In der Lanzenhainer Gemarkung befinden sich zwei besonders erwähnenswerte geologische Aufschlüsse. Zum einen das Felsenmeer des Burgfriedens, ausgedehnte, mit Moos bewachsene Basaltblöcke inmitten eines Buchenmischwaldes. Zum anderen die zum Naturdenkmal vorgeschlagene Klippe des Diebsteins nördlich des Dorfes. Beide Geotope liegen am zertifizierten Rundwanderweg Felsentour Herbstein. Der Diebstein, eine 577 m hohe Felsklippe aus Alkalibasalt, war früher die Stelle, an denen Diebe der Gerichtsbarkeit der Riedesel übergeben wurden.
Geschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Lanzenhain erfolgte im Jahr 1351 unter dem Namen Lanczinhain.[1]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Lanzenhain:
„Lanzenheim (L. Bez. Lauterbach) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg 3 St. von Lauterbach, und gehört dem Freiherrn von Riedesel, hat 71 Häuser, 492 Einwohner, die außer 4 Katholiken evangelisch sind. Man findet 1 Kirche und 3 Mahlmühlen, mit denen 1 Oelmühle verbunden ist. Früher befanden sich hier 5 Eisenhämmer und 1 Eisenschmelze. Den 28. Juni 1829 wurde die Gemarkung durch einen Hagelschlag größtentheils zerstört.“[3]
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die ehemals selbstständige Gemeinde Lanzenhain am 31. Dezember 1971 in die Stadt Herbstein eingegliedert.[4]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Lanzenhain lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5][6]
vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Gericht Engelrod[7]
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1623: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Engelrod (Freiherren Riedesel zu Eisenbach)[8]
ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[11]
ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Herbstein (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lauterbach; Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Riedesel zu Eisenbach) und Verwaltung)[12]
ab 1825: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Lauterbach
ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Alsfeld
ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1866: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
am 31. Dezember 1971 wurde Lanzenhain als Stadtteil der neu gebildeten Stadtgemeinde Herbstein eingegliedert.
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Lanzenhain das „Riedeselschen Patrimonialgericht Engelrod“ zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Lauterbach“ war daher von 1821 bis 1854 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Lauterbach, das für Lanzenhain zuständig war. Im Jahr 1854 wurde Lanzenhain dem Landgericht Herbstein zugeteilt.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Herbstein und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[13] Ab 1943 wurde das Amtsgericht Herbstein nur noch als Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach betrieben, bevor es 1968 endgültig aufgelöst wurde und dem Amtsgerichtsbereich von Lauterbach zugeschlagen wurde.
Am 1. Januar 2005 wurde das Amtsgericht Lauterbach als Vollgericht aufgehoben[14] und zur Zweigstelle des Amtsgerichts Alsfeld[15]. Zum 1. Januar 2012 wurde auch diese Zweigstelle geschlossen.[16]
In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[20]
Ortsvorsteher ist Rainer Brym (Stand Juni 2016).[21]
Sehenswürdigkeiten
Evangelische Kirche, Brücke über den Ellersbach
Die evangelische Kirche entstand 1630 als rechteckiger Fachwerkbau. Sie ist verschindelt und erhielt im 18. Jahrhundert einen dreiseitigen Vorbau, der mit seiner geschweiften Haube das Aussehen eines Turmes hat. Renovierungsarbeiten erfolgten in den 1980er Jahren. Damals wurden doppelverglaste Fenster eingesetzt, das Dach neu gedeckt und eine umfangreiche Neugestaltung des Innenraums vorgenommen. Altar und Kanzel wurden freigelegt und eine Sakristeiwand hinter dem Altar eingebaut, die Innenwände neu verputzt und ein Neuanstrich vorgenommen. Anfang der 2000er Jahre erhielt die Kirche einen behindertengerechten Zugang sowie eine Neu-Verschindelung.
Vereine
In Lanzenhain gibt es mehrere Vereine mit langer geschichtlicher Tradition: (In Klammern das jeweilige Gründungsjahr)
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.154 (Online bei google books).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.367.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.13ff., §24 Punkt d) XI. (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.9 (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.426 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.158ff. (online bei Google Books).
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (GVBl. I S. 507–508) vom 20.Dezember 2004. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2004 Nr.24, S.507–508 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,4MB]).
Fünfte Verordnung zur Änderung der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GVBl. I S. 709–710) vom 30.Dezember 2010. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2010 Nr.25, S.709–710 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 148kB]).
Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.120 (Online bei google books).
Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.17 (Online bei google books).
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