Lindenstruth ist ein Ortsteil der Gemeinde Reiskirchen im mittelhessischen Landkreis Gießen. Der Ort liegt östlich des Hauptortes an der Wieseck in Oberhessen. Durch den Ort verläuft die Bundesstraße 49.
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zu weiteren Bedeutungen siehe Lindenstruth (Begriffsklärung).
Besiedlungsspuren gibt es bereits aus der Zeit zwischen 1200 und 800 v. Chr. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Lindenstruth erfolgte jedoch erst im Jahr 1243 unter dem Namen Lindenstrud.[2] In erhaltenen Urkunden späterer Zeit wurde der Ort mitn folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[2]Lindestrut (1286), Lindinstrod und Lindenstrut.
Die Evangelische Kirche Lindenstruth wurde um 1370 als gotische Saalkirche erbaut und erhielt im Jahr 1741 ihre maßgebliche Gestalt. Die Innenausstattung wurde Ende der 1950er Jahre erneuert.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Lindenstruth:
„Lindenstruth (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt an der Chaussee von Giessen nach Alsfeld, 2 St. von Grünberg, hat 1 Kirche, 51 Häuser und 291 Einwohner, die evangelisch sind, und unter welchen sich 41 Bauern und 3 Taglöhner befinden. – Strut heißt das Gebüsch, wovon der Ort ohne Zweifel seinen Namen hat. Ein Altenstrudt lag in der Nähe, ist aber ausgegangen.“[3]
Zum 1. Januar 1977 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbstständige Gemeinde Lindenstruth durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen in die Gemeinde Reiskirchen eingegliedert.[4] Für Lindenstruth wurde wie die übrigen Ortsteile Reiskirchens ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5]
Territorial- und Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Territorien, in denen Lindenstruth lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[2][6][7]
1391 und später: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Landgericht Grünberg (einzelne Güter unterstehen der Vogtei Winnerod)
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Grünberg[8]
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1604: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Grünberg,[9][10]
In Lindenstruth galt der Stadt- und Amtsbrauch von Grünberg als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit der Amtsbrauch keine Bestimmungen enthielt. Dieses Sonderrecht alten Herkommens behielt seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, bis es zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[14]
Gerichtsverfassung seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Lindenstruth das „Amt Grünberg“ zuständig. Im Großherzogtum Hessen wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übertragen. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Lindenstruth zuständig war.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, wobei Lindenstruth dem Amtsgericht Gießen zugelegt wurde.[16]
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Lindenstruth 936 Einwohner. Darunter waren 30 (3,2%) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 171 Einwohner unter 18 Jahren, 369 zwischen 18 und 49, 240 zwischen 50 und 64 und 153 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 363 Haushalten. Davon waren 102 Singlehaushalte, 108 Paare ohne Kinder und 105 Paare mit Kindern, sowie 39 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 57 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 264 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: LAGIS[2]; nach 1980: Gemeinde Reiskirchen (HW+NW-Sitze) im Haushaltsplan Vorbericht[21]; Zensus 2011[17]
Erwerbspersonen: 93Land- und Forstwirtschaft, 92Produzierendes Gewerbe, 26Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 29Dienstleistungen und Sonstiges.[2]
Infrastruktur
Seit dem 15. März 1955 sorgt die Freiwillige Feuerwehr Lindenstruth (seit 1972 mit Jugendfeuerwehr) für den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe in diesem Ort.
Im Ort bestehen das Bürgerhaus „Wieseckhalle“ in der Alsfelder Straße, die Kindertagesstätte „Sternschnuppe“, der Sportplatz, ein Jugendraum, Kinderspielplätze sowie Rad- und Wanderwege.
Literatur
Literatur über Lindenstruthnach Register In: Hessische Bibliographie
Lindenstruth, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
Haushaltsplan 2021.(PDF; 12MB)In:Webauftritt.Gemeinde Reiskirchen,S.15 (Vorbemerkungen),abgerufen im März 2022.
Lindenstruth, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15.Januar 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.154 (Online bei google books).
Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13.Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr.17, S.237ff., §6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,2MB]).
Hauptsatzung.(PDF;143kB)§5.In:Webauftritt.Gemeinde Reiskirchen,abgerufen im August 2020.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.13ff., §26 Punkt d) III. (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.8 (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.419 (online bei Google Books).
Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 67, Anm. 40 und S. 103.
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12.Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr.4, S.41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 298kB]).
Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.119 (Online bei google books).
Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.11 (Online bei google books).
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