Engelrod ist der nach Einwohnerzahl größte Ortsteil der Gemeinde Lautertal im mittelhessischen Vogelsbergkreis. Der Ort liegt am Vogelsberg im Naturpark „Hoher Vogelsberg“. Durch den Ort verläuft die Landesstraße 3139.
Panorama EngelrodsBlick von der Kreuzwiese zum FriedhofBrenderwasser im Flurstück Auf der Fell
Der Name Engelrod ist möglicherweise die Ableitung einer Rodung durch den Siedler Angilo. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Engelrod erfolgte im Jahr 1287 unter dem Namen Engelrodt.[1]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Engelrod:
„Engelrod (L. Bez. Lauterbach) evangel. Pfarrdorf; liegt im Vogelsberg 3 St. von Lauterbach, und gehört dem Freiherrn von Riedesel. Der Ort hat 76 Häuser, 484 Einw., die außer 2 Kath. evangelisch sind, 1 Kirche und 3 Mahlmühlen. Von den Felderzeugnissen kann jährlich eine bedeutende Menge ausgeführt werden. – Dieses Orts wird 1287 zum Erstenmal gedacht; der Pfarrsatz gehörte der Abtei Hersfeld. Ein Hagelschlag am 28. Juni 1829 hat alle Felderzeugnisse total zerstört.[3]“
Eine Wasserleitung wurde 1904 verlegt.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde zum 31. Dezember 1971 die Gemeinde Lautertal durch den Zusammenschluss der bisherigen Gemeinden Eichelhain, Eichenrod, Engelrod, Hörgenau und Meiches neu gebildet. Am 1. Februar 1972 kamen Dirlammen und Hopfmannsfeld hinzu.[4] Am 1. Februar 1980 wurde der Name der Gemeinde amtlich in Lautertal (Vogelsberg) geändert.[4]
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Staaten und deren Verwaltungseinheiten, denen Engelrod angehörte:[1][5][6]
vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Gericht Engelrod[7]
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1623: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Engelrod (Freiherren Riedesel zu Eisenbach)[8]
1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Engelrod (Freiherren Riedesel zu Eisenbach)
ab 1806: Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Engelrod (Freiherren Riedesel zu Eisenbach)[9][10]
ab 1815: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[11]
ab 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Herbstein[12][Anm. 1]
ab 1825: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Umbenennung in Landratsbezirk Lauterbach
ab 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Alsfeld
ab 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1867: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Engelrod ab 1806 das „Patrimonialgericht der Freiherren Riedesel zu Eisenbach“ in Engelrod zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Dafür wurde das standesherrliche „Landgericht Lauterbach“ geschaffen.
Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[13] Im Zuge der 1853 durchgeführten Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen sollte der Sitz des Landgerichts von Altenschlirf nach Herbstein verlegt werden und dabei dessen Sprengel um die bis dahin zum Landgerichtsbezirk Lauterbach gehörigen Orte Dirlammen, Eichelhain, Eichenrod, Engelrod, Hörgenau, Hopfmannsfeld und Lanzenhain erweitert werden;[14] dies geschah jedoch beides erst mit Wirkung zum 1. September 1854.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Herbstein“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15]
Am 1. Juli 1957 verlor das Amtsgericht Herbstein seine Selbständigkeit und wurde endgültig – nachdem es dies schon zu Ende des Zweiten Weltkrieges war[16] – zur Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach.[17] Am 1. Juli 1968 wurde auch diese Zweigstelle aufgehoben.[18] Am 1. Januar 2005 wurde das Amtsgericht Lauterbach als Vollgericht aufgehoben[19] und zur Zweigstelle des Amtsgerichts Alsfeld.[20] Zum 1. Januar 2012 wurde auch diese Zweigstelle geschlossen.[21]
Im Mai 1805 raubten Mitglieder der Wetterauer Bande, nämlich Ludwig Funk, genannt der „Selnröder Ludwig“, und seine Kumpane Peter Görzel, vulgo „Heiden-Peter“, Kaspar Huthmann, Johannes Lehn II. und Johannes Köddinger die Schäferhütte des Kaspar Gemmer beim Petershainer Hof aus. Die Räuber besaßen bei ihrer Festnahme in Engelrod in einem Hirtenhäuschen zwei Pistolen, ein Terzerol (eine Handfeuerwaffe), Pulver und Blei, außerdem ein Gusshorn mit dem Buchstaben G, welches sie dem Schäfer Gemmer entwendet hatten. Es wurden auch Gegenstände gefunden, welche die fünf bei einem Einbruch in Sellnrod kurz zuvor gestohlen hatten. Während Funk nach Gießen ins Zuchthaus gebracht wurde, verwies man die übrigen nach sechs Wochen Haft des Riedeselschen Landes.[23]
