Sławno ['swavnɔ] (deutschSchlawe) ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Sie ist die Kreisstadt des Powiat Sławieński und Sitz der eigenständigen Landgemeinde Sławno.
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Sławno (Begriffsklärung) aufgeführt.
Die Stadt liegt in Hinterpommern an der Wipper, auf halbem Wege zwischen Köslin (Koszalin), 35 km, und Stolp (Słupsk), 27 km, auf einer Höhe von 25 m über dem Meeresspiegel.
Bei dem Ort mündet die Motze (poln. Moszczenica) in die Wipper.
Lage Schlawes unweit der Ostsee auf einer pommerschen Landkarte von 1794.
Panorama von Schlawe an der Wipper mit der Wipperbrücke im Vordergrund auf der Lubinschen Karte von 1618
Geschichte
Stadtpfarrkirche St. Marien
Mittelalter
Um 1186 wurde erstmals eine kaschubische Siedlung namens „Zlauinia“ schriftlich erwähnt, bis zum Ende des 13. Jahrhunderts wechselt die Ortsbezeichnung zwischen Slawo, Slauno und Slawe.
Der Ort gab über Jahrhunderte dem „Schlawer Land“ seinen Namen, ein Gebiet, das wie kein anderes in Pommern von wechselnden Landesherren beherrscht wurde. Das erste überlieferte Herzogtum war Pommern-Schlawe-Stolp unter Herzog Ratibor I. aus dem Adelsgeschlecht der Greifen, der bis zu seinem Tode um 1155 auf der Burg Schlawe residierte. Seine Nachkommen herrschten dort bis 1227, danach erwarb Swantopolk II., Herzog von Pommerellen, das Land Schlawe. Nach Swantopolks II. Tod, 1266, besetzte Herzog Barnim I. von Pommern das Land und reichte dieses 1270 als Pfandherrschaft an Herzog Wizlaw II. von Rügen. Um 1275 wurde dieser aus Schlawe durch Herzog Mestwin II. von Pommerellen verdrängt. Dieser hatte keine männlichen Erben und schloss ohne Rücksichtnahme auf zuvor eingegangene Verträge sowie auf Erbrechte mit ihm verwandter pommerscher Herzöge am 15. Februar 1282 mit Przemysław II., Herzog von Großpolen, einseitig einen Erbfolgevertrag ab.[2] Nach dessen Ermordung, 1296, folgte ihm Władysław I. Ellenlang, der Herzog von Kujawien, auf dem pommerellischen Herzogsthron nach. 1299 entmachtete der böhmische König Wenzel II. seinen polnischen Kontrahenten Władysław I. im Kampf um die Oberherrschaft im Königreich Polen, anschließend übernahm er dessen polnische Herrschaften, darunter das pommerellische Land Schlawe. 1300 krönte sich Wenzel II. zum polnischen König. Nach dem Mordanschlag an Wenzel III., 1306, setzte sich Władysław I. erneut als Landesherr über weite Teile Polens und Pommerellen durch.
Gegen die polnische Herrschaft erhoben sich die Swenzonen, ein pommerellisches Beamtengeschlecht im Dienste der böhmischen Herrscher. Diese ersuchten 1307 den Markgrafen von Brandenburg um Beistand, der 1308 in Pommerellen militärisch intervenierte. Im Vertrag von Soldin wurde das polnische Herzogtum Pommerellen schließlich 1309 zwischen zwei deutschen Feudalstaaten geteilt. Bei Brandenburg verblieben die Lande Schlawe, Stolp, Rügenwalde und Bütow, der größere Rest mit der Hauptfeste Danzig ging an den Deutschordensstaat.
Doch bereits mit dem Frieden von Templin erwarb der pommersche Herzog Wartislaw IV. 1317 alle pommerellischen Länder, die der Oberhoheit der Mark Brandenburg unterstanden, darunter auch das Land Schlawe. Dieses kam damit erneut unter die Herrschaft des pommerschen Greifengeschlechts, wo es bis zu dessen Aussterben im Jahre 1637 blieb. Nachdem Herzog Wartislaw IV. Schlawe erworben hatte, errichtete er dort eine starke Burg zur Abwehr und zum Schutz gegen den Deutschen Orden. Im Jahre 1317 wurde Schlawe durch Peter von Neuenburg aus dem Geschlecht der Swenzonen, die das Schlawer Land vom Herzog Wartislaw IV. zu Lehen nahmen, das Stadtrecht nach Lübischem Recht verliehen.[3] Um 1360 stiftete die Herzogin Sophia, Gemahlin des Pommernherzogs Barnim IV., die Marienkirche in Schlawe, die im gotischen Stil erbaut wurde.
Während dieser Zeit wechselten sich die Herzogtümer bedingt durch dynastische Landesteilungen mehrmals ab, Pommern-Wolgast folgten 1372 Pommern-Schlawe-Stolp, 1403 Pommern-Rügenwalde, 1457 noch einmal Pommern-Wolgast und 1532 Pommern-Stettin.
Frühe Neuzeit
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt zu einem bedeutsamen Zentrum des Leinwandhandels. Im Dreißigjährigen Krieg, 1618–1648, geriet Schlawe zwischen die Fronten und wurde fast völlig zerstört. Zum Kriegsende soll es nur noch 40 Haushalte gegeben haben. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, 1648, wurde Schlawe mit großen Teilen Hinterpommerns dem Kurfürstentum Brandenburg zugeschlagen.
Die Stadt erholte sich aber wieder, so dass sie 1720 in den Rang einer brandenburgischen Kreishauptstadt erhoben werden konnte. Einen weiteren Fortschritt brachte der Anschluss an die neue Chaussee von Stettin nach Danzig.
Panorama der Stadt Schlawe auf einer Lithographie aus der Zeit vor 1846[4]
19. und 20. Jahrhundert
Seit 1815 gehörte Schlawe zur damals gebildeten preußischen Provinz Pommern.
Kösliner Vorstadt (Kösliner Straße). Postkarte von 1912.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland die Industrialisierung begann, machte sich dies auch in Schlawe bemerkbar. In rascher Folge entstanden ab 1850 mehrere Sägewerke und Mühlen, zwei Eisengießereien und eine Landmaschinenfabrik. 1869 öffnete der Bahnhof an der neuen Eisenbahnstrecke Berlin, Stettin, Danzig, und 1878 nahm die Bahnlinie nach Rügenwalde ihren Betrieb auf. Die zwischen 1875 und 1910 von 5141 auf 6620 angewachsene Bevölkerung wurde mit den neuen Energieträgern versorgt, nachdem 1896 ein Gaswerk fertiggestellt war, wurde die Stadt ab 1911 elektrifiziert. 1918 wurde Schlawe Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises. 1928 baute sich die kleine katholische Gemeinde die Pfarrkirche zum Hl. Antonius von Padua. Am Ende der Weimarer Republik war Schlawe zu einem kleinen Industriezentrum mit 18 Betrieben herangewachsen.
Nachdem die Nationalsozialisten das von Dietrich Bonhoeffer geleitete Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde geschlossen hatten, ließ sich Bonhoeffer formal als Hilfsprediger bei Superintendent Eduard Block in Schlawe anstellen.[5] So konnte er in zwei „Sammelvikariaten“ in Schlawe und in Köslin die illegale Ausbildung der Vikare fortführen.[6]
Anfang des Jahres 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, musste sich die Bevölkerung vor der anrückenden Roten Armee auf die Flucht begeben. Im März 1945 wurde die Stadt von sowjetischen Truppen erobert, nachdem sie zuvor zur Hälfte zerstört worden war. Viele Deutsche, deren Häuser die Bombenangriffe überdauert hatten, kehrten nach der Flucht wieder zurück. Die Stadt wurde anschließend entsprechend dem Potsdamer Abkommen der Verwaltung der Volksrepublik Polen unterstellt. Es begann danach die Migration von Polen, die zunächst vorwiegend aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. Anschließend begann die „wilde“ Vertreibung der einheimischen Bevölkerung.
Unter der polnischen Verwaltung wurden die Lebensmittelindustrie, die holzverarbeitende Industrie und die Konfektionsindustrie reaktiviert. Im Zuge der Neuordnung der Gebietsverwaltung wurde Sławno Kreishauptstadt, verlor diesen Status jedoch 1975 wieder. 1960 begann der polnische Staat damit, die immer noch zu großen Teilen in Trümmern liegende Stadt wieder aufzubauen. Nach dem Ende des Kommunismus wurden im Norden der Stadt moderne Wohnsiedlungen errichtet. 1999 wurde Sławno erneut Kreishauptstadt.
Kirche der Himmelfahrt der Jungfrau MariaVilla Schultz aus dem Jahre 1879Postamt, erbaut 1905Kirche des hl. Antonius von Padua in den Jahren 1925–1928. Architekt: Diedrich Suhr.
Zur Stadt führt die Landesstraße 6, zugleich Europastraße 28, am Ufer der Wipper (Wieprza). Das Ostseebad Rügenwaldermünde (Darłówko) ist auf der Wojewodschaftsstraße 205 nach 20km zu erreichen, es bestand aber auch eine Bahnverbindung (Bahnstrecke Korzybie–Darłowo).
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
Jeremias Nigrinus (1596–1646), Pädagoge und Hochschullehrer
Georg Salemann (1597–1657), deutsch-baltischer evangelisch-lutherischer Geistlicher, Autor und Übersetzer
Nikolaus Bertram von Below (1728–1779), preußischer Kammerpräsident
Friedrich Theodor Rinck (1770–1811), deutscher evangelischer Theologe, Philosoph, Hochschullehrer
Otto von Drigalski (1788–1860), preußischer Generalleutnant und Kommandeur der 14. Division
Carl Friedrich von Denzin (1800–1876), deutscher konservativer Politiker
Berthold Heberlein (1846–1914), deutscher evangelischer Theologe
Franz Mehring (1846–1919), deutscher Politiker (SPD, USPD, KPD), Historiker und Publizist
Hermann Kühn (1851–1937), deutscher Finanzbeamter, Staatssekretär im Reichsschatzamt
Albert Römer (1859–1909), deutscher Autor und Herausgeber
Hermann Klaje (1868–1945), deutscher Gymnasiallehrer und Historiker
Erich Köhn (1870–1945), deutscher Architekt
Otto Hasse (1871–1942), deutscher Offizier, zuletzt General der Infanterie und Chef des Truppenamtes im Reichswehrministerium
Hans Bredow (1879–1959), deutscher Hochfrequenztechniker, Vorsitzender der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft
Wilhelm Groß (1883–1974), deutscher Bildhauer, Druckgraphiker und Prediger
Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen
David Ruhnken (1723–1798), Gelehrter und Bibliothekar, besuchte bis Ostern 1739 die Lateinschule in Schlawe.
Ehrenbürger der Stadt
1895: Otto von Bismarck (1815–1898), Reichskanzler
1915: Hermann Kühn (1851–1937), Staatssekretär im Reichsschatzamt
1915: Hubert von Michaelis (1858–1925), Rittergutsbesitzer, Major a.D., Mitglied des Reichstages und des preußischen Herrenhauses, Kreisdeputierter des Kreises Schlawe
1927: August Steinhorst (1853–1937), Stadtältester und Ratsherr der Stadt Schlawe
Die Stadt Sławno ist Amtssitz der Landgemeinde (gmina wiejska) Sławno, wobei das Stadtgebiet nicht zum Gemeindegebiet gehört. Die Landgemeinde hat eine Fläche von 284,20 km², die das gesamte Stadtgebiet umschließt, und eine Einwohnerzahl von 8833 (31.Dezember 2020).
Literatur
Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern. Abriss ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. A. Bath, Berlin 1865 (Nachdruck 1996 durch Sändig Reprint Verlag, Vaduz, ISBN 3-253-02734-1), S.346–354 (Volltext)
Eugen von Glasenapp: Beiträge zu der Geschichte des alt-hinterpommerschen Adelsgeschlechts der Erb-, Burg- und Schlossgesessenen von Glasenapp. Nachrichten aus der eigenen Heimath Hinterpommern resp. Livland, sowie über den specifisch pommersch-germanischen Uradel. Vossische Buchhandlung, Berlin 1884, S. 95–98, Ziffer 134: Schlawe (Digitalisat).
Unser Pommerland Jg. 10, H. 5: Schlawe-Rummelsburg.
Manfred Vollack (Hrsg.): Der Kreis Schlawe. Ein pommersches Heimatbuch. Band 1, Husum Verlag, Husum 1986, ISBN 978-3-88042-239-1. Band 2 Die Städte und Landgemeinden, 2. Auflage. Husum Verlag, Husum 1997, ISBN 3-88042-337-7.
Sławno: dawne fotografie i pocztówki = Schlawe: alte Fotografien und Ansichtskarten. Sławno 2002, ISBN 83-917381-0-8.
Ludwig Wilhelm Brüggemann (Hrsg.): Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Band 2, Stettin 1784, S.839–841 (Volltext).
Johann Ernst Fabri: Geographie für alle Stände. Teil I, Band 4, Leipzig 1793, S. 578 (Volltext).
Weblinks
Commons: Sławno– Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
vergl. z.B. Udo Arnold und Marian Biskup (Hrsg.): Der Deutschordensstaat Preussen in der polnischen Geschichtsschreibung der Gegenwart (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, Band 30). Verlag Wissenschaftliches Archiv, Bad Godesberg 1982, insbesondere S. 130.
Martin Wehrmann: Geschichte von Pommern. Band 1. 2. Auflage. Friedrich Andreas Perthes, Gotha 1919, S. 121. Nachdruck: Weltbild Verlag, Augsburg 1992, ISBN 3-89350-112-6.
Pomerania – Geschichte und Beschreibung des Pommernlandes. IV. bis VI. Buch, E. Sanne & Comp., Stettin 1846 (Online)
Dietrich Bonhoeffer: Werke, Bd. 15: Illegale Theologenausbildung. Sammelvikariate 1937–1940. Herausgegeben von Dirk Schulz. Kaiser, Gütersloh 1998, ISBN 3-579-01885-X, S. 5.
Josef Ackermann: Dietrich Bonhoeffer – Freiheit hat offene Augen. Eine Biographie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2005, S. 159.
Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern. Abriss ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. A. Bath, Berlin 1865 (Nachdruck 1996 durch Sändig Reprint Verlag, Vaduz, ISBN 3-253-02734-1), S. 346–354, insbesondere S. 353.
Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preußischen Herzogtum Vor- und Hinterpommern. Stettin 1793, Übersichtstabelle auf S. 736.
Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 368–375, Ziffer 635.
Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin (9. Kreis Schlawe). Berlin 1866, S. 26–33, Ziffer 169.
Preußisches Statistisches Landesamt: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staates und ihre Bevölkerung (VIII. Kreis Schlawe). Berlin 1873, S. 136–137, Nr. 105.
Michael Rademacher:Schlawe.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Lexikoneintrag zu Schlawe, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 17, Leipzig/Wien 1909, S. 833.
Schlawe Pomm., in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer alten Landkarte der Umgebung von Schlawe)
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