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Kočevje (deutsch Gottschee, gottscheerisch: Göttscheab oder Gətscheab, italienisch: Cocevie) ist der Name einer Stadt sowie der dazugehörenden Gemeinde (občina) im zentralen bzw. südlichen Slowenien. Die in einer sehr stark bewaldeten Gegend gelegene Gemeinde hat 16.184 Einwohner und eine Fläche von 555 km² (jeweils 1. Jan. 2014). Der gleichnamige Hauptort liegt am Fluss Rinse (Rinža) inmitten eines Karstfeldes (Kočevsko polje) und hat 8.868 Einwohner (2002). Die Gegend ist unter anderem ein Refugium für Braunbären. Das Gottscheer Land war eine bis zum Jahr 1941 bestehende deutsche Sprachinsel innerhalb des geschlossenen slowenischen Sprachgebiets.

Kočevje
Gottschee
Basisdaten
Staat Slowenien Slowenien
Historische Region Unterkrain / Dolenjska
Statistische Region Jugovzhodna Slovenija (Südostslowenien)
Koordinaten 45° 38′ N, 14° 52′ O
Höhe 468 m. i. J.
Fläche 555,6 km²
Einwohner 15.644 (2021[1])
Bevölkerungsdichte 28 Einwohner je km²
Telefonvorwahl (+386) 1
Postleitzahl 1330
Kfz-Kennzeichen LJ
Struktur und Verwaltung
Bürgermeister: Vladimir Prebilič
Postanschrift Ljubljanska cesta 26
1330 Kočevje
Website
Übersichtskarte der Ortsteile (2021)
Übersichtskarte der Ortsteile (2021)

Geschichte


Gottschee entstand in den ersten drei Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, als das Haus Ortenburg (eine Grafschaft in Oberkärnten) in diesem Gebiet deutsche Kolonisten ansiedelte, die vor allem aus Tirol und Kärnten stammten. Sie rodeten zur damaligen Zeit den Urwald im Gebiet des Hornwalds (Kočevski Rog). 1377 wurde der Ort noch als Dorf mit Marktrechten erwähnt. Im 15. und 16. Jahrhundert mehrten sich Überfälle und Plünderungen durch die Türken. Nach Brandschatzung durch die Türken im Jahre 1461 wurde Gottschee wieder aufgebaut und erhielt 1471 Stadtrechte. Zum Schutz der Stadt wurde in dieser Zeit eine Stadtmauer errichtet, die allerdings im 18. Jahrhundert wieder abgebrochen wurde, damit die Stadt sich ausbreiten konnte.

Unter den ältesten und angesehensten Bürgerfamilien Gottschees zählten die: Erber (spätere Freiherren von Erberg), Peer (adelig seit 1599), Tschinkel, Plassmann (adelig seit 1630), Schletterer, Schikowitz/Sukowitz (adelig seit 1712), Jager, Ramor, Verderber, Erker, Egger, Khern, Loy, Walisch, Hütter, Rankhel etc., die alle schon vor dem Jahre 1574 dem Gottscheer Bürgertum angehörten.

Auf Grund der schweren Verwüstungen durch die Türken gewährte 1492 Kaiser Friedrich III. von Habsburg den Bewohnern Gottschees wie auch den Reifnitzern das Hausiererpatent zum Handel mit häuslichen Erzeugnissen, Vieh und Feldfrüchten. 1515 erschlugen Gottscheer Bauern den Baron Thurn und seinen Pfleger Stersen, so dass Gottschee Brennpunkt des Windischen Bauernkriegs wurde, der nur mit Mühe niedergeschlagen wurde. Ein späterer Versuch der Gottscheer Bauern, die Besitzungen durch Kauf zu übernehmen, scheiterte.

1618 erwarb Baron Johann Jakob Khisl Gottschee, das vier Jahre später Grafensitz wurde. 1641 übernahmen die Auersperger von seinem Adoptivsohn aus dem Geschlecht der Zwickel die Grafschaft und errichteten in der Folge in der Stadt ein mächtiges Schloss. 1791 erhielten die Auersperger den Titel Herzog von Gottschee.

