Grunewald ist ein Ortsteil im Westen des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Er wurde nach dem gleichnamigen Forst Grunewald benannt. Der Ortsteil zählt zu den wohlhabendsten Gebieten Berlins.
Der Ortsteils liegt im Zentrum des Berliner Villenbogens, der sich von Lichterfelde West südwestlich über Dahlem und Grunewald bis nach Westend erstreckt. Der größte Teil des Ortsteils wird von dem Forst Grunewald eingenommen.
Geschichte
In den 1880er Jahren verkaufte der preußische Staat nach persönlicher Intervention von Reichskanzler Otto von Bismarck 234Hektar des Forstes Grunewald an die Kurfürstendamm-Gesellschaft, ein Bankenkonsortium, das sich zum Ziel gesetzt hatte, nach dem Muster der überaus erfolgreichen Villenkolonien Alsen und Lichterfelde ein noch aufwändiger angelegtes Wohnviertel zu errichten. Wie in vielen Städten spielte auch hier die meist vorherrschende Westwindwetterlage eine Rolle, da die Abgase des Gewerbes und der Hausfeuerungen in die entgegengesetzte Richtung geweht werden. In diesem Zusammenhang wurde auch der Kurfürstendamm ausgebaut, und so entstand ab 1889 an seinem westlichen Ende ein neues nobles Wohnviertel, die Villenkolonie Grunewald, später auch inoffiziell „Millionärskolonie Grunewald“ genannt.[1] Zum 1.April 1899 wurde Grunewald durch Kabinettsorder zur selbstständigen Landgemeinde.[2]
Aufgrund baulicher Vorgaben waren große Grundstücke erforderlich, die nur zu einem geringen Teil bebaut sein durften. So entwickelte sich Grunewald zu einer der wohlhabendsten Wohngegenden Berlins, obwohl die Villen stilistisch sehr heterogen sind. Um 1870 wurden die künstlichen, in der glazialen Rinne der Grunewaldseenkette liegenden Seen Hubertussee (vorher: Torffenn), Herthasee(Rundes Fenn), Koenigssee(Langes Fenn) und Dianasee(Diebsloch) ausgehoben und über artesische Brunnen mit Wasser gefüllt. Sie wurden entlang des ehemals sumpfigen Geländes angelegt. Man erreichte damit gleichzeitig zwei Dinge: Zum einen beseitigte man damit Moorgebiete (Fenns), die man als Infektionsherde fürchtete, zum anderen entstanden gleichzeitig Attraktionen für die potenziellen Bewohner, da sich die Villen um die Seen gruppierten und die Seeufer sowie die Hangbereiche frei von jeder Bebauung blieben und zu privaten Garten- und Parkanlagen wurden.[3] In großer Zahl wählten Unternehmer, Bankiers, Akademiker und Künstler, oft jüdischer Religion, das inzwischen attraktive Gelände zum Wohngebiet.
Die für die Baumaßnahmen notwendigen Rodungen und die daraus resultierenden Holzverkäufe fanden ihren Niederschlag in dem Berliner Gassenhauer Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, der um 1892 entstand.[4][5]
Bei der Eingemeindung aus dem Landkreis Teltow nach Groß-Berlin 1920 wurden 6449 Einwohner in Berlin-Grunewald Landgemeinde und 507 Einwohner in Berlin-Grunewald Forstgutsbezirk gezählt.
Im Zuge der Berliner Gebietsreform von 1938 kam ein großer Teil des Ortsteils vom Bezirk Wilmersdorf dem Bezirk Zehlendorf hinzu. Die Siedlung Eichkamp hingegen kam vom Bezirk Charlottenburg dem Bezirk Wilmersdorf, und damit dem Ortsteil Grunewald, hinzu.
Vom Bahnhof Grunewald aus erfolgte während der Shoah ab Oktober 1941 die Deportation der Berliner Juden vorwiegend in östlich gelegene Konzentrations- und Vernichtungslager. Hieran erinnert seit 1998 das Mahnmal Gleis17.
Durch alliierte Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg gerissene Lücken in der Bausubstanz wurden mit Ein- und Mehrfamilienhäusern der Nachkriegsarchitektur gefüllt. Während der Teilung Berlins lag Grunewald im Britischen Sektor.
In den Nachkriegsjahren wurde im Grunewald aus Schutt und Trümmern der zerstörten Innenstadtviertel auf dem Gelände der unvollendeten und verlassenen Wehrtechnischen Fakultät der Nationalsozialisten der Teufelsberg aufgeschüttet, benannt nach dem nahegelegenen Teufelssee. Der Teufelsberg ist heute die zweithöchste Erhebung Berlins. Während des Kalten Krieges errichteten die US-Streitkräfte auf dem Gipfel des Berges eine Flugüberwachungs- und Abhörstation. Nach dem Mauerfall und dem Abzug der Alliierten verfiel die markante Anlage zur Ruine. Aktuell steht das Gebäude leer. Inzwischen werden Führungen angeboten, die auch explizit auf die in den Nachwendejahren entstandene Streetart in und an den Gebäuden hinweisen.
Bewohner des Ortsteils leben sprachlich korrekt in (nicht im) Grunewald.
