Hattenrod ist ein Ortsteil der Gemeinde Reiskirchen im mittelhessischen Landkreis Gießen. Der Ort liegt südöstlich des Hauptortes in Oberhessen. Im Ort treffen sich die Landesstraße 3355 und die Kreisstraße 152.
Eine Besiedlung des Ortes fand wahrscheinlich schon zwischen den Jahren 800 und 1100 statt. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung erfolgte unter dem Namen Hattenroht erst im Jahr 1226 in einer Urkunde der Stadt Wetzlar.[1] In erhaltenen Urkunden späterer Jahre erschien der Ortsname in wechselnder Schreibweise (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]Hattinrode (1237), Haddenrode (1238), Hatteroth (1239), Hatthenroth (1248/1249), Hatterode (1257), Attenrode (1277), Hattenrode (1285) und Hattenroide (1311).
Die Evangelische Kirche des Orts wurde im 14. Jahrhundert erbaut. Erhalten sind heute der spätgotische Turmschaft aus dem 14. oder 15. Jahrhundert und der dreigeschossige Helmaufbau von 1706. Das Kirchenschiff wurde 1947 wegen Baufälligkeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der Ostern 1952 eingeweiht wurde. Bedeutend ist der spätgotische bemalte Flügelaltar, der nach 1489 entstand.
Zum 31. Dezember 1970 fusionierten die bis dahin selbständigen Gemeinden Reiskirchen, Hattenrod, Saasen und Winnerod im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur neuen Großgemeinde Reiskirchen.[3][4] Für die eingegliederten Gemeinden wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5]
Territorial- und Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Territorien, in denen Hattenrod lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6][7]
vor 1718: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Lich, Amt Lich
ab 1718: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Hohensolms-Lich, Amt Lich
ab 1792: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Hohensolms-Lich, Amt Lich
ab 1806: Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Lich (des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)[8]
ab 1815: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Lich (des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)[9]
ab 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Lich (Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Lich des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)
ab 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen[10]
ab 1837: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
ab 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
ab 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Hattenrod ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Hohensolms-Lich“ in Lich zuständig. Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Ab 1822 ließen die Fürsten von Solms-Hohensolms-Lich ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Lich“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Hattenrod zuständig war.[11] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[12]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[13]
Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Lich aufgelöst und Hattenrod dem Amtsgericht Gießen zugeteilt.[14]
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Hattenrod 582 Einwohner. Darunter waren 12 (2,1%) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 96 Einwohner unter 18 Jahren, 240 zwischen 18 und 49, 138 zwischen 50 und 64 und 111 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 255 Haushalten. Davon waren 72 Singlehaushalte, 81 Paare ohne Kinder und 75 Paare mit Kindern, sowie 21 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 60 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 174 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]
Einwohnerentwicklung
Hattenrod: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2019
Jahr
Einwohner
1830
419
1834
470
1840
514
1846
500
1852
503
1858
456
1864
360
1871
386
1875
395
1885
373
1895
399
1905
426
1910
428
1925
436
1939
433
1946
659
1950
648
1956
560
1961
544
1967
515
1980
?
1990
?
2000
?
2011
582
2012
612
2015
598
2019
643
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1]nach 1980: Gemeinde Reiskirchen (HW+NW-Sitze) im Haushaltsplan Vorbericht[2]; Zensus 2011[16]
Erwerbspersonen: 114Land- und Forstwirtschaft, 109Produzierendes Gewerbe, 26Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 26Dienstleistungen und Sonstiges.[1]
Infrastruktur
Hattenrod Dorfgemeinschaftshaus und Feuerwehrhaus
Die Freiwillige Feuerwehr Hattenrod sorgt für den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe in diesem Ort.
Sehenswürdigkeiten
Naturdenkmäler
Dicke Eiche bei Hattenrod mit einem Brusthöhenumfang von 5,95 m (2014).[17]
Literatur
Literatur über Hattenrodnach Registernach GND In: Hessische Bibliographie
Ortsteil Hattenrod.In:Webauftritt.Gemeinde Reiskirchen;abgerufen im August 2018
Hattenrod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
Hattenrod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8.Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Haushaltsplan 2021.(PDF; 12MB)In:Webauftritt.Gemeinde Reiskirchen,S.15 (Vorbemerkungen),abgerufen im März 2022.
Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Reiskirchen“, Landkreis Gießen vom 6.Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.4, S.140, Punkt 166 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 6,3MB]).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.=364.
Hauptsatzung.(PDF;143kB)§5.In:Webauftritt.Gemeinde Reiskirchen,abgerufen im August 2020.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.22,438f. (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.424 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.135 (online bei Google Books).
Theodor Hartleben (Hrsg.):Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Teil 1. Band2. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S.271 (online bei Google Books).
Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7.August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 42,9MB]).
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11.April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr.10, S.63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 13,6MB]).
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