Naunheim ist ein Stadtteil der mittelhessischen Kreisstadt Wetzlar. Er liegt östlich der Wetzlarer Kernstadt im Lahntal nördlich der Lahn und wird im Osten durch die Bundesautobahn 45 begrenzt. Naunheim verfügt über einen alten Ortskern.
Naunheim
Stadt Wetzlar
Wappen von Naunheim50.5838888888898.524166666666788
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Naunheim erfolgte im Codex Laureshamensis des Klosters Lorsch unter dem Namen Niuuenheim und wird auf die Zeit von 779 bis 783 datiert.[3]
Der Ort bildete zusammen mit Waldgirmes und zwischenzeitlich auch Blasbach einen Gerichtsbezirk und gehörte den Grafen von Solms.
Im Jahr 1372 erlangten die hessischen Landgrafen einen Mitbesitz am östlichen Teil der Solmser Grafschaft und somit auch an Naunheim. 1420 teilte sich das solmsische Adelsgeschlecht und das Dorf kam zur Linie Solms-Lich im Amt Königsberg. Von 1629 bis 1866 gehörte Naunheim zum Großherzogtum Hessen. Daraufhin wurde der Ort preußisch und dem Kreis Biedenkopf zugeordnet. Erst im Jahr 1932 kam es zum Landkreis Wetzlar.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Naunheim:
„Naunheim (L. Bez. Giessen) evangel. Filialdorf; liegt 2 St. von Giessen, hat 101 Haus und 651 Einwohner, die bis auf 11 Juden evangelisch sind. – Dieses Dorf war mit Solms gemeinschaftlich. Durch den Hauptvergleich vom 30. Oktober 1629, wurden die Aemter Königsberg und Hohensolms getheilt, wodurch dieser Ort der zum erstern Amt geschlagen wurde, ausschließend an Hessen kam.“[4]
Die bis dahin eigenständige Gemeinde Naunheim wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz zum 1. Januar 1977 in die neu gebildete Stadt Lahn eingemeindet.[5] Nach deren Auflösung infolge heftiger Proteste der Bevölkerung am 1. August 1979, wurde Naunheim zu einem Stadtteil der Stadt Wetzlar.[6]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Naunheim lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[3][7][8]
779/783: Lahngau, Naunheimer Mark (in pago Logenehe in Niuuenheimer marca)
vor 1357: Heiliges Römisches Reich, Grafen von Solms
ab 1357: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen und Hohensolms gemeinschaftlich, Amt Königsberg
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg und Hohensolms gemeinschaftlich, Amt Königsberg[9]
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1627: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, und Hohensolms gemeinschaftlich, Amt Königsberg
ab 1629: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (durch Abteilungsvertrag), Amt Königsberg[10]
1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Königsberg[11]
ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Königsberg[14]
ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Gießen (Trennung zwischen Justiz (Stadtgericht Gießen) und Verwaltung)
ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf (übergangsweise Hinterlandkreis)[10]
ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Kreis Wetzlar
ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Wetzlar
am 1. Januar 1977 wurde Naunheim der neu gegründeten kreisfreien Stadt Lahn eingegliedert.
ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Stadt Lahn
am 1. August 1979 wurde die Stadt Lahn aufgelöst und Blasbach, Dutenhofen, Garbenheim, Hermannstein, Münchholzhausen, Nauborn, Naunheim und Steindorf wurden Stadtteile der Stadt Wetzlar.
ab 1979: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis, Stadt Wetzlar
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Lahn-Dill-Kreis, Stadt Wetzlar
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Naunheim das „Amt Königsberg“ zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. „Stadtgericht Gießen“ war daher von 1821 bis 1866 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Naunheim zuständig war.
Nach der Abtretung des nordwestlichen Teil des Landkreises Gießen und mit ihm Naunheim an Preußen, infolge des Friedensvertrags vom 3. September 1866 zwischen dem Großherzogtum Hessen und dem Königreich Preußen wurde Naunheim vom Stadtgericht Gießen abgetrennt.[15] Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung im vormaligen Herzogtum Nassau und den vormals zum Großherzogtum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[16] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Landgerichts in Amtsgericht Gladenbach und die Zulegung Naunheim zu diesem Gericht. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Dillenburg und das Appellationsgericht Wiesbaden.[17] Aufgrund des Gerichtsverfassungsgesetzes 1877 kam es mit Wirkung zum 1. Oktober 1879 zum Wechsel des Amtsgerichts in den Bezirk des neu errichteten Landgerichts Marburg.[18]
Mit Wirkung zum 1. Oktober 1902 wurden Naunheim vom Amtsgerichtsbezirk Gladenbach getrennt und dem Amtsgericht Wetzlar zugelegt.[19]
In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Limburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [3]; nach 1977: Einwohnerzahlen Stadt Wetzlar[21]; Zensus 2011[22]
3654 Deutsche, 275 Nichtdeutsche (7,5%) davon 150 Frauen und 125 Männer
•2012:
3528 Deutsche, 258 Nichtdeutsche (6,8%) davon 141 Frauen und 117 Männer
•2015:
3447 Deutsche, 339 Nichtdeutsche (8,9%) davon 184 Frauen und 155 Männer
•2017:
3346 Deutsche, 426 Nichtdeutsche (11,3%) davon 224 Frauen und 202 Männer
Politik
Ortsbeirat
Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 gab es für den Ortsbeirat Naunheim die folgenden Ergebnisse. Zum Vergleich die Wahlergebnisse der vorhergehenden Wahlperioden.
