Das Dorf Šumperk war um 1180 im Besitz des Zdeněk Ralsko von Waldstein. Unter dessen Söhnen wurde es zur Stadt erhoben. Bereits 1224 hatten die Dominikaner eine Ordensniederlassung für acht Mönche gegründet. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern Wenzel I. von Böhmen und Přemysl von Mähren wurde die Stadt 1239 zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte um 1250. Das Dominikanerkloster sowie die Klosterkirche Mariä Verkündigung wurden 1286 durch den Vyšehrader Propst und späteren Bischof von Olmütz Johannes VI. von Waldstein neu errichtet.
1340 verlieh Markgraf Karl den Herren von Leipa das Bergrecht für die bereits in ihrem Besitz befindlichen Herrschaften Schönberg, Goldenstein und Žampach. Karls jüngerer Bruder Jobst von Mähren erteilte 1391 der Stadt Schönberg zahlreiche Privilegien, mit denen sie einer königlichen Stadt gleichgestellt wurde. Nach weiteren Besitzerwechseln gelangte Schönberg 1495 pfandweise an Peter von Žerotín († 1530),[3] der die auf der Stadt lastenden Schulden übernahm. 1504 ging Schönberg sowie Blauda in seinen Besitz über.
Während der Reformation wurden die Mönche und die katholische Bevölkerung aus der Stadt vertrieben. 1584 erfolgte die Ausweisung der Juden, die sich zumeist in der jüdischen Gemeinde in Mährisch Aussee ansiedelten. Nach der Schlacht am Weißen Berg übertrug Kaiser FerdinandII. in seiner Eigenschaft als König von Böhmen Schönberg sowie weitere umfangreiche Besitzungen in Nordmähren dem Statthalter Karl von Liechtenstein. Obwohl dieser die Schulden übernehmen musste, gehörte er zu den mächtigsten und reichsten Adeligen in Nordmähren. Nachfolgend setzte er die Gegenreformation durch. Der neugewählte Rat der Stadt musste einen katholischen Eid ablegen und der Wiedereinführung der Dominikaner zustimmen, deren Kloster 1623 wieder instand gesetzt wurde. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu Hexenverfolgungen, mit denen die Obrigkeit den in Groß-Ullersdorf tätigen Juristen Franz Heinrich Franz Boblig von Edelstadt beauftragt hatte.
Zu einer wirtschaftlichen Entwicklung kam es im 18. Jahrhundert durch das Leineweberhandwerk, aus dem sich später die Leinen- und Textilindustrie entwickelte. In dem 1784 im Rahmen der Josephinischen Reformen aufgehobenen Dominikanerkloster errichtete 1785–1788 der Wiener Ernest Klapperoth die größte Manchesterfabrik Europas, die sich jedoch nach der Aufhebung der Kontinentalsperre 1813 nicht weiter behaupten konnte. Die Fabrikräume wurden zur Kaserne umgebaut. 1842 wurde in Schönberg die erste mechanische Leinenspinnerei Mährens in Betrieb genommen. Die 1870 errichtete Mährische Grenzbahn mit Sitz in Schönberg nahm 1871 die Bahnstrecke Hohenstadt–Zöptau in Betrieb. Seit 1874 erschien in Schönberg, das im 19. Jahrhundert ein Zentrum des nordmährischen Schulwesens war, der Nordmährische Grenzbote.
Deutsche des Österreich-Ungarischen Kronrates akzeptierten die Gründung der Tschechoslowakei nicht und erklärten sich als deutsche Böhmen unabhängig, dies beinhaltete Mährisch Schönberg, unter dem Namen Sudetenland. Dabei nahmen sie Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker des US-Präsidenten Wilson. Einer der führenden Personen war Gustav Oberleithner, Bürgermeister von Mährisch Schönberg, der zum Stellvertretenden Regierungschef ernannt wurde. Die Stadt wurde von Truppen der Tschechoslowakei am 15. Dezember 1918 besetzt, ohne dass dabei ein Schuss fiel. Gustav Oberleithner wurde nicht bestraft, da zum damaligen Zeitpunkt der internationale Status der Tschechoslowakei noch nicht geklärt war.
Der Anteil der tschechischen Bevölkerung erhöhte sich in den nächsten Jahren durch Ansiedelung. Dies führte zu Auseinandersetzungen. 1910 lebten 353 Tschechen in Mährisch Schönberg, bei der Volkszählung 1930 hatte Mährisch Schönberg 15718 Einwohner (davon 3434 / 22% Tschechen).[4] Diese lebten zumeist im „Tschechischen Viertel“, Česká čtvrť.