1872 wurde in der Stadt das deutschsprachige Gymnasium Gottschee eröffnet.

Im Jahre 1893 wurde Gottschee an das Schienennetz angeschlossen. Dies machte es möglich, die im Gebiet vorkommende Braunkohle abzubauen. Im nahe gelegenen Hornwald wurde ein Sägewerk errichtet, das über eine normalspurige Kleinbahn (Hornwaldbahn) Bahnanschluss nach Straža auf der Gottschee gegenüberliegenden Seite des Höhenzugs erhielt. Im Braunkohletagebau und im Hornwalder Sägewerk arbeiteten zahlreiche Zuwanderer slowenischer Muttersprache.

Im Jahr 1900 hatte die Stadt Gottschee 2.421 Einwohner. Davon waren 2.025 deutsch- (84 %) und 255 slowenischsprachig (11 %).[2]


Königreich Jugoslawien


Mit der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, später Königreich Jugoslawien, wurde der slowenische Name Kočevje einziger offizieller Name der Stadt. Die Unterrichtssprache am Gymnasium Gottschee wurde Slowenisch. Deutschsprachige Lehrer und Beamte wurden entlassen und verließen in großer Zahl die Stadt. Die erste Volkszählung 1921 im Königreich Jugoslawien ergab für die Stadt Gottschee bereits eine slowenischsprachige Mehrheit. In den meisten ländlichen Regionen der Sprachinsel dominierte jedoch weiterhin die Gottscheer Mundart.

Infolge der Wirtschaftskrise wurde in den 1930er-Jahren das Hornwalder Sägewerk geschlossen und die Kleinbahn abgerissen, so dass viele Menschen ihre Arbeit verloren. Vor dem Hintergrund einer gezielten Bevorzugung von Slowenen gegenüber ethnischen Deutschen durch die Behörden verschärften sich die Gegensätze zwischen den beiden Sprachgruppen. Nationalsozialistische Propaganda fand bei den Gottscheern zunehmend Anklang.


Zweiter Weltkrieg



Aussiedlung der Gottscheer

Die Geschichte der Gottscheer ist ein Beispiel für den Missbrauch von nationalen Minderheiten. Die während des Zweiten Weltkrieges noch größtenteils deutschen bzw. deutschstämmigen Einwohner (Gottscheer) wurden – ähnlich wie die Südtiroler – zum politischen Verhandlungsgegenstand zwischen Hitler und Mussolini. Der Grund war, dass das besetzte Königreich Jugoslawien (und damit auch Slowenien) im Zweiten Weltkrieg zwischen den Siegern aufgeteilt wurde.

Von der Umsiedlung betroffene deutschstämmige Familie in einer Ausweisstelle in Gottschee, 1941 (im Eisenbahnwaggon)
Von der Umsiedlung betroffene deutschstämmige Familie in einer Ausweisstelle in Gottschee, 1941 (im Eisenbahnwaggon)

Als Ergebnis der Verhandlungen verzichtete Hitler auf Unterkrain. Damit kam die Gottschee unter italienische Verwaltung, ähnlich wie auch das Küstenland Sloweniens und Laibach. Als Ergebnis wurde der größte Teil der Gottscheer Bewohner zwischen November 1941 und Januar 1942 tiefer in das „Reich“ umgesiedelt. Das neue Siedlungsgebiet sollte in der annektierten Untersteiermark bzw. in Deutschland liegen. Die Gottscheer bekamen in der Steiermark Höfe von wiederum selbst vertriebenen Slowenen. Von den etwa 600 zurückgebliebenen Deutschen (rund vier Prozent) schlossen sich viele den Partisanen an. Hiervon berichtet der slowenische Historiker Zdravko Troha, doch wird dies beispielsweise auch in der slowenischen politischen Wochenzeitschrift Mladina beschrieben.[3][4]

Die meisten der ehemals deutschen Siedlungen wurden schon durch die italienischen Besatzer absichtlich zerstört und die Natur nahm sich das Land zurück. Das Gebiet blieb menschenleer.[5]


