Die Stadt liegt am östlichen Rand Vorpommerns in der Gollnower Bürgerheide (Puszcza Goleniowska) am Fluss Ihna (Ina). Sie befindet sich etwa 20km nördlich von Stettin (Szczecin), 10km östlich des Dammschen Sees (Jezioro Dąbie) und 50km südlich von Kamień Pomorski (Cammin).
Geschichte
Gollnow an der Ihna, südöstlich des Stettiner Haffs auf einer Landkarte von 1905.Ehemaliges Rathausgebäude, heute BezirksgerichtPostgebäude aus dem 19. JahrhundertKatharinenkircheAn der Ina, links der ehemalige Getreidespeicher, rechts der erhaltene Teil der mittelalterlichen StadtmauerEhemaliger Getreidespeicher an der InaMittelalterliche Stadtmauer mit dem runden Fangelturm und dem achteckigen Münzturm.Wolliner Tor aus dem 15. JahrhundertWolliner Tor, Seitenansicht
Mittelalter
Schon im 10. Jahrhundert gab es im Bereich der heutigen Stadt erste Siedlungen. Um 1190 kamen erste sächsischen Kolonisten. 1268 verlieh der pommersche Herzog Barnim I. dem bis dahin Vredeheide genannten Ort das Magdeburger Stadtrecht in der von ihm angepassten Stettiner Form. Die Stadt erhielt in Anlehnung an die sie umgebende Golinogheide den Namen Gollnow. Herzog Otto I. änderte 1314 das Stadtrecht in das Lübische Recht um. Bereits seit dem 14. Jahrhundert gab es in Gollnow eine Schule, an der offenbar auch Latein erlernt werden konnte. Vereinzelt tauchten seit dem 14. Jahrhundert an der Universität Prag Studenten aus Gollnow auf, später auch in Erfurt, Leipzig und Rostock.[2]
Um diese Zeit war Gollnow bereits Mitglied des Hansebundes und erhielt zur Förderung seines Handels 1339 Zollfreiheit für die Flüsse Ihna und Peene. Da die Stadt am Unterlauf der Ihna lag, konnte sie den ganzen Fluss kontrollieren. So musste sich beispielsweise die 20Kilometer flussaufwärts gelegene Stadt Stargard für viel Geld die freie Durchfahrt erkaufen. Durch diese günstigen Verhältnisse gelangte Gollnow zu beträchtlichem Wohlstand. Die Bedeutung der Stadt fand Bestätigung in dem 1383 verliehenen Münzrecht. Bis in das 18. Jahrhundert hinein waren Getreide-, Holz- und Salzhandel die dominierenden Wirtschaftsfaktoren.
Schwedenzeit
Während der schwedischen Herrschaft in den Jahren von 1630 bis 1720 erlebte die Wirtschaft einen erheblichen Niedergang. Um 1684 musste ein Streit zwischen den Städten Stettin, Stargard und Gollnow wegen der Schifffahrtsrechte geschlichtet werden.[3]
Durch den Frieden von Stockholm kam Gollnow 1720 zu Preußen. Von 1733 bis 1755 war Gollnow die Garnison des Dragonerregiments 5 „Bayreuth“.
19. und 20. Jahrhundert
Mit der Einführung der preußischen Verwaltungsreform nach dem Wiener Kongress von 1815 wurde die Stadt in den Landkreis Naugard (ab 1818) eingegliedert. Das Wirtschaftsleben blühte wieder auf, als Gollnow 1882 und 1892 an die Bahnlinien der Altdamm-Colberger Eisenbahn-Gesellschaft nach Kolberg und Kammin angeschlossen wurde. Dadurch erhöhte sich die Einwohnerzahl von 1850 bis 1890 um 60% auf 8.000. Die Stadt war von 1833 bis 1849 Garnison für das Colbergsche Grenadier-Regiment Graf Gneisenau (2. Pommersches) Nr. 9 und später für eine Abteilung Feldartillerie Nr. 2.
Das Wirtschaftsleben wurde von Industriebetrieben der Textil- und Papierherstellung und der Holzverarbeitung, insbesondere den 1913 von Willi Laabs gegründeten Möbelhersteller WILAGO,[4] bestimmt.