Die Sudetendeutsche Partei (SdP), offen unterstützt durch das „Dritte Reich“, erreichte 64% der Stimmen bei den Wahlen 1935.
Nach dem Münchner Abkommen wurde die Stadt 1938 dem Deutschen Reich zugeschlagen und war bis 1945 Sitz des Landkreises Mährisch Schönberg, Regierungsbezirk Troppau, im Reichsgau Sudetenland. 1945 kam Šumperk an die Tschechoslowakei zurück, und 1945/46 wurde ein Großteil der deutschmährischen Bevölkerung, veranlasst durch die Beneš-Dekrete, enteignet und vertrieben.
Im Februar 1946 fanden weitere elf Transporte mit mehr als 9.500 Deutschen im Rahmen der Vertreibung statt. Zum letzten Tag dieses Jahres blieben in der Stadt nur 686 Bewohner. Die ursprünglichen deutschen Bewohner wurden durch Ansiedlung aus dem tschechischen Inland ersetzt.[5]
Am 4. Mai 1950 erfolgte die Eingemeindung von Temenice.
Am 21. August 1968, zur Zeit des Prager Frühlings, wurde die Stadt von der polnischen Armee besetzt, und wenige Wochen später, am 3. Oktober, durch die Sowjetarmee.
In der Stadt gibt es ein tschechisch-deutsches Begegnungszentrum mit einer Außenstelle in Nový Jičín.
davon 1.182 Evangelische, 12.150 Katholiken 1.089 sonstige Christen und sechs Juden[9]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs
Jahr
1950
1971
1981
1990
1991
2001
2011
Einwohner
17.192
23.690
31.959
37.375
30.394
29.499
27.189
Stadtgliederung
Für die Stadt Šumperk sind keine Ortsteile ausgewiesen. Grundsiedlungseinheiten sind Alšova, Bělidlo (Bleiche), Bratrušovské pole, Čajkovského, Dolní Temenice (Nieder Hermesdorf), Gagarinova, Generála Svobody, Horní Temenice (Ober Hermesdorf), Hrabenská, Jánošíkova, Karlův Dvůr (Karlhof), Kokrháč, Kopce, Krameriova, Lovák, Na Vápenicích, Nádraží, Pod Senovou, Pod Temenicí, Sady 1. máje, Sanatorium I, Sanatorium II, Skřivánčí (Lerchenfeld), Šmeralova, Šumavská, Šumperk-střed, Tyršova, U čističky und Vančurova.[10]
Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Dolní Temenice, Horní Temenice und Šumperk.[11]
Städtepartnerschaften
DeutschlandBad Hersfeld, Deutschland, seit 1994. Bereits 1954 rief die Stadt und der Landkreis Hersfeld eine Patenschaft über die dort lebenden Bürger aus dem ehemaligen Kreis Mährisch Schönberg ins Leben.
PolenNysa (Neisse), Polen in der Woiwodschaft Oppeln (poln. Opole).
Die Mariensäule auf dem Rathausplatz schuf 1718–1720 der Bildhauer Michael Kössler.[12]
Das Rathaus wurde 1910/11 an der Stelle des abgerissenen Renaissance-Rathauses von 1474 im Stil des Historismus erbaut.
Die erstmals 1287 erwähnte Klosterkirche Mariä Verkündigung wurde nach dem Stadtbrand von 1669 im Jahre 1686 barockisiert.
Hexenkapelle/ Denkmal zur Erinnerung an die Hinrichtungen von 23 Opfern der Hexenverfolgung aus Šumperk in den Jahren 1682–1692[13]
Gedenktafel bei der Straße Černohorska, die sich in einem ehemaligen Gefängnis befindet, für die Opfer der Hexenprozesse
Im Juni 2000 enthüllte in Šumperk der Olmützer Erzbischof Jan Graubner für Dekan und Pfarrer Christoph Alois Lautner im ehemaligen Pfarrhaus (Kostelni nam) eine Gedächtnistafel und entschuldigte sich für den Schuldanteil der Kirche an den Prozessen.[14]
Im Untergeschoss des Hauses Geshadera (ul. Kladska 1) gibt es eine Ausstellung über die Geschichte der Hexenverfolgung in der Region Jesenik-Šumperk.[13]
Im Südosten der Stadt befindet sich die Friedhofskirche St. Barbara. Die Deckengemälde schuf 1775 der Neustädter Maler Ignaz Oderlitzky.