Parteien und Wählergemeinschaften
% 2021
Sitze 2021
% 2016
Sitze 2016
% 2011
Sitze 2011
% 2006
Sitze 2006
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
56,8
5
60,2
5
62,3
6
64,4
6
GRÜNE
Bündnis 90/Die Grünen
10,1
1
8,3
0
13,3
1
6,8
1
CDU
Christlich Demokratische Union Deutschlands
15,8
1
12,4
1
11,2
1
15,2
1
FW
Freie Wähler
10,8
1
12,2
1
10,2
1
10,6
1
FDP
Freie Demokratische Partei
6,5
1
3,0
1
3,0
0
2,9
0
Gesamt
100,0
9
100,0
9
100,0
9
100,0
9
Wahlbeteiligung in%
50,6
50,3
46,3
Gemeindewahl in Naunheim 2021
%
60
50
40
30
20
10
0
56,8%
15,8%
10,8%
10,1%
6,5%
SPD
CDU
FW
Grüne
FDP
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2016
%p
4
2
0
-2
-4
−3,4%p
+3,4%p
−1,4%p
+1,8%p
+3,5%p
SPD
CDU
FW
Grüne
FDP
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Ortsvorsteher
Ortsvorsteherin ist Andrea Volk (SPD).
Bauwerke
Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Naunheim
Evangelische Dorfkirche
Ehemalige Schule und heutiges Stadtteilbüro
Fachwerkhaus in der Waldgirmeser Straße
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Naunheim ist aus der Wetzlarer Kernstadt über die L3285 (in Wetzlar als Dammstraße, in Naunheim als Naunheimer Straße geführt) zu erreichen, welche an Naunheim vorbei nach Lahnau führt. Naunheim wird durch die Stadtbuslinie 24, Wetzlar–Gießen, der ESE Verkehrsgesellschaft GmbH sowie durch die Überlandlinie 240 des Verkehrsverbundes Lahn-Dill (VLD) angefahren.
Öffentliche Einrichtungen
Naunheim verfügt über eine Freiwillige Feuerwehr. Sie ist mit zwei Löschgruppenfahrzeugen (LF 10/6 und LF 8) und einem Mannschaftstransportfahrzeug ausgerüstet.[24] Des Weiteren hat der Stadtteil eine eigene Rettungswache der Malteser. Auf der Wache wird ein Rettungswagen im 24-Stunden-Dienst sowie ein zweites Fahrzeug zur Abdeckung von Spitzenauslastungen im Tagesbereich vorgehalten.
Auch existieren in Naunheim ein Stadtteilbüro der Stadt Wetzlar, welches sich zusammen mit der örtlichen Bibliothek im Gebäude der alten Schule befindet, eine Grundschule und zwei Kindergärten. Ebenfalls wird von der Kirchengemeinde neben dem örtlichen Gotteshaus auch das Gemeindezentrum unterhalten, in dem mehrere gemeinnützige Gruppen ihre Treffen abhalten.
Industrie und Handel
Der Stadtteil verfügt über Geschäfte des täglichen Bedarfs.
Außerdem befindet sich eine Filiale der Volksbank Mittelhessen im Ort.
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.178 (Online bei google books).
Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12.März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr.9, S.154, §1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 3,0MB]).
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.27ff., §40 Punkte 1&1#41; und 6b&1#41; (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.8f.,428 (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.420 (online bei Google Books).
Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim vom 26. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1094–1103)
Feuerwehr Naunheim: Fuhrpark (Memento vom 19. September 2008 im Internet Archive)
Literatur
Reinhold Schneider, Martina Weißenmayer: Kulturdenkmäler in Hessen: Stadt Wetzlar. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1900-1, S.436–447.
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2025 WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии