Tambow ist Hauptstadt der Oblast Tambow. Sie liegt im Oka-Don-Becken am schmalen Fluss Zna, inmitten der fruchtbaren Zentralen Schwarzerde-Region rund 420km südöstlich von Moskau. Tambow hat 280.161 Einwohner (Stand 14.Oktober 2010).[1]
Die Stadt wurde 1636 als Teil des Festungsgürtels gegründet, der Moskau im Süden und Südosten vor Angriffen der Tataren schützen sollte. Als sich das Russische Reich nach Süden ausdehnte, verlor die Festung ihre Bedeutung, und Tambow wurde Handels- und Verwaltungszentrum eines landwirtschaftlichen Gebietes. Infolge der Verwaltungsreform des Jahres 1775 wurde 1780 die Statthalterschaft Tambow gegründet, die 1796 zum Gouvernement Tambow wurde.
Die Industrie entwickelte sich in größerem Ausmaß erst in der Zeit nach der Oktoberrevolution 1917. Im August 1920 kam es dann zu einem großen Bauernaufstand, dessen Zentrum Tambow war. Er wurde jedoch schon bald von der Roten Armee niedergeschlagen. Zu den wichtigsten Industriezweigen zählen heute die chemische und die elektrische Industrie.
Während des Zweiten Weltkrieges entstand in Tambow ein spezielles Kriegsgefangenenlager (Lager Nr. 788) für Elsässer, Lothringer und Luxemburger, die – meist gezwungenermaßen – in der deutschen Wehrmacht gedient hatten (in Frankreich Malgré-nous genannt) und gefangen genommen worden waren. Von den rund 18.000 Mann kam dabei mindestens ein Drittel ums Leben. Die letzten Gefangenen wurden 1955 entlassen. Einer Delegation der Region Elsass unter Leitung von André-Paul Weber gelang es erst nach dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow, von den Behörden eine Liste der Namen von 1141 elsässischen Opfern zu erhalten und der Toten zu gedenken.[2]
Darüber hinaus bestand in der Stadt das Kriegsgefangenenlager 188 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[3] Es war ein großes Durchgangslager, das bereits kurz nach dem Krieg geschlossen wurde.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr
Einwohner
Bemerkung
1897
48.015
1926
62.000
1939
123.207
davon 16.986 Stadtbezirk Oktjabrski (1940 ausgegliedert als Stadt Kotowsk)
1959
172.171
1970
229.791
1979
270.073
1989
304.600
2002
293.658
2010
280.161
Anmerkung: Volkszählungsdaten (1926 gerundet)
Sehenswürdigkeiten
Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die 1694 erbaute Verklärungskathedrale sowie mehrere andere Klöster und Kirchen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die auf Tambows Vergangenheit als spirituelles Zentrum hinweisen. Nennenswert sind auch die Kirche der Gottesmutter-Ikone von Kasan und die Lazarus-Kirche.
Die Altstadt ist ein Konglomerat verschiedener Stile, die trotzdem ein sehr harmonisches Ganzes ergeben. Hervorzuheben ist die Villa des Kaufmanns Michail Asejew (1905/06). Tambow hat außerdem ein großes Opernhaus und seit 2000 ein Wolfsmuseum.
Auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Tambow-Rada liegen 24.000 umgekommene Gefangene des Zweiten Weltkriegs. Er wurde 1998 wiederhergestellt. In dessen Mitte befindet sich ein 4,5m hohes Holzkreuz.
Nördlich von Tambow befindet sich bei 52°46′51″N, 41°24′52″O52.78083333333341.414444444444 seit 1991 mit 360m einer der höchsten Sendemasten zur Verbreitung von UKW- und Fernsehprogrammen.
Tambow ist mit dem Umland der russischen Hauptstadt Moskau über die Fernstraße R22 Kaspi verbunden. Hier endet die R119, die in Zentralrussland von Orjol über Lipezk hierher führt. Ebenfalls hier endet die R193, die die Stadt mit Woronesch verbindet. Gleichzeitig ist die Stadt Ausgangspunkt der R208, die in östlicher Richtung nach Pensa führt.
Weiterführende Bildungseinrichtungen
Staatliche Universität Tambow (TGU)
Staatliche Technische Universität Tambow (TGTU)
Filiale der Militäruniversität für biologischen, chemischen und Strahlenschutz
Filiale des Instituts für Infrastruktur des Unternehmertums
Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
Weber, Andr`-Paul:" Jeter uun pont entre les hommes", Edition Hirlé, Strasbourg 2007, ISBN 978-2-914729-56-7.
Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.
Weblinks
Commons: Tambow– Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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