberger Kulturpreis an Erich Felder (Mementodes Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur-oa.de
Luis Gurschler (Mementodes Originals vom 28. November 2018 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lindenberg.de
Verzeichnis der Träger des Kulturpreises der Stadt Lindenberg (Mementodes Originals vom 28. November 2018 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lindenberg.de
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