Rheinau ist eine politische Gemeinde im Bezirk Andelfingen, dem Weinland des Schweizer Kantons Zürich. Mundartname: Riinau[5].
ZH ist das Kürzel für den Kanton Zürich in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Rheinauf zu vermeiden. |
Rheinau | |
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Staat: | Schweiz![]() |
Kanton: | Kanton Zürich![]() |
Bezirk: | Andelfingenw |
BFS-Nr.: | 0038i1f3f4 |
Postleitzahl: | 8462 Rheinau 8464 Ellikon am Rhein |
Koordinaten: | 687566 / 27770647.644168.60398400 |
Höhe: | 400 m ü. M. |
Höhenbereich: | 346–444 m ü. M.[1] |
Fläche: | 8,95 km²[2] |
Einwohner: | 1287 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 144 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 19,3 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | Andreas Jenni (SP) |
Website: | www.rheinau.ch |
![]() Rheinau gesehen von Westen | |
Lage der Gemeinde | |
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Bei Rheinau bildet der Rhein eine Doppelschleife. Die Ortschaft liegt in der westlichen Schleife gegenüber der Rheininsel mit dem ehemaligen Kloster Rheinau. Der Rhein wurde für das Kraftwerk Rheinau gestaut. Die Ortschaft grenzt in drei Himmelsrichtungen an die Bundesrepublik Deutschland. Von der Gemeindefläche dienen 26,7 % der Landwirtschaft, 54,8 % sind mit Wald bedeckt, 4,2 % sind Verkehrsfläche und 7,1 % Siedlungsgebiet, 7,0 % sind Gewässer.
Die SVP hat 33,01 %, die SP 21,15 %, die Grünen 12,84 %, die glp 10,72 %, die CVP 8,21 %, die FDP 6,01 %, die BDP 2,18 %, die EDU 1,55 %, die AL 1,51 und die EVP 1,39 % der Wählerstimmen (Nationalratswahl 2019).[7]
Gemeindepräsident ist Andreas Jenni (Stand 2020).
Die Gemeinde erregte anfangs Juni 2018 Aufmerksamkeit, als die SP-Gemeinderätin Karin Eigenheer verkündete, dass der Gemeinderat an der örtlichen Bevölkerung das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) testen möchte. Das Projekt wurde von der Aargauer Filmemacherin Rebecca Panian initiiert.[8] Sie versuchte, über Crowdfunding die Mittel dafür einzuwerben.[9] Für das Vorhaben wurden im Juni 2018 Freiwillige gesucht, welche das Projekt unterstützen und dabei als Geldempfänger mitmachen möchten. Ab 2019 soll jeder Rheinauer über 25 Jahren die Möglichkeit bekommen, ein Jahr lang einen Grundbetrag von monatlich CHF 2500 zu erhalten.[9] Wenn jedoch ein Empfänger mehr verdient als CHF 2500, kann dieser kein BGE mehr beziehen.[10] Es handelt sich also um eine Supplementation des Einkommens auf CHF 2500 und demnach wurde die angepriesene Bedingungslosigkeit bereits kritisiert.[11] Im Dezember 2018 wurde bekannt, dass die Finanzierung nicht zustande kam.[12]
Älteste Siedlungsspuren auf dem Gemeindegebiet gehen zurück auf die Bronzezeit und sind nicht zu trennen von der Fundstelle auf der gegenüberliegenden Halbinsel Schwaben von Altenburg-Rheinau auf deutschem Gebiet (Ausgrabungen 1972–1977), wo die Besiedlung noch etwas früher einsetzte. Von Luftbildern war der Siedlungsplatz auf der Halbinsel Rheinau bereits seit 1989 bekannt: ein spätlatènezeitliches Oppidum. Der Rheinübergang an der Verbindung Mittelmeer–Germanien war Kleingewerbe- und Handelsniederlassung. Bei Rettungsgrabungen 1994 an der Austrasse kamen 18 Fundstellen von Grubenhäusern zutage, dabei solche mit Feuerstellen und Schmiedeessen aus dem 1. Jh. v. Chr.[13] 1996–1997 wurde ein weiteres späteisenzeitliches Siedlungsniveau erfasst und neue Erkenntnisse zur keltischen Besiedlung gewonnen mit der Interpretation von Nauheimer-, geschweiften- und Schüsselfibeln, Gürtelhaken, Schildbeschlägen, Münzen und einem Fingerring mit Kristallgemme. Sie datierten die Funde in die Latènezeit D2. 6 Tüpfelplattenfragmente von Werkzeugen zur Silber- und Goldmünzenprägung sind neben einem entsprechenden Beleg vom Üetliberg erste eindeutige Hinweise keltischer Münzprägung auf Zürcher Kantonsgebiet. Vergleichsstücke liegen aus dem benachbarten keltischen Oppidum Altenburg (D) vor.[14] Eine archäologische Luftbildprospektion liess 2002 auf der Halbinsel Au Spuren von Grubenhäusern, Staketenwänden und Palisaden beobachten; ihre Zeitstellung war noch unklar. Ganz konkret war allerdings das Relikt einer zum Oppidum gehörigen, spätkeltischen Wallfrontmauer aus Sandsteinplatten, das beim Umbau eines Parkplatzes an der Poststrasse zutage kam und locker mit Bollensteinen hinterfüllt war.[15]
Im Frühmittelalter (vor 858, traditionelles Gründungsjahr 778) wurde das Kloster Rheinau gegründet. Die Ersterwähnung (858, als monasterium Rinauva) findet statt mit der Erhebung zum Reichskloster unter Ludwig dem Deutschen. Im Jahr 1126 befestigte Graf Rudolf von Lenzburg die beim Kloster entstandene Siedlung Rheinau. Der Ortsname ist bereits 858 erstmals belegt als "in ipso loco qui dicitur Rinauva". 1241 bezeichnet Kaiser Friedrich II. Rheinau erstmals ausdrücklich als Stadt ("civitatem Renogienssem"). Zwischen 1288 und 1298 zwang Schirmvogt Rudolf III. von Habsburg-Laufenburg die Bürger von Rheinau, ihre Wohnsitze "auf den Berg" in die später sogenannte "Oberstadt" zu verlegen. Mit der Siedlungsverlegung einher ging die Befestigung mit einer Stadtmauer, die den Zugang zur Halbinsel beim heute noch sichtbaren Stadtgraben abschloss.