Bevölkerung
Jahr
Einwohner
2007
10.095
2010
11.515
2011
11.631
2012
11.703
2013
11.838
2014
12.050
2015
10.444
Jahr
Einwohner
2016
10.598
2017
10.796
2018
10.824
2019
10.999
2020
11.176
2021
10.954
Quelle: Statistischer Bericht A I 5. Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am 31. Dezember. Grunddaten. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)[6]
Wissenschaftskolleg zu Berlin (ehemals: Villa Linde)
Sakralbauten
Katholische St.-Karl-Borromäus-Kirche
Evangelische Grunewaldkirche
Diplomatische Vertretungen
In Grunewald befinden sich die Botschaften der Länder
Afghanistan
Aserbaidschan
Elfenbeinküste
Katar
Kuwait
Laos
Nordmazedonien
Polen (vorübergehend)
Serbien
Kosovo
Verkehr
Der Bahnhof Grunewald wird von der S-Bahn-Linie S7 bedient. Diese Linie verbindet Ahrensfelde, die historische Mitte und die City West Berlins mit Potsdam.
Am Ostende des Ortsteils beginnt am Rathenauplatz der Kurfürstendamm, der von hier durch die gesamte City West führt und am Breitscheidplatz mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Charlottenburg endet. Ebenfalls vom Rathenauplatz ausgehend befindet sich eine Autobahnanschlussstelle des Berliner Stadtrings A100.
Die AVUS, die vom Stadtring am Dreieck Funkturm zur Spanischen Allee in Nikolasee und weiter als A115 zum Berliner Ring (A10) führt, verläuft westlich parallel zu den Gleisen der S-Bahn. Die AVUS ist die Hauptverbindung für den Individualverkehr zwischen der Berliner Innenstadt und den Villenvororten am Großen Wannsee und Potsdam. Sie war 1921 die erste Autobahn der Welt. Sie teilt den Ortsteil Grunewald in zwei Hälften, wobei sich auf der östlichen Seite die Villenkolonie Grunewald befindet und auf der westlichen Seite der gleichnamige, beinahe unbewohnte Forst Grunwald. Anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1936 verliefen sowohl der Marathonkurs als auch der Kurs des Straßenradrennens über die AVUS.
Bildung
Grunewald-Grundschule
Hildegard-Wegscheider-Gymnasium
Walther-Rathenau-Gymnasium
Europäische Akademie Berlin
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Persönlichkeiten
Der Ortsteil hatte und hat viele prominente Bewohner aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft:
Gustav Ahrens, 1894–1914: Schwedlerstraße 4–6.
Max Alsberg, 1925–1933: Richard-Strauss-Straße 22
Fritz Ascher, 1942–1945: Lassenstraße 28, 1945–1970: Bismarckallee 26
Berthold Auerbach, wohnte ab 1859 in der später nach ihm benannten Auerbachstraße; 1938 änderte die nationalsozialistische Bezirksverwaltung diesen Straßennamen wegen der jüdischen Abkunft Auerbachs nach dem vogtländischen Ort Auerbach in „Auerbacher Straße“.
Angelika Schrobsdorff, wuchs in einer Villa am Johannaplatz auf.[10] Den Lebensabend verbrachte sie in Schmargendorf exakt an der Grenze zu Grunewald und zehn Minuten Fußweg vom Johannaplatz entfernt.
Reinhard Milferstädt: Die Villenkolonie Grunewald. Entstehung und Entwicklung eines großbürgerlichen Wohnquartiers im 19.Jahrhundert. TU Braunschweig.
Herbert Siebert: Berlin-Grunewald: Ein Heimatbuch. Berlin 1930, OCLC250170189.
Maria Berning, Michael Braum, Engelbert Lütke Daldrup, Klaus-Dieter Schulz: Berliner Wohnquartiere: Ein Führer durch 60 Siedlungen in Ost und West. Reimer Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-496-01260-9.
Peter-Alexander Bösel: Berlin-Grunewald in historischen Ansichten. Sutton-Verlag, Erfurt 2005, ISBN 3-89702-853-0.
Christian Simon: Wilmersdorf – Zwischen Idylle und Metropole. be.bra verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-8148-0210-7.
A.H.:Wettbewerbe der Kolonie Grunewald. In: Berliner Architekturwelt. Nr.7, 1902, S.229–238 (zlb.de).
Ludewig Wittmack: Die Boothschen Koniferen im Grunewald bei Berlin. In: Gartenflora. Nr.42. Paul Parey, 1893, S.339–340 und Ausflug nach der Kolonie Grunewald. In: Gartenflora, 48.Jg., Paul Parey, 1899, S.417ff.
Karl-Heinz Metzger: Die Villenkolonie Grunewald. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, berlin.de; abgerufen am 1. August 2015.
Harnack. In: Berliner Adreßbuch, 1911, Teil 1, S.989.Harnack. In: Berliner Adreßbuch, 1930, Teil 1, S.1103.
Olbricht. In: Berliner Adreßbuch, 1942, Teil 1, S.2185.Olbricht. In: Berliner Adreßbuch, 1943, Teil 1, S.2134(auch wenn dort der Wildpfad fälschlich dem Ortsteil Dahlem zugeordnet wurde).
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