Berlin-Heinersdorf ist ein Ortsteil im Bezirk Pankow von Berlin.
Geschichte
Die Gründung Heinersdorfs erfolgte um 1230 als Straßendorf. Die erste urkundliche Erwähnung stammt von 1319. In diesem Jahr verkaufte Markgraf Woldemar Hinrickestorppe für 150Mark brandenburgischen Silbers[Anm. 1] an das Heilig-Geist-Hospital zu Berlin.[1] Das Hospital besaß bis 1691 die Grundherrschaft. Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 erschien das Dorf mit 36Hufen. Davon gehörten dem Pfarrer der Dorfkirche vier Hufen für seinen Wedemhof. Das Hospital bestellte zwölf Hufen. Die Vollbauern gaben Pacht und Zins, aber keine Bede. Die neun Kossäten und der ihnen zugerechnete Krüger zahlten als Gemeinschaft 151⁄2Schilling und 15Hühner.[2] Ab Ende des 17.Jahrhunderts wechselte das Dorf mehrfach den Besitzer.
Heinersdorf 1894
Entlang der Bahnstrecke nach Bernau entstand seit etwa 1900 nach Norden hin eine Ortserweiterung in offener Bauweise mit Siedlungshäusern. Der historische Dorfkern um die Kirche blieb weitgehend erhalten.
Für die zunehmende Zahl der Heinersdorfer Einwohner wurde 1890 der städtische Friedhof Heinersdorf angelegt. Hier befindet sich eine Sammelgrabanlage für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Bemerkenswert ist das Grab des Heinersdorfer Bürgermeisters und Lebensmittelfabrikanten Friedrich Tinius.[3]
Im Jahr 1920 wurde die bis dahin selbstständige Landgemeinde mit damals 1006 Einwohnern durch das Groß-Berlin-Gesetz in den Berliner Bezirk Pankow eingemeindet. 1986 wurde Heinersdorf zusammen mit Blankenburg und Karow dem damaligen Stadtbezirk Weißensee zugeordnet. Mit der Bezirksreform 2001 kam es unter der Ortsteilnummer 0304 wieder zum fusionierten Bezirk Pankow.
Bevölkerung
Jahr
Einwohner
2007
6534
2010
6532
2011
6489
2012
6513
2013
6526
2014
6580
2015
6786
Jahr
Einwohner
2016
7388
2017
7506
2018
7661
2019
7869
2020
7779
2021
7979
Quelle: Statistischer Bericht A I 5. Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am 31. Dezember. Grunddaten. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)[4]
Dorfkirche Heinersdorf mit Einfriedung und Kirchhof errichtet um 1300 in der Romain-Rolland-Straße 54/56. Einwölbung und Vorhalle vom Ende des 15.Jahrhunderts. Westturm 1893 erneuert. Anbau errichtet 1934/1935. Pfarrhaus mit Verbindungsgang und Einfriedung (1909) von Carl James Bühring.[5] Renaissance-Taufstein von 1621. Nachträglich angebaute Seitenkapelle mit Netzrippengewölbe. Der Westturm wurde 1893 erneuert, das Pfarrhaus 1909 von Carl James Bühring angebaut. Die beiden Ostfenster sind Werke von Charles Crodel (1946).[6] Die zweimanualige Orgel mit 20Registern stammt aus dem Jahr 1935 und wurde von der Firma Schuke errichtet (Opus 145).[7]
Altes Spritzenhaus von 1750
Ehemaliger Gemeindesaal Heinersdorf mit Toranlage und Einfriedung (um 1915), Romain-Rolland-Straße 52
Wohnhaus eines Pferdehändlers von 1780
Kleingartenanlage Märchenland von 1939 zwischen Heinersdorf und Malchow mit knapp 18Hektar.
Wasserturm Heinersdorf (1911) und Gemeindeschule (1934/1935) von Richard Ermisch, in der Berliner Straße 66 (seit Juni 2014 Tino-Schwierzina-Straße)
Bauernhäuser (um 1880), Berliner Straße 82 und 83 (seit Juni 2014: Tino-Schwierzina-Straße)
Khadija-Moschee (Urdu مسجد خدیجہ Masdschid Chadidscha), eine von der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) in Heinersdorf gebaute Moschee, die von der Frauenorganisation Lajna Imaillah finanziert wurde. Sie ist nach Chadidscha bint Chuwailid benannt, der ersten Muslimin und ersten Ehefrau des Propheten Mohammed. Die Moscheegemeinde mit etwa zweihundert Mitgliedern war zuvor in Berlin-Reinickendorf ansässig. Der Imam ist Abdul Basit Tariq, von der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde „Murrabi“ (etwa „Erzieher“) genannt, der bereits in Reinickendorf tätig war. Im Frühjahr 2006 erregte die Absicht der Ahmadiyya-Gemeinde öffentliche Aufmerksamkeit,[8] auf einem von ihr erworbenen Grundstück in der Tiniusstraße die Khadija-Moschee zu errichten.[9] Es ist nach 1923 der zweite Versuch der Ahmadiyya-Gemeinde, in Berlin eine Moschee zu errichten. Da hinsichtlich des Baurechts keine Versagungsgründe vorlagen, hat das Bezirksamt den Bauvorbescheid positiv beschieden. Gegen das Vorhaben gründete sich eine Bürgerinitiative[10] und verschiedene Gruppen, insbesondere die lokale CDU, aber auch die NPD organisierten Protestmärsche, wogegen es andererseits Proteste seitens linker Gruppen gab. Initiativen der Bürgerinitiative, ein Bürgerbegehren gegen den Moscheebau einzuleiten, wurden vom Bezirksamt als unzulässig zurückgewiesen. Als Gegenreaktion auf die Bürgerproteste gegen den Moschee-Bau in Heinersdorf gründeten sich 2006 mehrere Initiativen und Bündnisse.[11][12] Nachdem das Bezirksamt Ende Dezember 2006 die Baugenehmigung erteilte, wurde am 2. Januar 2007 der Grundstein für die Moschee gelegt. Am 16. Oktober 2008 wurde die Khadija-Moschee eröffnet. Die Geschehnisse und Konflikte rund um den Bau der Heinersdorfer Moschee waren Vorlage für das Theaterstück Moschee DE von Kolja Mensing und Robert Thalheim, das im März 2010 am Staatstheater Hannover uraufgeführt wurde.[13]
Verkehr
Der Bahnhof Berlin-Pankow-Heinersdorf (Kürzel BPHD) an der Stettiner Bahn wurde am 1. Oktober 1893 eröffnet. Seit dem 8.August 1924 erfolgt hier elektrischer S-Bahn-Betrieb. Das an den Bahnhof angrenzende Bahnbetriebswerk mit Wasserturm und Ringlokschuppen wurde Ende der 1990er Jahre stillgelegt. Bahnhof und Betriebswerk liegen im Ortsteil Pankow, grenzen jedoch unmittelbar an Heinersdorf.
Seit August 1911 gibt es eine Straßenbahn in Heinersdorf. Diese verkehrte zunächst von der ehemaligen Kronprinzenstraße (heute Romain-Rolland-Straße) zur Uckermarkstraße in Schöneberg (Linie72). Ab 1920 fuhr sie als Linie73 von Heinersdorf zum Dönhoffplatz in Berlin-Mitte.[14]
Ab 1949 verkehrte die Linie 71 zwischen Heinersdorf und dem Berliner Rathaus (Jüdenstraße). Nach der Aufgabe des Straßenbahnverkehrs über den Alexanderplatz im Jahr 1967 fuhr sie zum Kupfergraben. 1993 erhielt sie eine neue Liniennummer. Die Linie71 wurde zur Linie1 mit der Endhaltestelle U-Bahnhof Schwartzkopffstraße. Als die BVG 2004 ihr Metrolinienkonzept einführte, wurden Liniennummer und Fahrziel erneut verändert (LinieM2, S-Bahnhof Hackescher Markt). Seit 2007 verkehrt die Straßenbahn als MetroTram der Linie M2 von Heinersdorf zum S- und U-Bahnhof Alexanderplatz.[15]
Wegen des starken Bevölkerungswachstums soll im Blankenburger Süden eine neue Siedlung mit rund 5000 Wohnungen entstehen. Im Zusammenhang dazu soll auch die Linie M2 nach Norden verlängert werden. Nach aktuellem Planungsstand (Stand: Juni 2020) soll die neue Trasse am Haltepunkt Am Wasserturm beginnen und über die Aidastraße zur Kreuzung Blankenburger Straße/Romain-Rolland-Straße verlaufen. Der Blankenburger Straße soll in etwa bis zu Höhe Blankenburger Straße/Mimestraße gefolgt werden, ehe die Trasse der Straßenbahn diese verlässt und westlich des Gewerbegebietes Heinersdorf bis zur geplanten Siedlung entlang verläuft, die von Südwest nach Nordost durchquert wird. Parallel zum Blankenburger Pflasterweg, rund 200Meter südlich, verläuft die Straßenbahn in Richtung Heinersdorfer Straße (nördliche Verlängerung der Blankenburger Straße) und kreuzt diese. Über den Zwergammerweg würde die Trasse zum S-Bahnhof Blankenburg führen und dort enden. Bezüglich der exakten Lage der Gleiskörper sind allerdings noch detailliertere Untersuchungen nötig. Dazu zählt auch die Frage, welche Grundstücke der Erholungsanlage Blankenburg der Straßenbahntrasse weichen müssen.[16]
