Airolo mit der Kaserne Motto Bartola (Bildrand unten links)
Lage der Gemeinde
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Geographie
Airolo liegt am oberen Ende des Valle Leventina, 55km nördlich von Bellinzona, am südlichen Fuss des Gotthardpasses an der Grenze zur Deutschschweiz (Kanton Uri) und rätoromanischen Schweiz (Kanton Graubünden). Westlich von Airolo erstreckt sich das Val Bedretto, von dem man über den Nufenenpass (Passstrasse) und den Griespass (Wanderweg) in den benachbarten Kanton Wallis oder über den Passo San Giacomo (Wanderweg) ins italienische Val Formazza gelangen kann. Zur Gemeinde gehören nebst dem Hauptort auch die Weiler Brugnasco, Fontana[6], Madrano[7], Nante und Valle[8]; unbewohnt sind heute Albinasca und Bedrina.
Schon im 2./3.Jahrhundert n.Chr. hielten sich in Airolo Menschen auf, wie römische Gräber in Madrano belegen. Die Geschichte von Airolo war stets vom Verkehr über den Gotthard geprägt. Dadurch erlangten Gastgewerbe und Säumerei grosse wirtschaftliche Bedeutung.
Die ältesten urkundlichen Belege für den Ort als Oriolo, Ur(i)olo, Irorio stammen aus 1210, im 14.Jahrhundert erscheint er als Oriollo, Oirolo, Yroll(i)o, Airol(l)o, Ayrolio. Der Ortsname geht wahrscheinlich auf volkslateinisch*oriolu ‚schmaler Rand, Kante‘ zurück.[5]
Die katholische Pfarrkirche Santi Nazario e Celso wurde im 12.Jahrhundert errichtet und erstmals 1224 zusammen mit der Pfarrei erwähnt.[9] Das heutige Gebäude wurde 1879 neu gebaut, nachdem es 1877 von einem Brand zerstört worden war, bei dem ein grosser Teil des Dorfes niederbrannte. Der Kirchturm, der von doppelreihigen Zwillingsarkaden bekrönt ist, stammt aus romanischer Zeit.
1882 wurde der Gotthard-Eisenbahntunnel mit dem Südportal Airolo eingeweiht. Das Dorf war damals mit 3700 Einwohnern die zweitgrösste Gemeinde im Tessin.[10] Nahe dem Bahnhof steht das Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus, ein von Vincenzo Vela (1820–1891) geschaffenes bronzenes Flachrelief. Zum militärischen Schutz der Gotthardstrasse und des Gotthardtunnels wurden als Teile des Waffenplatzes Airolo die Gotthardfestungen Motto Bartola (1890), Forte Airolo (1890) und Fort Hospiz (1894) gebaut (heute: Caserma Bedrina).
Am 28.Dezember 1898 zerstörte ein Bergsturz einen Teil des Dorfes und forderte drei Tote.[11] Zum Schutz des Dorfes wurde die grosse Schutzmauer oberhalb der Häuser errichtet. Eine riesige Lawine forderte am 12. Februar 1951 zehn Tote. Im Laufe des 20.Jahrhunderts wurden zahlreiche Lawinenverbauungen errichtet; eine Arbeit, welche in neuerer Zeit fortgesetzt wird.
Bereits 1890 erhielt Airolo eine elektrische Strassenbeleuchtung. Airolo war die erste Gemeinde des Kantons Tessin, die eine Kläranlage baute (1969).
Im Zweiten Weltkrieg wurden auf dem Gemeindegebiet als Teil des Schweizer Réduit die neuen Artilleriewerke San Carlo (1938), Foppa Grande (1940) und die Festung Sasso da Pigna (1941) erstellt.
