Dorf-Güll liegt am Obergermanischen Limes am Rande der Wetterau in Mittelhessen. Im Ort treffen sich die Landesstraßen L3131 und L3135. Im Westen verläuft die Bundesautobahn 5.
Geschichte
Kirche in Dorf GüllEhemalige Schule, heutiger Kindergarten
Überblick
Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf im Jahre 799 im Lorscher Codex.[3]
In weiteren erhaltenen Urkunden wurde der Ort unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]in duabus villis Gullen et Bercheim (um 750/802; deutsch: in den beiden Dörfern Gullen und Bercheim), in Gullenere marca (799; deutsch: in der Gullener Mark), in Gulliner marca (804), Gulle (1151), Gulle (1152), Oberngulle (1210), Gulle (1330).
1210 wird eine Kapelle im Dorf erwähnt. Die heutige Evangelisch-reformierte Kirche wurde im Jahr 1737 gebaut. 1904 kam eine eigene Schule dazu.
Die Gemeinde Pohlheim wurde am 31. Dezember 1970 im Zuge der Gebietsreform in Hessen durch freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Dorf-Güll, Garbenteich, Grüningen, Hausen, Holzheim und Watzenborn-Steinberg gegründet.[4][5] Für Dorf-Güll wurde, wie für die übrigen ehemaligen Gemeinden von Pohlheim, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]
Staats- und Verwaltungsgeschichte
Die folgende Liste zeigtim Überblick die Staaten, in denen Dorf-Güll lag, sowie deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]
vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Unteres Erzstift, Oberamt Höchst und Königstein, Amt und Kellerei Vilbel und Rockenberg, Gebiet der Abtei Arnsburg
ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Braunfels (durch Reichsdeputationshauptschluss), Amt Hungen
ab 1806: Großherzogtum Hessen (Mediatisierung), Fürstentum Oberhessen, Amt Hungen (des Fürstentums Solms-Braunfels)[9]
ab 1815: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[10]
ab 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen[11][Anm. 1]
ab 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen[Anm. 2]
ab 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Hungen
ab 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
ab 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Gießen
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Dorf-Güll ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Hungen und später Wölfersheim zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Dorf-Güll zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[12] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[13]
Durch die Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen mit Wirkung vom 15. Oktober 1853[14] kam Dorf-Güll zum Landgericht Lich.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15]
Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Lich aufgelöst und Dorf-Güll dem Amtsgericht Gießen zugeteilt.[16]
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Dorf-Güll 1356 Einwohner. Darunter waren 27 (2,0%) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 297 Einwohner unter 18 Jahren, 522 zwischen 18 und 49, 327 zwischen 50 und 64 und 310 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 510 Haushalten. Davon waren 117 Singlehaushalte, 147 Paare ohne Kinder und 186 Paare mit Kindern, sowie 51 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 90 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 357 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]
Einwohnerentwicklung
Dorf-Güll: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2011
Jahr
Einwohner
1830
350
1834
365
1840
349
1846
379
1852
396
1858
371
1864
395
1871
359
1875
381
1885
407
1895
411
1905
402
1910
424
1925
437
1939
433
1946
757
1950
740
1956
609
1961
612
1967
660
1980
?
1990
?
2000
?
2011
1.356
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: Zensus 2011[17]
Erwerbspersonen: 151Land- und Forstwirtschaft, 105Prod. Gewerbe, 21Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 39Dienstleistungen und Sonstiges[1]
Vereine
In Dorf-Güll gibt es eine Vereinsgemeinschaft, die aktiv das Dorfleben mitgestaltet. Dorf-Güll zählt 13 Vereine, unter anderem die Freiwillige Feuerwehr, einen Gesangsverein, einen Sportverein und die Tragerlfreunde.[18]
Söhne und Töchter des Ortes
Heinrich Sames (1865–1939), hessischer Landtagsabgeordneter (DDP)
Anmerkungen
Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Wölfersheim des Fürsten Solms-Braunfels.
Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Wölfersheim“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung.
Einzelnachweise
Dorf-Güll, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17.April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Zahlen und Daten.Einwohner-Struktur.(Nicht mehr online verfügbar.)In:Webauftritt.Stadt Pohlheim,archiviertvomOriginalam16.April 2019;abgerufen im April 2019.
Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Pohlheim“, Landkreis Gießen vom 6.Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.4, S.140, Punkt 165 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 6,3MB]).
Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel:Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC180532844, S.307.
Hauptsatzung.(PDF;97kB)§6.In:Webauftritt.Gemeinde Pohlheim,abgerufen im August 2020.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G.Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.21f.,438 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.424 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.135 (online bei Google Books).
Theodor Hartleben (Hrsg.):Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Band 2, Teil 1. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S.271 (online bei Google Books).
Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7.August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 42,9MB]).
Bekanntmachung vom 4. Oktober 1853, 1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein; 2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend. (Hess. Reg.Bl. S. 640–641)
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11.April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr.10, S.63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 13,6MB]).
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2025 WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии