Villnachern (das V wie ein F gesprochen; schweizerdeutsch: ˈfɪlˌnɑχərə)[5] ist eine Einwohnergemeinde im Schweizer Kanton Aargau. Sie gehört zum Bezirk Brugg und liegt rund drei Kilometer westsüdwestlich des Bezirkshauptorts.
Villnachern | |
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Staat: | Schweiz![]() |
Kanton: | Kanton Aargau![]() |
Bezirk: | Brugg |
BFS-Nr.: | 4122i1f3f4 |
Postleitzahl: | 5213 |
Koordinaten: | 654388 / 25804347.470918.16006365 |
Höhe: | 365 m ü. M. |
Höhenbereich: | 332–574 m ü. M.[1] |
Fläche: | 5,75 km²[2] |
Einwohner: | 1654 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 288 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 16,1 % (31. Dezember 2020)[4] |
Website: | www.villnachern.ch |
![]() Villnachern von der Habsburg aus gesehen | |
Lage der Gemeinde | |
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Das Dorf liegt in einer Mulde zwischen dem westlichen Ufer der Aare und den Hängen von Ausläufern des zum Tafeljura gehörenden Bözbergs. Ganz im Südwesten liegen die durch ein tief eingeschnittenes Tobel getrennten Hügel Buech und Grüt. Daran schliessen sich im Nordwesten das Tobel des Talbachs und schliesslich das Hauptplateau des Bözbergs an. Die Hauptsiedlung liegt am Ausgang des Talbachtobels beidseits des Baches. Über das Gemeindegebiet liegen mehrere Einzelhöfe verstreut. Die Aare besteht in diesem Bereich aus zwei parallel verlaufenden Flussarmen. Diese sind durch die rund vier Kilometer lange und durchschnittlich 150 Meter breite Schacheninsel voneinander getrennt, die durch angeschwemmtes Geschiebe entstanden ist.[6]
Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 575 Hektaren, davon sind 281 Hektaren mit Wald bedeckt und 76 Hektaren überbaut.[7] Der höchste Punkt liegt auf 572 Metern im Gebiet Widacher im Nordwesten, der tiefste auf 338 Metern an der Aare. Nachbargemeinden sind Bözberg im Norden, Brugg im Südosten und Schinznach im Süden.
Funde aus der Jungsteinzeit weisen auf eine frühe Besiedlung dieser Gegend hin. Ausserdem fand man Reste römischer Bauten sowie alamannische Gräber. 1141 wurde Filnacker erstmals urkundlich erwähnt, als das Kloster St. Blasien seinen Besitz an die Habsburger verkaufte. Der Ortsname stammt vom althochdeutschen (ze) Filin ahharun und bedeutet «bei den Äckern des Filo». Im Habsburger Urbar von 1306 erscheint der Name Wilnach.[5] Später gelangte das Dorf zur Herrschaft Schenkenberg. Die Burg Villnachern gehörte ab Mitte des 13. Jahrhunderts den Herren von Ostrach (die Familie steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Ort Ostrach im Allgäu, denkbar wäre vielmehr ein Bezug zur Stadt Uster).[8] Diese Familie starb vor 1450 aus und die Burg verfiel noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu einer Ruine.
Bern besetzte 1460 die Herrschaft Schenkenberg militärisch und fügte sie als neue Landvogtei den übrigen Untertanengebieten im Berner Aargau an. Villnachern bildete innerhalb der Landvogtei einen eigenen Gerichtsbezirk. 1528 führten die Berner die Reformation ein und teilten das Dorf 1732 dem neu gebildeten Amt Kasteln zu. Im März 1798 nahmen die Franzosen die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Villnachern gehört seither zum Kanton Aargau.
Während der frühen Neuzeit wurden in Steinbrüchen Muschelkalkstein und Gips abgebaut. Am 2. August 1875 erfolgte mit der Eröffnung der Bözbergstrecke der Anschluss ans Eisenbahnnetz, die Station lag allerdings etwas abseits am Hang des Bözbergs. Die Villnacherer Rebberge bedeckten einst eine Fläche von über 40 Hektaren, fielen jedoch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitgehend der Reblaus zum Opfer. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wandelte sich Villnachern von einer Bauern- zu einer Wohngemeinde. Die Einwohnerzahl stieg allein zwischen 1970 und 1990 um über 70 Prozent.