1980 wurde der Gotthard-Strassentunnel mit dem Südportal Airolo eröffnet. Danach setzte endgültig ein Rückgang an Einwohnern und Arbeitsplätzen ein. So wurde 2007 das einst berühmte Hotel Motta an der Piazza Motta geschlossen.[12] Mit dem Bau der zweiten Röhre sollen ab 2022 wieder bis zu 300 zusätzliche Personen in Airolo leben.[13]
Die Landwirtschaft spielte lange eine wichtige Rolle, heute schafft sie jedoch nur noch wenige Arbeitsplätze. Durch den Bau 1995–1997 und Betrieb einer Schaukäserei (Caseificio dimostrativo del Gottardo) konnten die einheimischen Landwirtschaftprodukte besser vermarktet werden.[15] 2015 zählte die Schaukäserei über 77'000 Besucher, die vorwiegend aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und Italien stammten. Im ehemaligen Bahnhofsgebäude hat sich die Molkerei Agroval SA eingerichtet.[16]
Im Industriesektor nimmt das Baugewerbe den ersten Platz ein. Die einzige wichtige Fabrik von Airolo ist eine Metallverarbeitungsfirma, welche etwa 100 Personen beschäftigt.
In Airolo befinden sich Dienstleistungsbetriebe für Bahn- und Strassenverkehr sowie ein grosser Waffenplatz, in dem Sanitätstruppen der Schweizer Armee ausgebildet werden. Durch Sparmassnahmen beim Militär und den Bahnbetrieben gingen in Airolo zahlreiche Arbeitsplätze verloren, was zu einer sinkenden Bevölkerungszahl führte. Eine wichtige Rolle spielen darüber hinaus die Wasserkraftwerke. Im Jahre 1922 wurde von der Elektrizitätsgesellschaft der Gemeinde das Kraftwerk Calcaccia (691777/15271246.519428.63466) gebaut, in dem zuerst nur eine Pelton-Turbine mit einer Leistung von 440 kW eingebaut war. Das Hochdruck-Laufwasserkraftwerk verarbeitet das Wasser eines 400m höher gelegenen Weihers.[17] Das in den 1940er-Jahren gebaute Lucendro-Kraftwerk gehört seit 2015 der Azienda Elettrica Ticinese (AET).[18]
Trotz der Belastungen durch den Transitverkehr ist Airolo ein viel besuchter Ferienort. Airolo war der erste Skisportort im Tessin und ist heute sehr wichtig. Das Skigebiet Pesciüm am Nordhang im Süden des Dorfes umfasst fünf Skilifte, eine Sesselbahn und zwei Seilbahnen und erschliesst 30 anspruchsvolle Pistenkilometer auf 1175 bis 2255 Meter über Meer.[19][20] Im Sommer ist Airolo ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen (Strada Alta, Sentiero degli Alpi).
Verkehr
Airolo liegt am Südportal des alten Gotthard-Bahntunnels und des Gotthard-Strassentunnels der Autobahn A2. Der Bahnhof war bis zur Eröffnung des Basistunnels 2016 eine wichtige Station an der alten Gotthardbahn-Linie.
Sehenswürdigkeiten
Siehe auch: Liste der Kulturgüter in Airolo
Das Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft.[22]
Pfarrkirche Santi Nazario e Celso, erstmals 1224 erwähnt, erbaut im Jahre 1878–1879 und restauriert 1995–1996[23]
Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus (1886) von Pietro Andreoletti im Friedhof[23]
Grabmal Giuseppe und Agostina Motta (1971) mit Sarkophag und Relief des Bildhauers Remo Rossi[23]
Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus (1882/1883) von Vincenzo Vela auf dem Piazzale della Stazione[23]
Auf dem Gotthardpass: Adrien Guex Denkmal (1928) des Bildhauers Fausto Agnelli[23]
Prähistorische Siedlung auf dem Gotthardpass (Alpe Rodont)[24]
Prähistorische Siedlung und römische Nekropole im Ortsteil Madrano (Motto Caslascio)[25]
Im Ortsteil Stalvedro[26]: Burgruine und Oratorium Santa Maria Vergine (1699), restauriert 1990[23]
Im Ortsteil Albinengo: Elektrizitätswerk Lucendro (1945), Architekten: Carlo Tami, Rino Tami[23]