Jüdischer Friedhof mit Trauerhalle
Ein ausgewiesener Stadtrundgang „Auf den Spuren von Klein-Wien“ (Na stopách Malé Vídně)[15] führt zu insgesamt 24 Sehenswürdigkeiten der Stadt. Der Name „Klein-Wien“ war entstanden, weil mehrere Gebäude von Wiener Architekten entworfen worden sind:
Villa Eduard Hackl (1893/94, von F. Thiel, Prag), jetzt Bibliothek
Villa Doris (1899)
Hotel Grand (1931/32)
Villa Siegl (1867, von Theophil von Hansen, Wien)
Evangelische Kirche (1874), jetzt Kirche der Böhmischen Brüder
Deutsches Gymnasium (1897, von den Brüdern Anton Drexler und Josef Drexler, Wien), jetzt Wirtschaftsakademie
Ziergarten des Paulinenhofs
Paulinenhof (1876, von Moritz Hinträger, Wien), jetzt Stadtmuseum
Haus Ottokar Katzer (1930, von E. Hantschl)
Theater (urspr. Deutsches Bundeshaus, 1901/02, von Georg Berger, Wien)
Hotel Schneider (1852)
Haus Eisenstein (1882/83)
Haus Schuster (1905)
Ehem. Kino Saxinger (1928, von Rudolf Bitzan, Dresden)
Apotheke „Zum Schwarzen Bären“ (1886, von K. Seidl)
Palast Oberleithner (1831)
Villa Oberleithner (1887, von Karl Mayreder, Wien)
Haus Oberleithner (1840)
Haus Tersch (um 1800)
Rathaus (1911, von Georg Berger, Wien)
Haus der Römerin (1877)
Haus „Zum Weißen Hund“ (von den Gebrüdern Drexler, Wien)
Jakub Kindl (* 1987), tschechischer Eishockeyspieler
Martin Fous (* 1987), deutsch-tschechischer Eishockeytorwart
Michal Schön (* 1987), deutsch-tschechischer Eishockeyspieler
Im Ort wirkten
Eduard Hölzel (1817–1885), Buchhändler und Verleger
Jaroslav Mostecký (1963–2020), tschechischer Autor von Sci-Fi und Fantasyliteratur
Bürgermeister
1882 bis 1907 Friedrich Ritter von Tersch
1907 bis 1918 Viktor von Woehlheim
1918 bis 1921 Gustav Oberleitner
1921 bis 1923 Johann Witschke
1923 bis 1933 Otto Lebwohl
1933 bis 1934 Richard Künzell
1934 bis 1938 Alois Blaschke
1938 bis 1945 Hans Kaulich
Literatur
Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 358–361.
Eva Hudcová: Der Bürger und sein Theater in einer mährischen Kleinstadt. Aus der Kulturgeschichte von Mährisch-Schönberg (= Beiträge zur deutschmährischen Literatur. Bd. 10). Univerzita Palackèho, Olomouc 2008, ISBN 978-80-244-2114-8.
Karl Umlauff, Friedrich Ritter von Tersch: Chronik der Stadt Mähr.-Schönberg. Von der Gründung der Stadt bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Emmer, Mähr.-Schönberg 1901 (online).
Jan Šícha, Eva Habel, Peter Liebald, Gudrun Heissig: Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Dokumentation zu Ursachen, Planung und Realisierung einer „ethnischen Säuberung“ in der Mitte Europas 1945/46. Sudetendeutsches Archiv, München 1995, ISBN 3-930626-08-X.
Carl Kořistka: Die Markgrafschaft Mähren und das Herzogthum Schlesien in ihren geographischen Verhältnissen. Wien und Olmütz 1861, S. 268–269.
Gregor Wolny: Kirchliche Topographie von Mähren. Teil II: Brünner Diöcese, Band 4, Brünn 1861, eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche.
Karl Umlauff, Friedrich Ritter von Tersch:Chronik der Stadt Mähr.-Schönberg. Von der Gründung der Stadt bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Hrsg.: Josef Emmer. 2. Auflage. Josef Emmer, Mährisch Schönberg Mai 1901.
Michael Rademacher:Landkreis Mährisch Schönberg.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Angabe hier nach Drahomír Polák: Historie mariánského sloupu v Šumperku. Město Šumperk, Šumperk 1996, S. 53; im Handbuch der historischen Stätten. Böhmen und Mähren. 1998, S. 360, wird das Werk Johann Wenzel Sturmer zugeschrieben.
Jindřich Vybíral:Junge Meister - Architekten aus der Schule Otto Wagners in Mähren und Schlesien. Böhlau, Wien 2007, ISBN 978-3-205-77573-7, S.319, S. 100.
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