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Jablonec nad Nisou (deutsch Gablonz an der Neiße) ist eine Stadt mit 45.317 Einwohnern (1. Januar 2021) im Bezirk Gablonz im nordböhmischen Reichenberger Kreis in Tschechien. Der tschechische Name der Stadt leitet sich aus dem tschechischen Wort jabloň (Apfelbaum) und der Neiße (tschechisch: Lužická Nisa) her.

Jablonec nad Nisou
Jablonec nad Nisou (Tschechien)
Jablonec nad Nisou (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Historischer Landesteil: Böhmen
Region: Liberecký kraj
Bezirk: Jablonec nad Nisou
Fläche: 3138,2278[1] ha
Geographische Lage: 50° 44′ N, 15° 10′ O
Höhe: 475 m n.m.
Einwohner: 45.317 (1. Jan. 2021)[2]
Postleitzahl: 466 01
Kfz-Kennzeichen: L
Verkehr
Bahnanschluss: Liberec–Tanvald
Struktur
Status: Statutarstadt
Ortsteile: 8
Verwaltung
Oberbürgermeister: Jiří Čeřovský (ODS) (Stand: 2019)
Adresse: Mírové náměstí 3100/19
467 51 Jablonec nad Nisou
Gemeindenummer: 563510
Website: www.mestojablonec.cz

Geographische Lage


Panorama der Stadt und ihrer Umgebung vom Isergebirge aus gesehen
Panorama der Stadt und ihrer Umgebung vom Isergebirge aus gesehen

Die Stadt liegt im historischen nördlichen Böhmen im Tal der Lausitzer Neiße, in die im Stadtzentrum der Mšenský potok (Grünwalder Wasser) und am westlichen Stadtrand die Weiße Neiße einmünden. Das Katastralgebiet der Stadt beträgt 3139 ha.


Geschichte



Mittelalter


Die erste schriftliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1356. Nach der Zerstörung durch Gegner des böhmischen Königs Georg von Podiebrad im August 1469 verschwand die Siedlung völlig.


16. bis 19. Jahrhundert


Dauerhaft bewohnt war Gablonz erst wieder seit dem 16. Jahrhundert, als die erste Glashütte in Grünwald (Mšeno) entstand. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Gablonz am 2. Mai 1643 erneut niedergebrannt; nach Kriegsende wurden die protestantischen Einwohner zwangsweise ausgewiesen. 1808 wurde Gablonz zum Marktflecken und im Jahr 1866 durch ein Dekret des Königs Franz Josef I. zur Stadt erhoben. Im Jahr 1868 wurde Gablonz zum Sitz des Bezirkshauptmanns. Der neue politische Bezirk Gablonz bestand aus den Gerichtsbezirken Tannwald und Gablonz.


20. Jahrhundert


Am 28. Oktober 1918 wurde die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei ausgerufen. Gablonz wurde am frühen Morgen des 11. Dezember von tschechischen Einheiten aus Mladá Boleslav besetzt. Die deutsche Volkswehr leistete keinen Widerstand. Bei der Volkszählung 1930 gaben 79,5 % der Gablonzer an deutscher und 16,5 % tschechischer Nationalität zu sein.

Nach dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938 wurde die Stadt wie das gesamte Sudetenland an das Deutsche Reich angegliedert. Bis 1945 war die Stadt Sitz des Landkreises Gablonz an der Neiße, Regierungsbezirk Aussig, im Reichsgau Sudetenland. Die meisten Juden der Stadt waren bereits im Sommer 1938 geflohen, die Verbliebenen wurden verfolgt und ab 1941/42 deportiert und ermordet. Der Gablonzer Rabbiner Georg Vida floh nach Turnau, wobei es ihm gelang, die Gablonzer Tora zu retten. Die örtliche Synagoge wurde bei den Novemberpogromen 1938 niedergebrannt

Viele tschechischsprachige Gablonzer flohen.