Alte Tremolastrasse (1828/1831), Ingenieur Francesco Domenico Meschini[23]
Militärbauten
Im Ortsteil Foppa: Forte Airolo (1887/1890), alte Festungsanlage, heute Museo Forte Airolo (1989)[23]
Forte Ospizio, alte Festungsanlage (1892/1917), renoviert als Museum, Architekten: Franco Moro, Paolo Moro[23]
Sasso San Gottardo: am 25. August 2012 wurde in der Festung Sasso da Pigna auf dem Gotthardpass die Ausstellung zur Festungs- und Themenwelt des Sasso San Gottardo eröffnet[28]
Im Ortsteil Bedrina: Kaserne und Waffenplatz (1989/1995), Architekten: Fabio Muttoni, Silvano Caccia mit Wandmalereien des Malers Livio Bernasconi[23]
Denkmal für die beim Bau des Gotthardtunnels verunglückten Arbeiter am Bahnhof von Airolo, von Vincenzo Vela
Gotthard Strassentunnelportal
Gotthardmuseum
Fontana. Historisches Bild von L.Wehrli (1911)
Brücke Rio Fontana. Historisches Bild von L.Wehrli (1933)
Fontana, östlicher Dorf-Eingang, mit Muhrgang-Abwerk. Historisches Bild von L.Wehrli (1933)
Literatur
Allgemeines
Comune di Airolo: Airolo. Arti Grafiche Arturo Salvioni & Co.SA, Bellinzona 1992.
Geschichte
Fabio Ballinari: Storia di un disastro. Il grande incendio di Airolo del 17 settembre 1877. Edizione del Comune di Airolo, Airolo 2010.
Mario Fransioli:Airolo. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 25.Juni 2009.
Mario Fransioli: Il vicinato di Airolo. Gli ordini del 1788. Patriziato di Airolo, Airolo 1994.
Celestino Trezzini: Airolo. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Band 1: Affo – Alther. Attinger, Neuenburg 1921, S.185 (Digitalisat). – Ders.: Brugnasco. ebd. Band 2: Basel – Egnach. ebd. 1924, S.373. (Digitalisat; beide abgerufen am 8. Mai 2017).
Sprache
Fabio Beffa: Vocabolario fraseologico del dialetto di Airolo. Humilibus Consentientes, Bellinzona 1998.
Kunstgeschichte
Valeria Farinati: Centrali idroelettriche d’autore. In: «Arte&Storia», Il Ticino dell’acqua. Dalla formazione geologica del Cantone alle attività economiche. Edizioni Ticino Management, 12. Jahrgang, Nummer 54, April–Juli 2012, Lugano 2012.
Virgilio Gilardoni: Airolo. In: Il Romanico. Arte e monumenti della Lombardia prealpina. La Vesconta, Istituto grafico Casagrande, Bellinzona 1967, S.30. 38, 40–43, 91, 176–178, 299, 342, 358, 476, 481, 484, 498, 509, Madrano S.176, 251, 481, San Gottardo S.543–544.
Simona Martinoli u.a.: Airolo. In: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, S.113, 137, 142–148, 356.
Johann Rudolf Rahn: Airolo. In: I monumenti artistici del medio evo nel Cantone Ticino. Tipo-Litografia di Carlo Salvioni, Bellinzona 1894, S.1f. (Brugnasco S.73, Madrano S.194, San Gottardo S.266, Stalvedro S.278).
Weblinks
Weitere Inhalte in den Schwesterprojekten der Wikipedia:
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuchâtel unter der Leitung von Andres Kristol. Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, S.80.
Mario Fransioli:Airolo. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 25.Juni 2009.
Anna Miller: Schöne Grüsse aus Airolo. Hat das Dorf am Gotthard-Südportal noch eine Zukunft? Das Magazin, Tamedia, Zürich 19. März 2016, S.8–17.
J.Hardmeyer: Der Bergsturz von Airolo vom 27.–29.Dezember 1898. In: Die Schweiz. Schweizerische illustrierte Zeitschrift 2, 1898, doi:10.5169/seals-572466#523, S.514–520.
Anna Miller: Schöne Grüsse aus Airolo. Hat das Dorf am Gotthard-Südportal noch eine Zukunft? Das Magazin, Tamedia, Zürich 19. März 2016, S.8–17.
Simona Martinoli und andere: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S.143–147.
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