Ein älteres Kirchengebäude musste 1847 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. 1854 wurde das neue Gotteshaus eingeweiht. Zum Kirchspiel Engelrod gehören auch Hörgenau, Eichenrod, Eichelhain und Rebgeshain.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Engelrod 558 Einwohner. Darunter waren 9 (1,6%) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 93 Einwohner unter 18 Jahren, 216 zwischen 18 und 49, 129 zwischen 50 und 64 und 117 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 213 Haushalten. Davon waren 36 Singlehaushalte, 72 Paare ohne Kinder und 78 Paare mit Kindern, sowie 27 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 42 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 117 Haushaltungen lebten keine Senioren.[2]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[2]
Im Ort befindet sich eine Mittelpunkt-Grundschule.
Auf dem 578 m hohen Goldnen Steinrück zwischen Engelrod, Helpershain, Meiches und Dirlammen befindet sich der größte zusammenhängende Windpark in Hessen mit mehr als 40 einzelnen Windkraftanlagen (siehe auch Windpark "Goldner Steinrück").
Söhne und Töchter von Engelrod
Friedrich Habicht (1803–1876), Landtagsabgeordneter Großherzogtum Hessen
Literatur
Literatur über Engelrodnach Registernach GND In: Hessische Bibliographie
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.61 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.367,368und386.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G.Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G.Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.13ff., §24 Punkt d) XI. (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.9 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.426 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.158ff. (online bei Google Books).
Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7.August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 42,9MB]).
Bekanntmachung vom 15. April 1853, betreffend: 1) die Aufhebung der Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt, Waldmichelbach, Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein; 2) die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichts-Bezirke in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen. (Hess. Reg.Bl. S. 221–230)
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Verfügung des Oberlandesgerichtspräsidenten in Darmstadt vom 29. Juni 1943 — 3200 — Betrifft: Errichtung der Zweigstellen Herbstein des Amtsgerichts Lauterbach und der Zweigstelle Altenstadt des Amtsgerichts Ortenberg
Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsorganisation (§2) vom 6.März 1957. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1957 Nr.5, S.16 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 298kB]).
Gerichtsorganisation (Aufhebung der Zweigstelle Herbstein des Amtsgerichts Lauterbach und der Zweigstelle Ulrichstein des Amtsgerichts Schotten) (Punkt 755) vom 11.Juni 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1968 Nr.27, S.1010 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 2,8MB]).
Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (GVBl. I S. 507–508) vom 20.Dezember 2004. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2004 Nr.24, S.507–508 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,4MB]).
Vierte Verordnung zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen. Art. 1 §4 Abs. 1 (GVBl. I S. 552) vom 29.Dezember 2004. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2004 Nr.25, S.552 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,2MB]).
Fünfte Verordnung zur Änderung der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz. (Artikel 1, Abs. 2. aa)) vom 9.Dezember 2010. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2010 Nr.25, S.709f. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 148kB]). Bezieht sich auf die Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Ministeriums der Justiz (Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz) (GVBl. II 210-98) vom 26.Oktober 2008. In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2008 Nr.17, S.822ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 116kB]).
Friedrich Ludwig Adolph Grolman: Actenmäßige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandenen Verbrecher. Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber; Mit einer Kupfertafel, welche die getreuen Bildnisse von 16 Haupt-Verbrechern darstellt. Gießen 1813, S. 365 f.
Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G.Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.120 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band15. G.Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.17 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
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