Villingen liegt nordöstlich der Kernstadt Hungen. Der Dorfkern ist auf einer Niederterrasse entstanden, die sich hier an das rechte westliche Ufer der Horloff heranschiebt. Westlich des Ortes liegt der Oberweidgraben. Die Gemarkungsfläche beträgt 1302 Hektar, davon sind, besonders in den Höhenlagen, 604 Hektar bewaldet (Stand: 1961). Die höchste Erhebung ist der Diethersberg (246m) im Osten der Gemarkung. Der Borgelberg (211m) erhebt sich jenseits der Horloff als bewaldete Kuppe über dem Ort.
Geschichte
Überblick
Eine erste urkundliche Erwähnung des Ortes ist heute nicht mehr feststellbar, jedoch wurde um 1300 die Kirche mit ihrem gotischen Chorturm gebaut. Ab 1423 waren die Grafen von Solms die Herren von Villingen.
Die Bewohner hatten es in diesem Gebiet besonders schwer und während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) war der Ort zeitweise regelrecht entvölkert.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz die Gemeinde Villingen und drei weitere Gemeinden in die Stadt Hungen eingegliedert.[3] Für Villingen wurde wie für jeden Stadtteil ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet. Die Grenzen der Ortsbezirke folgen den seitherigen Gemarkungsgrenzen.[4]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten, in denen Villingen lag, und deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5][6]
vor 1742: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Braunfels (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
ab 1742: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Braunfels (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
ab 1806: Großherzogtum Hessen (durch Rheinbundakte), Fürstentum Ober-Hessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[7]
ab 1815: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[8]
ab 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen[Anm. 1]
ab 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen[9][Anm. 2]
ab 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Hungen
ab 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
ab 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Villingen ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Hungen zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Villingen zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[10] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[11]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Hungen“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[12]
Mit Wirkung vom 1. Januar 1882 wurde Villingen dem Amtsgericht Laubach zugeteilt.[13] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des „Amtsgerichts Laubach“, und Villingen wurde dem Sprengel des Amtsgerichts Gießen zugelegt.[14]
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Villingen 1371 Einwohner. Darunter waren 24 (1,7%) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 231 Einwohner unter 18 Jahren, 523 zwischen 18 und 49, 312 zwischen 50 und 64 und 303 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 588 Haushalten. Davon waren 171 Singlehaushalte, 183 Paare ohne Kinder und 177 Paare mit Kindern, sowie 45 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 144 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 363 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]
Einwohnerentwicklung
Villingen: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2015
Jahr
Einwohner
1830
884
1834
893
1840
983
1846
1.002
1852
935
1858
878
1864
830
1871
866
1875
899
1885
900
1895
894
1905
989
1910
1.053
1925
1.042
1939
1.083
1946
1.523
1950
1.557
1956
1.399
1961
1.497
1967
1.561
1971
1.540
1987
1.485
1991
1.628
1999
1.503
2005
1.417
2011
1.371
2015
1.308
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1]; nach 1970 Stadt Hungen[16]; Zensus 2011[17]
Historische Religionszugehörigkeit
•1830:
866 evangelische, ein katholischer und 17 jüdische Einwohner[1]
Erwerbspersonen: 231Land- und Forstwirtschaft, 326Prod. Gewerbe, 82Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 77Dienstleistung und Sonstiges.[1]
Wappen
Am 14. März 1964 wurde der Gemeinde Villingen im Landkreis Gießen ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: Unter rotem Schildhaupt in Gold ein rechtsgewendeter, rotbezungter und -bewehrter, geflügelter blauer Löwe mit silbernem Nimbus.[18]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Hungen-Villingen
Evangelische Kirche Villingen
Markus-Stein zur Erinnerung an den Markustag am 25. April
Hinweistafel am Markus-Stein
Verkehr und Infrastruktur
Die Landesstraße3137 führt von der Kernstadt Hungen durch den Ort und weiter nach Ruppertsburg und Laubach. In der Ortsmitte zweigt die Kreisstraße147 nach Nonnenroth ab.
Früher verkehrte hier die Vogelsberger Westbahn von Hungen nach Mücke. Die Gleise sind inzwischen abgebaut. Auf der ehemaligen Bahntrasse führt nun ein Radweg von Hungen an die Gemarkungsgrenze zu Ruppertsburg und von dort weiter nach Nonnenroth.
Im Ort gibt es eine Grundschule und einen städtischen Kindergarten sowie eine Metzgerei, einen Tegut-Supermarkt und eine 24h-Tankstelle, ein großes Autohaus mit angeschlossener Werkstatt und Wohnmobilverkauf, einen Friseur, einen Getränkemarkt, eine Hausarztpraxis, eine Zahnarztpraxis und zwei Banken sowie ein reges Vereinsleben, besonders im Bereich Sport und Feuerwehr (siehe Bericht Hessischer Rundfunk).
Persönlichkeiten
Daniela Alfinito (* 1971), Altenpflegerin und Schlagersängerin
Stadtteile.In:Webauftritt.Stadt Hungen;abgerufen im Januar 2022
Villingen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Literatur über Villingennach Register In: Hessische Bibliographie
Anmerkungen
Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Hungen des Fürsten Solms-Braunfels.
Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Hungen“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung.
Einzelnachweise
Villingen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15.März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13.Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr.17, S.237ff., §8 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,2MB]).
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.21,438 (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.424 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.135 (online bei Google Books).
Theodor Hartleben (Hrsg.):Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Band 2, Teil 1. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S.271 (online bei Google Books).
Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7.August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 42,9MB]).
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Bekanntmachung, die Bildung der Amtsgerichtsbezirke Hungen, Lich, Laubach, Grünberg, Homberg, Alsfeld, Vilbel und Friedberg betreffend vom 24. Dezember 1881 (Hess. Reg.Bl. S. 203–204)
Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12.Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr.4, S.41–44, Artikel 1, Abs. 2 c) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 298kB]).
Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Villingen, Landkreis Gießen, Regierungsbezirk Darmstadt vom 14.März 1964. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1964 Nr.13, S.438, Punkt 365 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 3,5MB]).
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