Bahnhof Pankow-Heinersdorf von der B109 gesehen, links das Widerlager der ehemaligen „Schwarzen Brücke“
Persönlichkeiten
Johannes Krätschell (1862–1933), Pfarrer und Chronist in Berlin-Heinersdorf
Erich Ryneck (1899–1976), Politiker (SPD), Bezirksbürgermeister von Pankow
Eberhard Krätschell (1900–1995), Pfarrer in Heinersdorf
Erich Campe (1912–1977), Boxer, in Heinersdorf geboren
Dieter Borkowski (1928–2000), Schriftsteller und Journalist, lebte bis zu seiner Verhaftung durch die Stasi 1971 in Heinersdorf[17]
Karl-Heinz Spickenagel (1932–2012), Fußball-Torhüter bei Einheit Pankow und FC Vorwärts Berlin sowie der DDR-Fußballnationalmannschaft
Jutta Limbach (1934–2016), Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, in Heinersdorf aufgewachsen
Regine Witkowski (* 1934), Humangenetikerin, lebte in Heinersdorf
Werner Krätschell (* 1940), evangelischer Theologe, Sohn von Eberhard Krätschell, Superintendent in Berlin-Pankow
Mathias Christiansen (* 1968), Autor von Büchern mit Bezug zu Heinersdorf
Sonstiges
Seit 2002 sind mehrere Kriminalromane des Schriftstellers Mathias Christiansen mit starkem regionalem Bezug zu Heinersdorf erschienen, darunter Der falsche Feind (2004), Die dünne Linie (2003), der Kinderkrimi Das Geheimnis des alten Bahnhofs (2004) sowie der Titel Tod an der Grenze (2008, ISBN 978-3-7751-4895-5). Straßennamen und andere Örtlichkeiten in den Romanen sind allesamt authentisch und mischen sich mit einer fiktiven Story. In den Büchern findet sich immer auch ein Stück aktueller Heinersdorfer Geschichte.
Seit 2007 setzt sich die Zukunftswerkstatt Heinersdorf[18] für die Belange des Ortsteils ein. Als eingetragener gemeinnütziger Verein ist sie unter anderem in den Bereichen Verkehr, Leitbild und Naturpark sowie Kinder und Jugend tätig, saniert Spielplätze, betreibt ein Nachbarschaftshaus und führt Dorffeste durch.
Siehe auch
Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Heinersdorf
Liste der Kulturdenkmale in Berlin-Heinersdorf
Literatur
Johannes Schultze (Hrsg.): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band 2; Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin. BandVIII,2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940 (Digitalisat in Universitätsbibliothek Potsdam).
Johannes und Eberhard Krätschell: Chronik von Berlin-Heinersdorf. Universal-Selbst-Verlag Limanel Inh. Hans Otto Fehmer, 1996, ISBN 3-930917-05-X.
Daniel Becker und Sandra Caspers: Berlin-Heinersdorf – Eine Spurensuche. Herausgegeben von der Zukunftswerkstatt Heinersdorf, Bürgerverein Berlin-Heinersdorf e.V., Berlin 2014, ISBN 978-3-00-048148-2.
Es war zwischen der Barrenmark als Gewichtseinheit und der Zählmark als Währungseinheit zu unterscheiden. 1Brandenburgische Barrenmark entsprach 233,85Gramm. Die Urkunden bezeichneten sie als Mark Brandenburgischen oder Stendalischen Gewichts. Die Zählmark war keine Währungseinheit im engeren Sinn, sondern diente als Rechenhilfe, um z.B. nicht mit ihrem Gegenwert von erst 240Pfennig und ab der 2.Hälfte des 14.Jahrhunderts von 480Pfennig agieren zu müssen. In der Praxis wurde nicht klar zwischen beiden Begriffen unterschieden.
Einzelnachweise
Albert Rathenow.In:Biographie(n) Berliner Bürgermeister, Berlins Kommunalgeschichte im Überblick.Edition Luisenstadt,abgerufen am 15.September 2010.
Johannes Schultze (Hrsg.):Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375. Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, Barnym. Districtus Berlin. Heynrichstorff, S.119.
Tinius, Friedrich.In:Berlin ehrt Persönlichkeiten Gedächtnis und Würdigung.Edition Luisenstadt,7.Oktober 2009,abgerufen am 15.September 2010.
Denkmalliste Berlin.(PDF [2,2MB])(Nicht mehr online verfügbar.)Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,1.September 2010,archiviertvomOriginalam22.September 2010;abgerufen am 15.September 2010.
Christine Goetz, Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Kirchen Berlin Potsdam. Wichern- und Morus-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-87554-368-8, S.180.
Johannes Krätschell, Eberhard Krätschell, Werner Krätschell, Inge Hohmann, Hans Fehmer, Otto Fehmer:Chronik von Berlin-Heinersdorf: Aufzeichnungen zur Geschichte des Ortsteiles Berlin-Heinersdorf. Universal-Selbst-Vlg Limanel, 1996, ISBN 3-930917-05-X.
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