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Die Ackerbürgerstadt Bevergern ist ein Stadtteil von Hörstel in der westfälischen Region Tecklenburger Land (Kreis Steinfurt). Im Jahr 1991 erhielt Bevergern die Goldmedaille im Bundeswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden.

Bevergern
Stadt Hörstel
Wappen der ehemaligen Gemeinde Bevergern
Wappen der ehemaligen Gemeinde Bevergern
Einwohner: 4336 (31. Dez. 2019)[1]
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 48477
Vorwahl: 05459
Bevergern (Nordrhein-Westfalen)
Bevergern (Nordrhein-Westfalen)

Lage von Bevergern in Nordrhein-Westfalen

Die Altstadt von Bevergern mit ihren charakteristischen Fachwerkhäusern
Die Altstadt von Bevergern mit ihren charakteristischen Fachwerkhäusern
Die Altstadt von Bevergern mit ihren charakteristischen Fachwerkhäusern

Geschichte


Marien-Kirche
Marien-Kirche

Eine Ortschaft mit dem Namen Bevergern fand erstmals im Jahre 1123 urkundliche Erwähnung. Mit Beginn des 14. Jahrhunderts ließen die Grafen von Tecklenburg zur südlichen Grenzsicherung eine Burg auf einem Höhenrücken errichten. Am Fuße der Burg Bevergern entwickelte sich die Ortschaft Bevergen, die bereits am 25. Juli 1366 die Stadtrechte von Graf Nikolaus I. von Tecklenburg erhielt.[2]

Nach ständigen Auseinandersetzungen des Grafen Nikolaus II. von Tecklenburg mit den mächtigen Nachbarn Münster und Osnabrück, fiel Bevergern im Jahr 1400 an das Hochstift Münster. In der Burg Bevergern befand sich fortan der Sitz der Amtsverwaltung. Bevergern wechselte im Dreißigjährigen Krieg mehrfach den Besitzer. Bei einem großen Brand 1658 wurde die gesamte Stadt bis auf die Kirche zerstört. Nachdem das Hochstift Münster wiederum in Besitz von Bevergern gelangte, wurde die Burg letztlich von Bischof Ferdinand II. im Zeitraum vom 6. bis 15. März 1680 gesprengt und der Amtssitz nach Rheine verlagert. Dies hatte eine Stagnation der Entwicklung von Bevergern zur Folge.[3]

Mit dem Anschluss an das Königreich Preußen 1803 und nach der napoleonischen Herrschaft 1816 gelangte Bevergern mit der Gründung des Kreises Tecklenburg in das Tecklenburger Land zurück.

Am 30. August 1923 zerstörte ein Großbrand sieben Häuser an der Herrenstraße und Dicke-Wiewer-Gasse.[4]

Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte Bevergern um die Ostertage 1945. Am Abend des 31. März 1945 wurden die Brücken über den Dortmund-Ems-Kanal durch die Wehrmacht gesprengt, nachdem schon am Morgen des Vortages (Karfreitag) der Luftlande- bzw. Panzeralarm gegeben wurde. Vom Nachbarort Riesenbeck her rückten am folgenden Tag (Ostersonntag) britische Truppen auf Bevergern vor, sie zogen sich jedoch nach dem Verlust zweier Panzer am Sanderskamp zurück. Am 3. April fuhr ein britischer Jeep bis vor das Amtsgebäude in Bevergern, die britischen Soldaten wurden daraufhin gefangen genommen. Am 4. April räumten die deutschen Truppen den Ort und nahmen dabei einen Bevergerner mit, der vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollte. Er konnte jedoch in Recke die Freiheit wieder erlangen. Am 5. April wurde Bevergern von britischen Truppen besetzt, die am 14. April das Amtshaus beschlagnahmten. Die Amtsverwaltung wurde in die Schule verlegt. Paul Büscher wurde von den Briten zum neuen Bürgermeister der Stadt ernannt.[5]

Mit der Gebietsreform am 1. Januar 1975 (§ 29 Münster/Hamm-Gesetz) verlor Bevergern die politische Selbständigkeit, brachte aber die Stadtrechte in die neue Stadt Hörstel ein.[6] Wappentier von Bevergern ist der Biber, der sich auch im Stadtwappen von Hörstel wiederfindet. Partnergemeinden der Stadt Hörstel sind Waltham Abbey im Vereinigten Königreich und Dalfsen in den Niederlanden.