Um 1930 hatte die Gemarkung der Stadt Gollnow eine Flächengröße von 109,3km², und in dem Stadtgebiet standen zusammen 985 Wohnhäuser an 43 verschiedenen Wohnorten:[5]
Ausbauten an der Naugarder Chaussee
Brandriege
Breitebruch
Butterkamp
Domstreichsberg
Eichberg
Eisenbahnwärterhaus an der Stettiner Chaussee
Forsthaus Chausseehaus
Forsthaus Lüttkenheide
Forsthaus Schnittsoll
Friedrichshof
Gollnow
Groß Hohehorst
Grünhaus
Grünhof
Grünhorst
Helgenfeld
Höfe links der Ihna
Höfe rechts der Ihna
Hölkenhorst
Katharinenholz
Kavelweg
Kempkenort
Kupferhammer
Langenhals
Marienkamp
Neuhof
Neumühle
Papiermühle
Radebruch
Ratskamp
Rummelbahn
Schönwerder
Schützenhaus und Häuser am Saatweg
Sonnenmühle mit Ausbauten
Speckerforth
Sportplatz
Sternmühle
Trappenort mit Forsthaus
Walderholungsheim
Walkmühle
Zentralgefängnis
Zimmers Kamp
Im Jahr 1925 wurden in Gollnow 11.624 Einwohner, darunter 122 Katholiken und 45 Juden, gezählt, die auf 2938 Haushaltungen verteilt waren.[5]
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte im Frühjahr 1945 die Rote Armee die Region. Im Zuge der Kampfhandlungen wurde die Stadt zu großen Teilen zerstört. Bald danach unterstellte die Siegermacht Sowjetunion die Stadt der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Aus der Vorkriegszeit erhalten geblieben sind nur wenige ältere Gebäude, darunter die St.-Katharinen-Kirche, das Rathaus und das Postamt. Nun begann die Zuwanderung polnischer Migranten hauptsächlich aus Gebieten östlich der Curzon-Linie, die an die Sowjetunion gefallen waren. Nach der Umbenennung von Gollnow in Goleniów im Jahr 1946 wurde die einheimische Bevölkerung von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben bzw. später ausgesiedelt.
Nach 1945
1946 hatte die Stadt 1700 Einwohner. Sie wurde 1954 Sitz eines Powiats und hatte 1957 bereits wieder 9.000 Einwohner. 1975 verlor Goleniów bei einer Verwaltungsreform den Sitz des Powiats, erhielt ihn aber 1999 wieder zurück. In Anknüpfung an die Tradition als Hansestadt fand 2005 das 1. Hansefestival in Goleniów statt.
Sehenswürdigkeiten
Die St.-Katharinen-Kirche wurde im 15. Jahrhundert im gotischen Stil auf den Fundamenten einer romanischen Kirche erbaut. Protestantisch seit 1534, wurde sie zum Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört und von 1957 bis 1959 wieder aufgebaut. 1961 wurde sie römisch-katholisch geweiht.
Bezirksgericht, ehemaliges Rathaus, erbaut Anfang des 20.Jahrhunderts
Postamt, Ende des 19. Jahrhunderts errichtet
Fragmente der Stadtmauer mit dem im 15. Jahrhundert erbauten gotischen Wolliner Tor sowie dem Fangelturm und dem Münzturm
Ehemaliger Getreidespeicher an der Ina, Fachwerkbau von 1749
meist Evangelische (120 Katholiken, 45 Juden, 380 Sonstige)[12][5]
1933
13.175
darunter 12.698 Evangelische, 208 Katholiken, vier sonstige Christen und 84 Juden[10]
1939
13.740
darunter 12.951 Evangelische, 211 Katholiken, 94 sonstige Christen und 39 Juden[10]
Einwohnerzahlen seit dem Zweiten Weltkrieg
Jahr
Anzahl Einwohner
Anmerkungen
2002
22.500
2014
22.777
2015
22.718
Wirtschaft
Im Ort befindet sich eine Tochtergesellschaft des Windkraftanlagenherstellers Volkswind. Zudem ist der Ort Sitz der „Faymonville Polska“ mit ihrer Branche MAX Trailer. Er ist für die Gruppe der Standort mit der größten Produktionshalle bei einer Fläche von 40.000 m² und rund 300 Mitarbeiter und ist spezialisiert auf Chassisproduktion und -montage sowie als Hauptzulieferer für Fahrgestelle.
An der Ina befindet sich in der Nähe des Postamts ein geräumiges Marktgelände mit zahlreichen Verkaufsständen, an denen Händler an Werktagen frisches Obst und Gemüse, Lebensmittel, Haushaltswaren und Billigwaren wie Kleidungsstücke und Schuhe anbieten.