In Gablonz existierte von Januar bis Mai 1945 ein Außenlager des KZ Groß-Rosen, in dem Frauen-Häftlinge für die Flugzeugfabrik Mitteldeutsche Motorenwerke Zwangsarbeit leisten mussten. Bereits seit November 1944 befand sich hier auch ein Männerlager.[3][4]


Vertreibung der Deutschen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die meisten deutschböhmischen Bewohner auf Grund der Beneš-Dekrete vertrieben. Nach 1945 gründeten die Heimatvertriebenen dann Gemeinden mit dem Namen Neugablonz sowohl in Kaufbeuren in Bayern als auch Neugablonz in Enns in Oberösterreich und die Gablonzersiedlung in Kremsmünster, Oberösterreich, um dort die berühmte Glasindustrie (Gablonzer Bijouterie) fortzuführen. Andere, wie die Glashersteller Willi Beranek, Ottokar Menzel und Rudolf Posselt aus Kukan, ließen sich in den Glaszentren Karlsruhe und Schwäbisch Gmünd nieder. Auch im Landkreis Gotha in Thüringen haben sich etwa 14.000 Exilanten, davon viele aus der Region Gablonz, niedergelassen. Besonders um die Städte Friedrichroda und Ohrdruf entstanden so neben dort genossenschaftlich organisierten Kleinbetrieben der Täschner und Schmuckgürtler Werkstätten der Knopfmacher, Glasgestalter und Bijouteriewarenhersteller.[5]


Nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich viele Neubürger aus Mittelböhmen, der Slowakei, Repatrianten und Roma, in Jablonec an. Jablonec ist die zweitgrößte Stadt der Region Liberec, die größte Stadt und Sitz des Bezirks Jablonec nad Nisou und ein Industriestandort. Sie bildet das Verwaltungs-, Kultur- und Sportzentrum des Isergebirges (Jizerské Hory).


Demographie


Bis 1945 war Gablonz an der Neiße überwiegend von Deutschböhmen besiedelt, die vertrieben wurden.

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
180201.976in 411 Häusern[6]
182703.126in 512 Häusern[7]
183003.209in 523 Häusern[8][9]
183703.548[10]
184603.826[10]
185704.553[11]
185905.297in 561 Häusern, darunter 1.100 Fremde[11]
186906.752davon 3.874 Einheimische und 2.878 Fremde[12]
190021.091deutsche Einwohner[13]
193033.958davon 5.602 Tschechen[14]
193928.771davon 3.503 Evangelische, 22.071 Katholiken, 1.801 sonstige Christen und 53 Juden[14]
Entwicklung der Einwohnerzahl bezogen auf den heutigen Gebietsstand
Jahrdamaliges
Stadtgebiet
bezogen auf
heutiges Gebiet
183003.000
1869 07.000 13.000
1890 15.000 23.000
1910 30.000 43.000
1930 34.000 50.000
1950 23.000 33.000
1970 34.000 42.000
1991 46.000 46.000
2001 45.000 45.000

Die erste Zahl ist die Bevölkerung im Stadtgebiet (Kataster) in der damaligen Zeit, die zweite Zahl im heutigen Gebiet (die Stadt ist gewachsen, einige Dörfer wurden eingemeindet).[15]

Bevölkerungspyramide (2011)
Bevölkerungspyramide (2011)

Wirtschaft und Infrastruktur


Zunächst waren als Industriebetriebe im Ort Glashütten angesiedelt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich die Glasindustrie sehr schnell. Weiterer Aufstieg kam für die Stadt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der Bijouterie-Manufakturen.

Heute ist neben diesem Industriezweig Jablonec ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für touristische Aktivitäten im Isergebirge und Riesengebirge. Die Lage an der deutschen und polnischen Grenze begünstigt Handelsaktivitäten mit diesen Ländern.

In der Bijouterie- und Glasherstellung sollen in Jablonec und Umgebung auch heute noch 11.000 Menschen beschäftigt sein, wobei die Produktion zu großen Teilen exportorientiert ist. Die wichtigsten Firmen der Glasherstellung – Ecoglass, Preciosa, Ornela, Bižuterie Česká mincovna (Bijouterie Tschechisches Münzhaus), Glass Tomeš – haben sich zum Verband Bijou Terra zusammengeschlossen, der die Exportgesellschaft Jablonex betreibt.

Das Münzhaus Bižuterie Česká mincovna (Bijouterie Tschechisches Münzhaus) produziert tschechische Kronen für das ganze Land. Es wurde nach dem Zerfall der Tschechoslowakei gegründet, weil das tschechoslowakische Münzhaus im slowakischen Kremnica lag.

