Im Jahr 1265 wurde Weitershain als Widradeshagen in den Güterverzeichnissen des Klosters Haina erstmals urkundlich erwähnt, als der Ritter Heiderich von Dalheim'(Thalheim) und seine Ehefrau Kunigunde am 16. Dezember 1265 dem Kloster ihrer Sünden halber die Hälfte ihrer Güter in Widradeshagen schenkten. Der jährliche Ertrag wird mit 9 Schilling weniger 4 Pfennige genannt.[2] Um 1267 bestimmte ein Walter von Nordeck, dass nach dem Tod seiner Frau die Güter zu Widradeshagen an den Deutschen Orden in Marburg fallen sollten. 1269, möglicherweise 1270, gab Hartrad von Merenberg die ihm von Walter von Nordeck zu Lehen übertragenen Güter zu Odenhausen, Weitershain, Nordernahe und Stembel als sein Eigentum an. 1282/83 war der Zehnte zu Widradeshan eppsteinisches Lehen der Herren von Nordeck. 1341, im Streit zwischen dem Deutschen Orden in Marburg und den Erben Walters von Nordeck, sprach Graf Johann von Nassau die Güter dem Deutschen Orden zu. Im Jahre 1489 verkaufte das Kloster Arnsburg den Grünberger Antonitern seinen Besitz zu Weitershain.[3]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Weitershain:
„Weitershain (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt 2. St von Grünberg, gehört der Freiherrl. Familie von Nordeck zur Rabenau, hat 102 Häuser und 465 Einwohner, die alle evangelisch sind. Der Ort hat 1 Kirche, 1 Schulhaus und 1 Hof, Petershainer Hof genannt. Unter den Einwohnern sind 75 Bauern und 4 Handwerker. – Weitershain kommt früher unter dem Namen Wydreitshain vor, und gehörte im 16. Jahrhundert zur Londorfer Mark. Im Jahr 1822 hat die Patrimonialgerichtsherrschaft die administrative Verwaltung an den Staat abgetreten.“[4]
Zum 31. Dezember 1970 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Weitershain im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis In die Stadt Grünberg eingemeindet.[5][6] Für Weitershain sowie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Grünberg und die Kernstadt wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die politischen Einheiten, vom Heiligen Römischen Reich bis zur Bundesrepublik Deutschland, in denen Weitershain lag, sowie die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[8][9][10]
vor 1567 Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Patrimonialgericht Londorf
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Allendorf/Lumda, Gericht Londorf der Freiherren Nordeck zur Rabenau[11]
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1604: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Allendorf/Lumda
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Weitershain das „Patrimonialgericht der Freiherren Nordeck zur Rabenau“ in Londorf zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. 1822 traten die Freiherren Nordeck zur Rabenau ihre Rechte am Patrimonialgericht Londorf an das Großherzogtum Hessen ab.[15] „Landgericht Grünberg“ war daher von 1822 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Weitershain zuständig war.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[16] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Weitershain wurde dem Amtsgericht Gießen zugelegt.[17] Mit Wirkung vom 1. Januar 1882 wurden Weitershain dem Amtsgericht Homberg an der Ohm zugeteilt.[18] Weitershain kam aber bereits zum 1. Juli 1886 an den Sprengel des Grünberger Gerichts zurück.[19] Vom 1. Januar 1977 bis zum 1. August 1979 trug das Gericht den Namen „Amtsgericht Lahn-Gießen“ der mit der Auflösung der Stadt Lahn wieder in „Amtsgericht Gießen“ umbenannt wurde.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Weitershain 507 Einwohner. Darunter waren 6 (1,2%) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 84 Einwohner unter 18 Jahren, 192 zwischen 18 und 49, 123 zwischen 50 und 64 und 111 Einwohner waren älter.[20] Die Einwohner lebten in 201 Haushalten. Davon waren 42 Singlehaushalte, 69 Paare ohne Kinder und 72 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 45 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 123 Haushaltungen lebten keine Senioren.[20]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: LAGIS[8]; Ab 1970: Stadt Grünberg:[23][24]; Zensus 2011[20]
Erwerbspersonen: 178Land- und Forstwirtschaft, 84Produzierendes Gewerbe, 19Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 12Dienstleistungen und Sonstiges.[8]
Vereine
Burschen- und Mädchenschaft Weitershain
Freiwillige Feuerwehr Weitershain
Jugendfeuerwehr Weitershain
Gesangverein „Liederkranz“ Weitershain
Reit- und Fahrverein Weitershain
Schützenverein Weitershain e.V.
Tanzgruppe „Teufelchen“
VDK-Ortsgruppe Weitershain
Sportverein VfL Weitershain
Literatur
Kunstdenkmäler Gießen 1, S. 359
Londorf 1958, S. 192
Ursula Braasch-Schwersmann, Deutschordenshaus Marburg, S. 320
Literatur über Weitershainnach Register In: Hessische Bibliographie
Ebenfalls schenkten sie die Hälfte ihrer Güter im Dorf Sickels (Wüstung 4,5 km nordöstlich von Allendorf), die mit 8 Schilling Pfennige, 1 Malter Hafer, 4 Gänse und 4 Hühner angegeben wurden.
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.312 (Online bei google books).
Eingliederung von Gemeinden in die Stadt Grünberg, Landkreis Gießen vom 7.Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.4, S.142, Punkt 180 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 6,3MB]).
Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel:Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB770396321, OCLC180532844, S.294.
Hauptsatzung.(PDF;43kB)§6.In:Webauftritt.Stadt Grünberg,abgerufen im März 2022.
Weitershain, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15.Januar 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
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Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.413 (online bei Google Books).
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Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12.Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr.4, S.41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 298kB]).
Bekanntmachung, die Bildung der Amtsgerichtsbezirke Hungen, Lich, Laubach, Grünberg, Homberg, Alsfeld, Vilbel und Friedberg betreffend vom 24. Dezember 1881 (Hess. Reg.Bl. S. 203–204)
Bekanntmachung, die Bildung der Amtsgerichtsbezirke Grünberg und Homberg betreffend vom 9.April 1886. In: Großherzogliches Ministerium des Innern und der Justiz (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1886 Nr.10, S.75 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 11,8MB]).
Ph. A. F. Walther:Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC162355422, S.92 (Online bei google books).
Haushaltsplan 2015.(PDF; 1,9MB)In:Webauftritt.Stadt Grünberg,S.13,archiviertvomOriginal;abgerufen im März 2019.
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