Jihlava ( Aussprache?/i; deutsch Iglau) ist eine Mittelstadt in Tschechien, die direkt an der böhmisch-mährischen Grenze liegt. Sie ist ein Zentrum der Region Vysočina und die älteste Bergstadt in den böhmischen Ländern.
Jihlava | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | Tschechien![]() | |||
Historischer Landesteil: | Mähren | |||
Region: | Kraj Vysočina | |||
Bezirk: | Jihlava | |||
Fläche: | 7.885 ha | |||
Geographische Lage: | 49° 24′ N, 15° 35′ O49.39611111111115.588333333333525 | |||
Höhe: | 525 m n.m. | |||
Einwohner: | 51.125 (1. Jan. 2021)[1] | |||
Postleitzahl: | 586 01 | |||
Kfz-Kennzeichen: | J | |||
Verkehr | ||||
Straße: | Dálnice 1-Znojmo | |||
Bahnanschluss: | Znojmo–Kolín Veselí nad Lužnicí–Jihlava | |||
Struktur | ||||
Status: | Statutarstadt | |||
Ortsteile: | 16 | |||
Verwaltung | ||||
Oberbürgermeister: | Karolína Koubová (Stand: 2018) | |||
Adresse: | Masarykovo nám. 1 586 01 Jihlava | |||
Gemeindenummer: | 586846 | |||
Website: | www.jihlava.cz |
Die Stadt befindet sich auf der Böhmisch-Mährischen Höhe an der Einmündung der Jihlávka (Kleine Igel) in den Fluss Jihlava (Igel), der die alte Grenze zwischen Böhmen und Mähren bildet, etwa 78 Kilometer westnordwestlich von Brünn. Durch die Stadt führt die Europastraße 59 (l/38), die nördlich von Jihlava an der Autobahn D 1/ E 50 ihren Anfang nimmt.
Jihlava ist eine alte mährische Bergstadt, in der laut der Legende bereits im Jahre 799 Silber gefördert wurde.
König Ottokar I. richtete eine Bergkanzlei und ein Münzamt ein. Die Stadt genoss schon sehr früh weitgehende Privilegien und wurde um 1250 von Wenzel I. Přemysl zur Königsstadt erhoben.
Die 1249 vom König zugestandene Stadt- und Bergrechtsordnung Jura civium et montanorum ist die älteste bekannte Rechtsordnung, die für eine Stadtverwaltung erlassen wurde, deren ökonomische Grundlage der Bergbau bildete.[2] Das Iglauer Bergrecht[3] wurde in der Folgezeit maßgeblich für alle weiteren böhmischen und mährischen Bergstädte und diente zum Beispiel auch als Vorbild für das sächsische Bergrecht. Die Rechtsprechung in montanen Streitfragen oblag dem Iglauer Berggericht, dem Bergschöffenstuhl, welches zugleich als Oberstes Berggericht in den Ländern der böhmischen Krone fungierte. Es entschied also auch über die Streitfälle vieler anderer Reviere in höherer Instanz.
Im Rathaus existiert eine Sammlung alter Gemeinde- und Berggesetze, die sich bis 1389 datieren lassen. Ferner ist Iglau eine alte Tuchmacherstadt, deren Tuche über Jahrhunderte berühmt waren.
In den Hussitenkriegen war Iglau – wie Pilsen und Brüx – ein Zentrum der Katholiken. Die Stadt blieb von Eroberung und Zerstörung verschont, obwohl die kaiserlich-katholischen Truppen im Januar 1422 unweit bei Deutschbrod eine schwere Niederlage erlitten. Die Iglauer Kompaktaten vom 5. Juli 1436, ein Vertrag mit dem gemäßigten Flügel der Hussiten, markierten das Ende der Hussitenkriege. Durch diesen Vertrag wurde Kaiser Sigismund als König von Böhmen anerkannt, er musste jedoch seinerseits weitreichende Zugeständnisse machen.
Eine Granitsäule in der Nähe der Stadt markiert die Stelle, an der Ferdinand I. 1527 den böhmischen Grundbesitzern die Treue schwor. Ab 1596 erweiterte die Stadt durch den Kauf der linksseitig der Igel in Böhmen gelegenen ehemaligen Seelauer Klostergüter von den Trčka von Lípa ihren Besitz beträchtlich. Die erworbenen Gebiete wurden als Neues Gut in Böhmen zusammengefasst.
1625 verkaufte die Stadt den Schrittenzer Teil des Neuen Gutes. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde Iglau zweimal von den Schweden erobert, zuletzt 1645. Vor Ende des Krieges wurde die Stadt ab Juli 1647 durch kaiserliche Truppen unter General Hans Christoph III. von Puchheim und Jean-Louis Raduit de Souches blockiert, ab September belagert und schließlich am 7. Dezember durch Aufgabe der Verteidiger zurückerobert.[4]
Im Schlesischen Krieg fiel Iglau 1742 in preußische Hände. Im Dezember 1805 wurde die Bayerische Armee unter Wrede in der Nähe der Stadt geschlagen, hielt aber den österreichischen Gegner fest, was zum gleichzeitigen französischen Sieg bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 beitrug.
Bis zum Ersten Weltkrieg war Iglau Standort der k.u.k. Armee. 1914 hatten hier der Stab, das I., II. und III. Bataillon des Mährischen Infanterie-Regiments Nr. 81 sowie das II. Bataillon des Landwehr-Infanterie-Regiments Nr. 14 ihre Garnison.
Am 23. Juni 1920 kam es während einer von Deutschen organisierten Sonnwendfeier außerhalb der Stadt zu Protesten gegen die tschechische Regierung, aus denen ein Demonstrationszug entstand, der randalierend durch die Stadt auf den Hauptplatz zog. Dort fielen Schüsse, durch die zwei tschechische Soldaten und ein deutscher Gärtner getötet wurden. Am nächsten Tag kam es zu Gegendemonstrationen durch tschechische Bewohner der Stadt, die erst durch einen Ausnahmezustand, der bis zum 3. Juli 1920 aufrechterhalten wurde, beruhigt werden konnten. Die eingeleiteten gerichtlichen Voruntersuchungen mussten wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden. Lediglich gegen den ehemaligen Bürgermeister Vinzenz Inderka und Hans Krczal wurde im November des gleichen Jahres verhandelt. Beide wurden zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. An diese Unruhen erinnern heute noch das Ehrengrab der beiden getöteten Soldaten auf dem Zentralfriedhof von Iglau und Gedenktafeln im Bereich des Masaryk-Platzes.[5] [6] [7]
Iglau mit Umgebung bildete vor 1945 nach dem Schönhengstgau die zweitgrößte deutsche Sprachinsel in Mähren und angrenzend auf der böhmischen Seite der Grenze. Die Stadt hatte 1910 27.927 Einwohner, davon 21.756 deutsche bzw. deutschsprachige und 5974 tschechische Einwohner.[8]
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1804 | 10.948 | [9] |
1834 | 16.553 | ohne die Garnison, meist deutsche katholische Einwohner (599 Fremde inbegriffen)[10] |
1852 | 18.100 | [11] |
1857 | 17.427 | [12] |
1900 | 24.385 | meist deutsche katholische Einwohner (4.228 Tschechen)[13] |
Nach Gründung der Tschechoslowakei nahm die Anzahl tschechischer Einwohner zu und 1930 lebten in Jihlava/Iglau 31.028 Einwohner, davon 17.968 Tschechen und nur noch 12.095 Deutsche.[14] In der Iglauer Sprachinsel und in einigen tschechischen und gemischten Dörfern in der Umgebung blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine spezifische Volkskultur erhalten. Musikanten benutzten originelle hausgemachte Instrumente und Vierergruppen Fiedeln und Ploschperment. Typische Tänze waren Hatscho/Hatschou, Tuschen und Radln. Bäuerinnen trugen gern alte „pairische“ Trachten mit Šárkaröckchen, glänzenden dunklen Schürzen und großen roten Tüchern.