Der heutige Stadtteil liegt am Radfernweg der 100-Schlösser-Route und an zahlreichen weiteren Radwanderwegen. Jährlich findet der Castellans Folk Sommer, ein Folkfestival, am Dortmund-Ems-Kanal statt. Der Bevergerner Karneval ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Das Heimathaus befindet sich im Stadtkern; es war eine Schenkung von Anton Hilckman und wurde 1966 eingeweiht. Charakteristisch für die Altstadt des Bundesgolddorfes Bevergern sind die Kopfsteinpflaster, die Fachwerkhäuser und die Gassen. Auf dem Dorfplatz sind im Pflaster die Grundmauern der 1680 zerstörten Burg Bevergern, die in ihrer Geschichte immer wieder Ausgangspunkt von Streitigkeiten war, angedeutet. Vom Kloster Gravenhorst führt ein historischer Fluchtweg, das Nonnenpättken, zum Klosterhof im Ortskern von Bevergern. Zu den markantesten Gebäuden zählt der Saltenhof, den 1938 SA-Chef Viktor Lutze für sich bauen ließ. Als das Wahrzeichen Bevergerns gilt das Nasse Dreieck: Hier zweigt der Mittellandkanal vom Dortmund-Ems-Kanal ab. Weiterhin ist der Torfmoorsee, ein großer Badesee, der im Zuge des Autobahnbaus der Autobahn 30 ausgehoben wurde, ein beliebtes Ausflugsgewässer. Die Bevergerner Aa fließt von Riesenbeck kommend (dort als Flötte bekannt) durch den Ort, um dann auf Rheiner Stadtgebiet unter der Bezeichnung Hemelter Bach in die Ems zu münden.

Am 11. Dezember 2018 wurde in Bevergern der erste Stolperstein der Stadt Hörstel verlegt. Gunter Demnig setzte in der Sendstraße einen Stein für den Arzt Dr. Otto Weber, der am 14. Juni 1940 im KZ Buchenwald erschossen wurde.[7]


Bürgermeister der ehemaligen Stadt Bevergern



Bevergerner „Karfriedagsdracht“


Leidenswerkzeuge, Grabchristus und trauernde Madonna werden in dieser Reihenfolge bei der Prozession mitgeführt.
Leidenswerkzeuge, Grabchristus und trauernde Madonna werden in dieser Reihenfolge bei der Prozession mitgeführt.
Zittert aller Welten Herzen (6. Strophe und z. T. erste Zeile der 7.) aus dem Gesangbuch von Deutgen. Auf dieselbe Melodie wird auch "Kommt mit reuerfüllten Herzen" gesungen, ein weiterer der besonderen Bevergerner Karfreitagsgesänge.

Bevergern gehört zu den wenigen Orten in Westfalen, in denen eine alte Form der Karfreitagsprozession bewahrt wurde. Nach der Liturgie am Nachmittag setzt sich der Zug in Bewegung. Er führt heutzutage am Stadtgraben und ungefähr am ehemaligen Verlauf der Stadtmauer entlang. Früher ging er durch das Karfreitagsgässchen, einen engen Durchgang zwischen den Häusern der Altstadt, der allerdings im Rahmen der Altstadtsanierung beseitigt wurde. Mitgeführt werden neben den Leidenswerkzeugen noch ein Grabchristus und eine trauernde Madonna. Männer und Frauen gehen getrennt voneinander mit der Prozession, sodass sich Leidenswerkzeuge/Grabchristus/trauernde Madonna zwischen ihnen in der Mitte des Zuges befinden. An fünf Stationen macht die Prozession Halt, jeweils wird ein Gesätz des „Schmerzhaften Rosenkranzes“ gebetet. Die „Karfriedagsdracht“ endet in der Pfarrkirche mit dem Lied „Christi Mutter stand mit Schmerzen“.