Außer der Bijouterie- und Glasherstellung sind auch Maschinenbau, Möbelproduktion und holzverarbeitende Industrie vertreten.

Die Firma Soliter produziert Metallschmuck.

Die 1991 gegründete Gesellschaft Jablotron produziert Alarmanlagen, Gartentechnik, Handys etc. Sie hat großes Aufsehen mit ihrem „größten Handy der Welt“ erregt. Das Gerät „JABLOTRON GDP 02 Grand“ war ursprünglich für ältere Menschen gedacht, großes Interesse zeigten aber auch Bewohner von Regionen mit schlechter Festnetzversorgung. 2010 beschäftigte Jablotron 450 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Umsatz von 1,36 Mrd. Kronen (ca. 57 Mio. €).[16]

Die Firma LucasVarity produziert Autobremsen in Jablonec und Umgebung unter dem Namen TRW Automotive Aftermarket CZ LUCAS Autobrzdy; sie nutzt hierbei Anlagen der früheren Autobrzdy, später Ateso. Einer der wichtigsten Automobilzulieferer ist A. Raymond Jablonec sro, ein Tochterunternehmen der weltweit operierenden A Raymond.


Verkehr


Die Stadt liegt an der Bahnstrecke Liberec–Tanvald, sie ist zudem seit 1955 durch die schmalspurige Überlandstraßenbahn Liberec–Jablonec nad Nisou der Straßenbahn Liberec mit Liberec verbunden. Von 1900 bis 1965 besaß Jablonec zudem ein eigenes Straßenbahnnetz.

Die Schnellstraße R10 nach Prag liegt etwa 7 km entfernt.


Kultur und Sehenswürdigkeiten


Marktplatz mit dem Alten Rathaus
Marktplatz mit dem Alten Rathaus
Annenkirche
Annenkirche
Stadtzentrum
Stadtzentrum
Stadttheater Jablonec nad Nisou
Stadttheater Jablonec nad Nisou
Neues Rathaus
Neues Rathaus

Im Stadtviertel Rýnovice gibt es ein Haus der tschechisch-deutschen Verständigung (Rieger-Haus). Eine Reihe bedeutender Bauten und Stadtviertel beweisen den früheren Reichtum der Stadt. Zu den interessantesten gehören Jugendstilbauten und private Villen an der jetzigen Podhorská ulice (Gebirgsstraße) und der 28. října (Josef-Pfeifer-Straße). Prächtige Bauten des Funktionalismus der 1930er Jahre sind die Villa Schmelowsky, die Villa Hásek (Architekt Heinrich Lauterbach), die Villa Kantor (Adolf-Loos-Schüler Architekt Heinrich Kulka), das Rathaus (Architekt Karl Winter) und die Katholische Kirche am Gewerbe-Platz (Architekt Josef Zasche).


Stadtgliederung


Die Stadt Jablonec nad Nisou besteht aus den Ortsteilen[17] und Katastralbezirken[18] Jablonec nad Nisou (Gablonz an der Neiße), Jablonecké Paseky (Bad Schlag), Kokonín (Kukan), Lukášov (Luxdorf), Mšeno nad Nisou (Grünwald an der Neiße), Proseč nad Nisou (Proschwitz an der Neiße), Rýnovice (Reinowitz) und Vrkoslavice (Seidenschwanz). Grundsiedlungseinheiten sind Dobrá Voda (Gutbrunn), Dolina, Dolina-jih, Dolní Kokonín (Unterkukan), Horní Kokonín (Oberkukan), Horní Proseč (Oberproschwitz), Jablonec nad Nisou-střed, Jablonecká přehrada, Jablonecké Paseky, K Černé Studnici (nach Schwarzbrunn), K Jindřichovu-jih, K Jindřichovu-sever, Lukášov, Máchův park, Mánesova-Podzimní, Mšeno nad Nisou-Podlesí, Mšeno nad Nisou-U Jelena, Mšeno nad Nisou-U kapličky, Mšeno nad Nisou-U Navety, Mšeno nad Nisou-U Perly, Na hutích, Na roli, Na Smetance, Na Střelnici, Na Východě, Nad poštou, Nad střelnicí, Novoveská, Pražská (Pragergasse), Proseč nad Nisou, Proseč nad Nisou-Domovina, Prosečský hřeben (Proschwitzkammhäuser), Rýnovice-Janovská, Rýnovice-Nová Osada, Rýnovice-průmyslový obvod, Rýnovice-Stará Osada, Sadová-Pasířská (Parkgasse-Guertlergasse), Srnčí důl, Střední Kokonín (Mittelkukan), Šumava, U Jabloneckých Pasek, U nemocnice, U Nisy (bei Neisse), U pily, U učiliště, V Břízkách, Větrný vrch, Vrkoslavice (Seidenschwanz), Vrkoslavice-Petřín (Nickelkoppenhäuser), Vysoká (Hochgasse), Za hrází, Zelené údolí und Žižkův vrch (Porschberg).[19]