Versammlung von Kočevje

Nach der Kapitulation Italiens am 8. September 1943 war Kočevje ein Teil des von Partisanen befreiten Gebietes, das zu diesem Zeitpunkt, als die Wehrmacht nur Ljubljana und die Bahnverbindung nach Triest hielt, etwa die Hälfte Sloweniens umfasste. Vom 1. Oktober bis zum 3. Oktober 1943 fand hier die „Versammlung von Kočevje“ (slowenisch Kočevski zbor) – offizieller Name: Zbor odposlancev slovenskega naroda / Versammlung der Delegierten der slowenischen Nation. 572 Delegierte und 78 andere Teilnehmer beschlossen den Anschluss von Primorska (Küstenland) an Slowenien und bestimmten eine Delegation für den „Antifaschistischen Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ), der am 29. November 1943 in Jajce stattfand. Weiterhin wurde die führende Rolle der Slowenischen Befreiungsfront OF bestätigt. Aufgrund der Gefahr von Luftangriffen tagte man nur nachts.[6]


Deutsche Besatzung

Ende Oktober 1943 griffen die Wehrmacht und die slowenische Landwehr (Domobranci) die Stadt Gottschee von der Kulpa aus an und eroberten sie am 23. Oktober. Am 9. Dezember 1943 begann ein Großangriff der Partisanen, welche die deutschen Truppen am 12. Dezember in das Schloss der Auersperger zurückwarfen. Eine Einsatzgruppe der Wehrmacht aus Laibach zwang schließlich die Partisanen noch am selben Tag zum Rückzug, wobei ein Großteil der Altstadt einschließlich des Schlosses der Auersperger zerstört wurde. 32 Domobranzen und neun deutsche Soldaten fielen bei diesen Kämpfen. Zu weiteren Zerstörungen in der Stadt kam es durch weitere Angriffe der Partisanen und alliierte Luftangriffe, die bis 1945 anhielten. Die Wehrmacht hielt die Stadt Gottschee bis kurz vor dem Kriegsende, übte aber darüber hinaus kaum Kontrolle über das Gottscheer Land aus. Am 3. Mai 1945 begann der letzte Partisanenangriff, der die Wehrmacht schließlich zum Rückzug zwang, so dass am 5. Mai 1945 die Partisanen endgültig die Stadt einnahmen.[7]


Sozialistisches Jugoslawien


Das zu großen Teilen menschenleere Gebiet wurde nach 1945 mit Menschen aus anderen Gebieten Sloweniens und ganz Jugoslawiens neu besiedelt. Anders als in vielen Dörfern gab es in der Stadt Gottschee eine Restbevölkerung, meist Slowenen. Während die Mehrheit der Dörfer verfiel, wuchs die Bevölkerung in der Stadt Kočevje und den umliegenden Dörfern. Das Zentrum der Stadt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in moderner Architektur aufgebaut.


Gottscheer Altsiedler


Das Ergebnis von Umsiedlung und Vertreibung war, dass nach dem Krieg die deutsche Bevölkerung aus dem Gebiet größtenteils verschwunden ist. Heute gibt es nur noch wenige Deutschstämmige, die in Gottschee und Umgebung leben. Größer wird deren Zahl im Tal Moschnitze am östlichen Rand der einstigen Sprachinsel geschätzt, das aber nicht zur Gemeinde Kočevje, sondern zu den Gemeinden Dolenjske Toplice und Semič gehört. Im Dorf Občice (dt.: Krapflern, Gemeinde Dolenjske Toplice) unterhalten sie eine Begegnungsstätte.[8] In den vergangenen Jahren wird in der slowenischen Öffentlichkeit vermehrt kritisch über die Vertreibung der Gottscheer berichtet und es wird versucht, ihren Beitrag in der Geschichte zu würdigen.[9]


Wirtschaft


Heute sind Textil-, Chemie- und Forstwirtschaft sowie Handel die wichtigsten Wirtschaftszweige. Bergbau findet inzwischen nicht mehr statt. Die während des Tagebaus entstandenen, mit Wasser gefüllten Gruben werden inzwischen als Naherholungsgebiete genutzt (sehe Gottscheer See).