Am 5. April 2009 stimmten die Stimmberechtigten einer geplanten Fusion mit den Nachbargemeinden Schinznach-Dorf, Schinznach-Bad und Oberflachs zur neuen Gemeinde Schenkenberg zu. Die Fusion kam dennoch nicht zustande, weil Veltheim sie ablehnte.[9] Das daraufhin initiierte Fusionsprojekt ohne Veltheim scheiterte bei einer Urnenabstimmung am 25. Oktober 2009, als die Stimmbürger Villnacherns das Projekt ablehnten.[10]
Im Dorfzentrum stehen zahlreiche Gebäude, die um 1600 im spätgotischen Stil errichtet worden sind. Villnachern besitzt keine eigene Kirche, sondern gehört von jeher zur Pfarrei Umiken.[11] Das Zehntenhaus ist im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung.
Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Blau gewendete gelbe Pflugschar, im Schildhaupt begleitet von zwei fünfstrahligen gelben Sternen.» Das Wappen erschien in dieser Form erstmals 1872 auf dem Gemeindesiegel. Der Pflug weist auf die landwirtschaftliche Tradition des Dorfes hin, während die Bedeutung der beiden Sterne nicht mehr bekannt ist.[12]
Die Einwohnerzahlen entwickelten sich wie folgt:[13]
Jahr | 1764 | 1850 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2020 |
Einwohner | 282 | 504 | 421 | 533 | 644 | 716 | 789 | 1056 | 1353 | 1221 | 1497 | 1654 |
Am 31. Dezember 2020 lebten 1654 Menschen in Villnachern, der Ausländeranteil betrug 16,1 %. Bei der Volkszählung 2015 bezeichneten sich 38,1 % als reformiert und 27,1 % als römisch-katholisch; 34,8 % waren konfessionslos oder gehörten anderen Glaubensrichtungen an.[14] 92,0 % gaben bei der Volkszählung 2000 Deutsch als ihre Hauptsprache an, je 1,1 % Italienisch und Französisch sowie 0,8 % Serbokroatisch.[15]
Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Er wird im Majorzverfahren vom Volk gewählt, seine Amtsdauer beträgt vier Jahre. Der Gemeinderat führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm vom Kanton zugeteilt wurden. Für Rechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Bezirksgericht Brugg zuständig. Villnachern gehört zum Friedensrichterkreis VIII (Brugg).[16]
In Villnachern gibt es gemäss der im Jahr 2015 erhobenen Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) rund 260 Arbeitsplätze, davon 15 % in der Landwirtschaft, 33 % in der Industrie und 52 % im Dienstleistungssektor.[17] Somit ist Villnachern in erster Linie eine Wohngemeinde. Wichtigster Arbeitgeber ist das Wasserkraftwerk Wildegg-Brugg der Axpo. Die meisten Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten in der Region Brugg.
Weiterhin von Bedeutung ist der Weinbau. Am Südhang des Buech, der so genannten Eihalde, war im Jahr 2018 eine Fläche 7,4 Hektaren mit Reben bestockt. Es werden ein Dutzend Sorten angepflanzt, wobei Blauburgunder und Riesling × Sylvaner überwiegen.[18]
Das Dorf liegt an der Kantonsstrasse 473, die von Brugg dem westlichen Aareufer entlang nach Schinznach-Dorf verläuft. Die Anbindung an das Netz des öffentlichen Verkehrs erfolgt durch die Postautolinie vom Bahnhof Brugg über Schinznach-Dorf nach Thalheim. An Wochenenden verkehrt ein Nachtbus von Brugg über Villnachern, Schinznach-Bad und Veltheim nach Thalheim. Die Bahnstation Villnachern an der Bözbergstrecke wurde im Dezember 2008 stillgelegt.
In Villnachern gibt es ein Schulhaus, in dem der Kindergarten und die Primarschule untergebracht sind. Die Realschule und die Sekundarschule können in Veltheim besucht werden, die Bezirksschule in Schinznach-Dorf. Die nächstgelegenen Gymnasien sind die Kantonsschule Baden und die Kantonsschule Wettingen.
In Villnachern geboren:
Mit Bezug zu Villnachern:
Auenstein | Birr | Birrhard | Brugg | Bözberg | Habsburg | Hausen | Lupfig | Mandach | Mönthal | Mülligen | Remigen | Riniken | Rüfenach | Schinznach | Thalheim | Veltheim | Villigen | Villnachern | Windisch
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