Politik



Bürgermeister



Städtepartnerschaften



Persönlichkeiten



Söhne und Töchter der Stadt



Personen, die mit dem Ort in Verbindung stehen



Literatur


in umgekehrter chronologischer Reihenfolge


Commons: Jablonec nad Nisou – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. http://www.uir.cz/obec/563510/Jablonec-nad-Nisou
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
  3. Jüdische-gemeinden.de: Gablonz/Neiße (Böhmen)
  4. Rudolf M. Wlaschek: Juden in Böhmen. München : Oldenbourg, 1990, S. 152
  5. Helga Raschke: Vertrieben: In Gotha fingen die Gablonzer neu an. Aufbruchstimmung und endgültiger Niedergang der sudetendeutschen Glas- und Schmuckindustrie. In: Thüringer Allgemeine. Gotha 1999.
  6. Carl Joseph Czoernig: Topographisch-historisch-statistische Beschreibung von Reichenberg. Nebst einem Anhange, die Beschreibung von Gablonz enthaltend. Wien 1829, S. 207.
  7. Adolf Benda: Geschichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung. Gablonz an der Neisse 1877, S. 81.
  8. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 196, Ziffer 1).
  9. Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 2: Bunzlauer Kreis, Prag 1834, S. 331–332, Ziffer 22).
  10. Adolf Benda: Geschichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung. Gablonz an der Neisse 1877, S. 84.
  11. Adolf Benda: Geschichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung. Gablonz an der Neisse 1877, S. 103.
  12. Adolf Benda: Geschichte der Stadt Gablonz und ihrer Umgebung. Gablonz an der Neisse 1877, S. 105.
  13. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 7, Leipzig und Wien 1907, S. 250.
  14. Michael Rademacher: Landkreis Gablonz an der Neiße. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  15. Dějiny obyvatelstva českých zemí (Geschichte der Bevölkerung der Böhmischen Länder). Mladá fronta, Prag 1996, S. 397, 398
  16. Der Millionär im Plattenbau. Sächsische Zeitung (Ausgabe Pirna) vom 21./22. Mai 2011
  17. http://www.uir.cz/casti-obce-obec/563510/Obec-Jablonec-nad-Nisou
  18. http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/563510/Obec-Jablonec-nad-Nisou
  19. http://www.uir.cz/zsj-obec/563510/Obec-Jablonec-nad-Nisou
  20. Liberecký kraj: Starostou Jablonce bude ještědský hoteliér Petr Beitl.

На других языках


- [de] Jablonec nad Nisou

[en] Jablonec nad Nisou

Jablonec nad Nisou ([ˈjablonɛts ˈnad ɲɪsou] (listen); German: Gablonz an der Neiße) is a city in the Liberec Region of the Czech Republic. It has about 45,000 inhabitants. It is the second-largest city in the region. It is a local centre for education, and is known for its glass and jewelry production. The town centre is well preserved and is protected by law as an urban monument zone.

[es] Jablonec nad Nisou

Jablonec nad Nisou (en checo:  [ˈjablonɛts ˈnad ɲɪsou] (?·i), en alemán, Gablonz an der Neiße) es una ciudad de la República Checa. Es la capital del distrito de Jablonec nad Nisou y la segunda ciudad en tamaño en región de Liberec en el norte del país, está situada en los márgenes del río Nisa. En el 2006 la población era de 45 000 habitantes.



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