Als Besonderheit werden während der Bevergerner Karfreitagsprozession auch alte Lieder aus der Zeit des Hochstiftes Münster gesungen werden, die andernorts längst in Vergessenheit geraten sind. Drei der vier besonderen Lieder stammen aus dem 1781 erstmals und 1792 im (damaligen Fürst-)Bistum Münster erschienenen Gesangbuch Neues katholisches Gesangbuch zur Belehrung und Erbauung der Christen des Osnabrücker Domvikars Rudolph Deutgen. Dies sind Kommt mit reuerfülltem Herzen,[10] Weg mit Jesus, er soll sterben[11] und Zittert, aller Welten Herzen.[12] Die Melodien zu diesem Gesangbuch und folglich auch die der Bevergerner Karfreitagsgesänge (sofern es sich nicht um ältere, übernommene Melodien handelt) schrieb Johann Conrad Hemmis (geb. verm. 1727 in Eikeloh; 1744 zweiter Organist am Dom zu Osnabrück; ab 1756 bis zu seinem Tod 1786 dort Domkapellmeister).[13]

Das Lied Kommt mit reuerfülltem Herzen war noch als fünfstrophiger Gesang Bestandteil des Katholischen Gesangbuches für die Diöcese Hildesheim (Druck u. Verlag J. Kornacker, Hildesheim 1893)[14] unter der Nummer 94/S. 81.[15] Dorthin gelangte es ebenfalls aus dem Gesangbuch von Deutgen,[16] das der letzte Fürstbischof 1787 zum Stifthildesheimischen Diözesangesangbuch gemacht hatte.[17] Die Melodie ist nicht mit der aus Bevergern identisch; als Urheber für die Hildesheimer Variante wird ein Ph. Liste 1818[18] angegeben.

Eine Choralbearbeitung von Kommt mit reuerfülltem Herzen verfasste Otto Dunkelberg.[19]


Persönlichkeiten


Das „Haus Hilckman“ in der Bevergerner Altstadt; es beherbergt heute das Heimathaus des Ortes
Das „Haus Hilckman“ in der Bevergerner Altstadt; es beherbergt heute das Heimathaus des Ortes

Literatur




Commons: Bevergern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Zahlen, Daten, Fakten. Website der Stadt Hörstel, abgerufen am 24. Mai 2020.
  2. Feier am Jacobitag mit Silvesterband. In: Ibbenbürener Volkszeitung. 21. Juli 2018.
  3. http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/urkunden_datenbank/suche/vollansicht_archiv.php?id=269 LWL – Geschichte und Urkunden der Stadt Bevergern
  4. Erinnerungen an den Großbrand August 1923. In: Ibbenbürener Volkszeitung. 12. August 1981, S. 14.
  5. Oster„fest“ in Bevergern vor dreißig Jahren... In: Ibbenbürener Volkszeitung. 27. März 1975.
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 318.
  7. Ehrung für ermordeten Dr. Otto Weber. In: Ibbenbürener Volkszeitung. 12. Dezember 2018.
  8. 25 Jahre danach. Beilage der Ibbenbürener Volkszeitung. 5. November 1970.
  9. Karl Dierkes erinnert an die ersten Tage der Bevergerner Ortsunion.@1@2Vorlage:Toter Link/archiv.ivz-aktuell.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Ibbenbürener Volkszeitung. 14. September 1998, abgerufen am 29. Juli 2018.
  10. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  11. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  12. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  13. dohr.de
  14. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  15. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  16. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  17. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  18. sammlungen.ulb.uni-muenster.de
  19. portal.dnb.de



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