Sehenswürdigkeiten


Gottscheer See (Kočevsko jezero)
Gottscheer See (Kočevsko jezero)
Bartholomäuskirche
Bartholomäuskirche
Kirche Corpus Christi (Fronleichnamskirche), Trata, Stadt Gottschee
Kirche Corpus Christi (Fronleichnamskirche), Trata, Stadt Gottschee
Aufschrift auf Gottscheerisch an der Kapelle des Heiligen Grabes bei der Fronleichnamskirche Trata
Aufschrift auf Gottscheerisch an der Kapelle des Heiligen Grabes bei der Fronleichnamskirche Trata

Šeškov dom



Partnergemeinden


Kočevje unterhält Partnerschaften mit folgenden Städten und Gemeinden:[13][14]


Persönlichkeiten



Eingemeindete Orte in der Gesamtgemeinde



Literatur




Commons: Kočevje – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Gottschee in der Topographia Austriacarum (Matthäus Merian) – Quellen und Volltexte
Wikisource: Gottschee im Anhang der Topographia Austriacarum (Matthäus Merian) – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise


  1. Einwohnerzahlen 2021 Kočevje auf https://www.citypopulation.de/
  2. K.K. Statistische Central-Commission, Special-Orts-Repertorien der im Oesterreichischen Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Band VI Krain (Wien 1883) S. 16.
  3. Mladina, 23. Februar 2004: Nemci, ki so bili partizani (Deutsche, die Partisanen waren) (Memento des Originals vom 16. Januar 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mladina.si
  4. Zdravko Troha: Kočevski Nemci-partizani. (Die Gottscheer-Partisanen) Kočevje, Arhiv Slovenije, Ljubljana 2004, Slovensko kočevarsko društvo Peter Kosler, ISBN 961-91287-0-2.
  5. Mitja Ferenc: Kočevska, pusta in prazna – Nemško jezikovno območje na Kočevskem po odselitvi Nemcev. (Die Gottschee, öde und leer – Die deutsche Sprachinsel in Kočevje nach dem Wegzug der Gottscheer), 2006, ISBN 961-6183-80-X.
  6. M. Leskovšek-Svete: 70. Obletnica Zbora odposlncev: Bil je odločilen prelom s podložnistvom. (70. Jahrestag der Tagung der Delegierten: Es war ein entschiedener Bruch mit der Leibeigenschaft.) Dolenjski list, 10. Oktober 2013, S. 1.
  7. Erich Petschauer: Jahrhundertbuch der Gottscheer. 1980. Kapitel Der Untergang der Stadt Gottschee.
  8. Offizielle Website: http://www.gottscheer.net/
  9. Drnovšek: Kočevarji so enakopravni državljani (Die Gottscheer sind gleichberechtigte Staatsbürger), Delo (slowenische Tageszeitung) vom 16. März 2006: http://www.delo.si/index.php?sv_path=41,35,125674@1@2Vorlage:Toter+Link/www.delo.si (Seite+nicht+mehr+abrufbar,+Suche+in+Webarchiven) Datei:Pictogram+voting+info.svg Info:+Der+Link+wurde+automatisch+als+defekt+markiert.+Bitte+prüfe+den+Link+gemäß+Anleitung+und+entferne+dann+diesen+Hinweis.+
  10. Javni zavod za turizem in kulturo Kočevje: Kočevje See. Abgerufen am 20. Juli 2022.
  11. Kočevje Regional Museum - Culture.si. 24. Februar 2022, abgerufen am 20. Juli 2022 (amerikanisches Englisch).
  12. Javni zavod za turizem in kulturo Kočevje: Regionalmuseum Kočevje und Šeškov dom. Abgerufen am 20. Juli 2022.
  13. Homepage der Gemeinde Kočevje (Memento des Originals vom 26. September 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kocevje.si, abgerufen am 5. Juni 2021
  14. Pobratene občine - Städtepartnerschaften (slowenisch), abgerufen am 5. Juni 2021.
  15. Halluin à l'international, abgerufen am 5. Juni 2021.



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