Bahnhof aus südwestlicher Richtung gesehen.
Verkehr
Durch Goleniów führt die Landesstraße 3 (Droga krajowa 3) von Świnoujście (Swinemünde) nach Stettin (Szczecin), welche bis hier dem Verlauf der ehemaligen Reichsstraße 111 folgt.
Nördlich der Stadt zweigt die Droga krajowa 6 (ehemalige R2) in Richtung Nowogard (und weiter nach Koszalin) ab, welche in Zukunft zur Schnellstraße Droga ekspresowa S6 ausgebaut werden soll.
Direkt durch die Stadtmitte verläuft die Droga wojewódzka 113 von Święta nach Maszewo (Massow). Von dieser zweigt die Droga wojewódzka 112 (DW 112) nach Stepnica (Stepenitz) ab.
In Goleniów gabeln sich die Bahnlinien 370/372 (Stettin–Świnoujście) und 375 (Goleniów–Koszalin).
Nach Naugard führte die am 14. Dezember 1903 eröffnete Strecke der Naugarder Kleinbahnen, der späteren Naugarder Bahnen. Goleniów hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Szczecin Dąbie–Świnoujście.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
Joachim Gernet (1648–1710), deutscher Jurist und Bürgermeister in Reval
Johann Friderich Clemens (1749–1831), dänischer Kupferstecher deutscher Herkunft
David Crolle (unbekannt–1604), lutherischer Theologe
Julius Jordan (1813–1893), preußischer Beamter
Hermann Mensch (1831–1914), deutscher Philologe, Rektor der Höheren Knabenschule in Gollnow
Otto Dross (1861–1916), deutscher Schriftsteller und Gymnasiallehrer
Wilhelm Speck (1861–1925), Schriftsteller, Dichter, evangelischer Pastor und Pädagoge, Gefängnisseelsorger in Gollnow
Alfred Finke (1888–1971), Bürgermeister von 1920 bis 1921
Otto Marloh (1893–1964), deutscher Offizier
Sehenswürdigkeiten
Kleiner Rest der mittelalterlichen Stadtmauer mit integriertem runden Fangelturm und – in wenigen Metern Entfernung – achteckigem Münzturm (zwischen der Ihna und der Katharinenkirche gelegen).[13]
Wolliner Tor: Stadttor aus dem 15. Jahrhundert, das einzige erhalten gebliebene von ursprünglich vier vorhandenen Stadttoren (in der Nähe der Katharinenkirche gelegen). Der Turm des Tors ist 25 Meter hoch und hat fünf Stockwerke. Das Gebäude wird gegenwärtig (2010) als Kulturzentrum genutzt.
Katharinenkirche: eine spätgotische Backstein-Hallenkirche, die im Jahr 1865 ausgebaut wurde.
Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Teil I, Stettin 1779, S. 174–180.
Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern – Abriß ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. Berlin 1865, S. 157–162 (Online, Google).
Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern. Teil II, Band 5, Abt. 1: Enthaltend die Eigentums-Ortschaften der Stadt Stargard und vom Naugarder Kreise die erste Hälfte, Anklam 1872, S. 498–942
Edward Włodarczyk: Schulleben und Unterricht in Pommern im 17. Jahrhundert am Beispiel der Stadt Gollnow. In: Kindheit und Jugend in der Neuzeit 1500–1900 (Werner Buchholz, Hrsg.). Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07259-4, S. 147 ff.
Th. Schmidt: Geschichte des Handels und der Schiffahrt Stettins. I. Teil: Vom Niedergang der Hansa bis zur Thronbesteigung Friedrich II. Berlin 1862, S. 29–30
Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung des von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern, Stettin 1793, S. 351.
Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern – Abriß ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. Berlin 1865, S. 160
Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung des von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern, Stettin 1793, Übersichtstabelle zu S. 736.
Alexander August Mützell, Leopold Krug (Hrsg.):Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Zweiter Band. G–Ko. Bei Karl August Kümmel, Halle 1821, S.54 (Digitalisat– Z.1975).
Michael Rademacher:Naugard.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Meyers Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 8, Leipzig/Wien 1907, S. 115.
Der Große Brockhaus. 15.
Auflage, 7. Band, Leipzig |1930, S. 485.
Meyers Reisebücher: Deutsche Ostseeküste. Teil II: Rügen und die pommersche Ostseeküste mit ihrem Hinterland. Bibliographisches Institut, Leipzig 1926.
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