Das Kloster führte seit dem 14. Jh. einen Salm (Lachs) im Wappen; ein Stadtsiegel mit demselben Wappentier ist seit 1374 belegt.[16] Der Ort unterstand bis 1798 der Klosterherrschaft. In der ersten Hälfte des 18. Jh. hatte sich die Bürgerschaft in zwei langwierigen Prozessen vergeblich gegen die Herrschaftsansprüche der Rheinauer Äbte gewehrt.[17]
Gegen die Ansprüche der Grafen von Sulz wurde 1455 mit der Eidgenossenschaft ein Schutzvertrag abgeschlossen, der das Kloster vor weiteren Übergriffen der benachbarten klettgauischen Adelsfamilien bewahrte. Josias Simmler berichtet von einem speziellen Rheinauer Banner.[18]
Von Zürich her griff 1529 die Reformation auch auf Rheinau über.[19] 1532 wurde das Kloster wiederhergestellt und entwickelte sich zu einem Zentrum der Gegenreformation.[20]
Um 1611 starben 200 von ca. 500 Einwohnern des Städtchens Rheinau an der Pest.
In den Jahren 1618 und 1619 wurden in Rheinau sieben Frauen als Hexen verbrannt: 1618 Magdalena Muntelin sowie die Witwen Verena Binder und Anna Schildknecht, im März 1619 Regula Kempf und Ursula Rapold, ebenfalls Witwen, und am 3. Oktober wurde die verheiratete Regula Manz zusammen mit Margaretha Manser auf dem Galgenbuck enthauptet und anschliessend verbrannt. Über die Rheinauer Hexenprozesse wurde aufgrund der Forschungen des Rheinauer Historikers Stephan Aregger im September 2019 in den Lokalmedien berichtet.[21][22] In der Zählung von Otto Sigg (2012, 2019), der insgesamt 84 "Zürcher Hexenmorde" auflistet, sind die Hexenprozesse von Rheinau nicht einbegriffen, da Rheinau zu dieser Zeit nicht zum Hoheitsgebiet der Stadt Zürich gehörte.[23]
Während der Wirren nach dem französischen Einmarsch in die Schweiz im Jahr 1798 wurde das Kloster vorübergehend aufgelöst, 1803 im Rahmen der Mediation aber wiederhergestellt.[24]
Die Gründung der modernen Gemeinde Rheinau und ihre Eingliederung in den Kanton Zürich datiert auf die Mediationsverfassung von 1803. In den Abteigebäuden auf der Insel wurde nach der Aufhebung des Klosters 1862 bis 2000 eine psychiatrische Klinik untergebracht.[25][26] 2014 wurde in einem Teil des ehemaligen Klosters die Musikinsel Rheinau eröffnet.[27]
Das Gemeindewappen mit der Blasonierung In Blau ein gestreckter linkssteigender silberner Salm wurde am 21. Dezember 1928 eingeführt. Es basiert auf dem Stadtsiegel von 1374 bzw. 1646.[16][28]
Im August 2007 wurde nach zwei Jahren Bauzeit in Rheinau die forensische Klinik PUKZH fertiggestellt. Der Klinik angegliedert ist ein Gefängnis. Es werden psychisch kranke Straftäter aus der gesamten Deutschschweiz aufgenommen.
Schon seit den 1990er Jahren gilt das Zürcher Weinland aufgrund seiner Opalinuston-Gesteinsschichten im geologischen Untergrund als möglicher Standort für ein Endlager von radioaktiven Abfällen. Im Januar 2015 hat die Nagra ihre ergebnisoffene Suche mit drei Standorten für hoch radioaktive Abfälle (HAA) und sechs Standorten für schwach- und mittel radioaktive Abfälle (SMA) auf zwei Standorte eingeschränkt: Die Region Bözberg im Aargau und das Zürcher Weinland. Beide Standorte eignen sich demnach auch für ein kombiniertes Lager HAA und SMA und werden von der Nagra als die geologisch-technisch geeignetsten Standorte eingestuft. Welcher Standort (allenfalls wären es auch beide, einer für HAA und einer für SMA) schliesslich ausgewählt wird, entscheiden im weiteren Verlauf des Verfahrens Nagra und ENSI sowie auf politischer Ebene das Bundesparlament und allenfalls eine Volksabstimmung.
Die Oberflächen-Anlagen für das Lager befänden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Rheinau ZH und Marthalen.[29]
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