Vom 16. März 1939 bis zum 9. Mai 1945 war Iglau/Jihlava Bezirksstadt im Protektorat Böhmen und Mähren und Sitz eines Oberlandrats. Die deutschen Bewohner wurden deutsche Staatsbürger, ein deutscher Kommunalpolitiker ernannter Bürgermeister. Ziel der nationalsozialistischen Machthaber war, aus Iglau eine deutsche Stadt zu machen. Die tschechischen Einwohner wurden Protektoratsangehörige.
Gleich nach der Eingliederung der Stadt wurde die Synagoge in Brand gesteckt und zerstört.
Wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die deutschen Bürger aufgrund der Beneš-Dekrete enteignet und, zum Teil, in verlustreichen Fußmärschen in Richtung Süden nach Österreich zwangsausgesiedelt.[15] Die restlichen deutschen Bewohner der Iglauer Sprachinsel wurden bis zum 26. September 1946 in 16 Eisenbahntransporten ausgesiedelt. Nur einige wenige durften bleiben. Die Zahl der aus der Iglauer Sprachinsel stammenden, im Jahr 1945 umgekommenen Deutschen wird mit 2.000 beziffert.[16]
Das Vermögen der evangelischen Kirche wurde durch das Beneš-Dekret 131 liquidiert und die katholischen Kirchen in der Tschechoslowakei enteignet.
Ab 1951 war Jihlava ein Ort mehrerer kommunistischer Schauprozesse: Sie richteten sich gegen den Einfluss der Kirche auf die Landbevölkerung und ihr Anlass war der Mord an drei örtlichen kommunistischen Funktionären in Babice. In den Prozessen wurden elf Angeklagte zum Tode verurteilt und 111 Angeklagte erhielten langjährige Zuchthausstrafen. Wegen der Schnelle der Prozesse wird darüber spekuliert, ob der Überfall vom Staatssicherheitsdienst in Auftrag gegeben wurde. Sämtliche verurteilten Personen wurden nach der Samtenen Revolution von 1989 rehabilitiert.
Aus Protest gegen die sowjetische Besatzung 1968 verbrannte sich Evžen Plocek anlässlich des Prager Frühlings auf dem Marktplatz. Dort erinnert eine Gedenktafel an seine Selbstverbrennung.
Das historische Stadtzentrum wurde 1982 zum städtischen Denkmalreservat erklärt.[17]
Die Jesuitenkirche des Hl. Ignatius mit zwei Türmen und das Jesuitenkolleg neben dem Rathaus wurden in den Jahren 1680 bis 1727 vom italienischen Architekten Jacopo Braschi errichtet. Im Kirchenschiff sind auf beiden Seiten flache Seitenkapellen und Oratorien im typischen Jesuitenstil angeordnet.
Die Mariensäule (Pestsäule) am Ringplatz wurde in den Jahren 1686–1691 anstelle des mittelalterlichen Prangers aus Dankbarkeit für die Überwindung der Pest von Jacopo und Agostino Braschi errichtet. Die Statuen des Hl. Franziskus Xaverius, Hl. Josef, Hl. Sebastian und Hl. Jakobus stammen von Antonio Laghi.
Die St. Jakobskirche ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit zwei Türmen, sie ist die Hauptkirche der Stadt und im Jahre 1243 gegründet worden. Im Südturm befindet sich eine große Glocke (ca. 7.400 kg) aus dem Jahre 1564.
Die Kirche Mariä Himmelfahrt ist eine Klosterkirche des ehemaligen Minoritenklosters in der Nähe des Mutter-Gottes-Tores, errichtet im 13. Jahrhundert mit dreischiffigem Chor und Kreuzrippengewölbe.
Das Rathaus entstand im 16. Jahrhundert durch die Erweiterung und Einbeziehung von mehreren Häusern mit Arkaden aus dem 13. Jahrhundert, es steht am Masaryk-/Ringplatz (36.653 Quadratmeter).
Des Weiteren finden sich noch Bürgerhäuser aus dem 13. bis 16. Jahrhundert.
Die Stadtmauern aus dem 14. Jahrhundert sind weitgehend erhalten geblieben. Von den ursprünglich fünf Stadttoren steht nur noch das Mutter-Gottes-Tor. Die Festungsanlagen wurden 1755 aufgehoben.
Das Mutter-Gottes-Tor ist das Wahrzeichen der Stadt und das einzige Tor, das von den fünf mittelalterlichen Toren erhalten geblieben ist. Es wurde zusammen mit den Befestigungsanlagen im 13. Jahrhundert errichtet, im Jahre 1853 wurde es renoviert.
Ein unterirdischer Gewölbekomplex, der (obwohl dieser nicht für die Bestattung von Toten diente) als Katakomben bezeichnet und touristisch vermarktet wird, stellt ein weiteres Kulturdenkmal der Stadt dar. Seine Gesamtfläche beträgt 50.000 Quadratmeter und seine Länge etwa 25 km. Er ist damit nach Znaim (Znojmo) das zweitgrößten unterirdische Labyrinth in Tschechien. Die Gänge sind in den Felsen unterhalb der Stadt in zwei bis drei Stockwerken in einer Tiefe von 2 bis 14 m gehauen. Der Bau begann im 14. Jahrhundert und wurde von erfahrenen Bergleuten ausgeführt.
Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Kirche St. Johannes der Täufer, das ehemalige Dominikanerkloster mit Heilig-Kreuz-Kirche, die Evangelische Pauluskirche, Ölberg- und Heilig-Geist–Kapelle, der Neptunbrunnen und der Amphitrite–Brunnen am Ring-/Masaryk-Platz.
Im Gustav-Mahler-Haus in der Znaimer Str. 4 (Znojemská ul.) ist Gustav Mahler aufgewachsen. Auf dem Jüdischen Friedhof existieren bemerkenswerte Grabmale, darunter der Grabstein der Eltern von Gustav Mahler.
Seit den 1990er-Jahren nimmt der Beschäftigungsanteil in der Landwirtschaft stetig ab. Im Industriesektor sind 65 Prozent aller Erwerbstätigen beschäftigt. Damit spielt er die wichtigste Rolle.
Wichtige Unternehmen sind:
In Jihlava baute Kronospan ab 2018 die erste Holzrecyclinganlage Europas. Hier sollte Altholz, beispielsweise aus alten Möbeln, aufbereitet und zu Spanplatten weiterverarbeitet werden. In der Stadt Jihlava und der umliegenden Region wurde dieses Vorhaben äußerst kritisch gesehen, da man mit steigenden Schadstoffausstößen durch die Freisetzung von Formaldehyd und anderen Chemikalien im zu verarbeitenden Altholz rechnete. Bereits vor der Werkserweiterung klagten mehrere Anwohner über Hautausschläge und Atemprobleme. Eine erhöhte Anzahl von Krebserkrankungen wird durch die Bevölkerung mit dem Kronospan-Werk in Verbindung gebracht. Eine Umweltorganisation bezeichnete Kronospan als den zweitgrößten Emittenten von krebserregenden Stoffen in Tschechien. Im Jahr 2019 wurde bekannt, dass es sich bei der Werkserweiterung Kronospans nach tschechischem Recht um einen Schwarzbau handeln soll. Kronospan bestreitet diese Vorwürfe. Im Falle eines Rechtsverstoßes würde Kronospan eine Strafzahlung von umgerechnet 40.000 Euro drohen. In den vergangenen Jahren musste das Unternehmen bereits zwölf solcher Geldstrafen wegen anderer Vergehen bezahlen.[18]
Seit 2004 existiert in Jihlava die Polytechnische Hochschule Jihlava, eine nichtuniversitäre öffentliche Hochschule mit etwa 600 Studenten.
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