Maradi ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region Maradi in Niger. Sie ist mit rund 267.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes nach Niamey und Zinder.
Die Stadt befindet sich im Süden Nigers nahe der Staatsgrenze zu Nigeria. Die Nachbargemeinden sind Tibiri im Norden, Djiratawa im Osten, Safo im Süden und Sarkin Yamma im Westen. Maradi liegt am bedeutenden Fließgewässer Goulbi de Maradi, das in den westlichen Stadtvierteln regelmäßig zu Überschwemmungen führt.[1]
Maradi ist eine Stadt (ville) beziehungsweise Gemeinde mit besonderem Status (commune à statut particulier), die aus drei Arrondissements besteht: Maradi I, Maradi II und Maradi III. Diese sind wiederum in insgesamt 26 Stadtviertel gegliedert.[2]
Klima
Klimatisch liegt Maradi am Übergang der Großlandschaft Sudan des Südens zur Sahelzone des Nordens.
Maradi wurde um das Jahr 1790 von einem Traditionalisten namens Barki gegründet. Um 1820 siedelte sich eine weitere Gruppe traditionell Gläubiger aus Katsina im Ort an. Deren religiöser Anführer Gomki hatte am Hof des Herrschers von Katsina den Titel maradi getragen, der als Name der neuen Siedlung übernommen wurde. Als die Fulbe den Hausa-Staat Katsina 1812 endgültig erobert hatten, wurde Maradi zum Ziel von Flüchtlingen aus Katsina, musste sich aber zunächst auch der Herrschaft der Fulbe unterordnen. Im Jahr 1819 wurde der Fulbe-Statthalter in Maradi bei einer Revolte getötet. Den Fulbe misslang es in mehreren Schlachten die Kontrolle über den Ort wiederzuerlangen. In Maradi bildete sich in weiterer Folge ein von Katsina unabhängiger Staat heraus, der das Erbe der Hausa-Tradition Katsinas antrat.
Maradi in Stielers Hand-Atlas (1891)
Doch 1835 verloren Maradi und seine Verbündeten gegen Katsina die entscheidende Schlacht von Dakourawa, heute ein Dorf im Gemeindegebiet von Ourno. Maradi musste sich Zamdam unterordnen, einem kleinen Vasallenstaat Katsinas. Die folgenden Jahrzehnte waren von zahlreichen erfolglosen Versuchen geprägt, die Oberherrschaft der Fulbe militärisch zu brechen. Doch während die Bedeutung Katsinas langsam sank, entwickelte sich Maradi bis etwa 1880 zu einem wichtigen Handelszentrum, das zahlreiche Zuwanderer anzog und eine Stadtbefestigung erhielt. Im Jahr 1893 verlor Moussignaoua, der damalige Sultan von Maradi, die Macht in der Stadt und gründete in Tessaoua ein zweites Sultanat, das sich ebenfalls in der Tradition des ehemaligen Hausa-Staats Katsina sah.[3]
Hatte zunächst auf Grundlage des Anglo-Französischen Abkommens von 1890 die Linie Say–Barwa als Grenze zwischen der französischen und der britischen Einflusssphäre gegolten, wurden die Sultanate Maradi, Tessaoua und Zinder 1898 in einem Abkommen Frankreich zugesprochen.[4] Im Jahr 1923 eröffneten die ersten europäischen Boutiquen in der Stadt und 1924 wurde die Telefonverbindung nach Madaoua und Tessaoua in Betrieb genommen.[5] Die erste Ölmühle Nigers nahm 1943 in Maradi ihren Betrieb auf.[6] Die Kolonialverwaltung löste 1944 das Sultanat Katsina-Maradi auf und stufte den Herrscher von Maradi zum Provinzchef herab.[7]
Nach der Regenzeit des Jahres 1945 wurde die traditionelle Stadt weitgehend abgerissen und in Planquadraten neu aufgebaut.[8] 1955, ein Jahr nach Niamey und Zinder, wurde Maradi als dritter Ort Nigers zur eigenständigen Gemeinde erhoben. Im Jahr 2002 erfolgte die Umwandlung zum Gemeindeverbund (communauté urbaine) aus drei Stadtgemeinden (communes urbaines).[9] Bei der Flutkatastrophe in West- und Zentralafrika 2010 wurden 411 Einwohner der Stadtgemeinde Maradi II als Katastrophenopfer eingestuft.[10] Der Gemeindeverbund wurde 2010 in eine Stadt (ville) beziehungsweise Gemeinde mit besonderem Status (commune à statut particulier) und die bisherigen Stadtgemeinden in Arrondissements umgewandelt.[11] Im selben Jahr erhob die Regierung Nigers den traditionellen Herrscher von Maradi erneut zum Sultan.[7]
Bevölkerung
Menschen vor der Tchana-Moschee in Maradi
Bei der Volkszählung 2012 hatte Maradi 267.249 Einwohner, die in 37.270 Haushalten lebten.[2]
Maradi wird überwiegend von Hausa bewohnt. Kleinere Anteile stellen Fulbe und Tuareg sowie Angehörige von Volksgruppen aus dem Nachbarland Nigeria wie der Yoruba und Igbo.
Politik und Justiz
Der Stadtrat (conseil de ville) hat 25 gewählte Mitglieder. Mit den Kommunalwahlen 2020 sind die Sitze im Stadtrat wie folgt verteilt: 8 CPR-Inganci, 7 PNDS-Tarayya, 4 MODEN-FA Lumana Africa, 2 MNSD-Nassara, 2 MPN-Kiishin Kassa, 1 ADEN-Karkara und 1 MDEN-Falala.[13]Pacachatou Mourtala (CPR-Inganci) wurde 2021 zum Bürgermeister von Maradi gewählt.[14]
Die Stadt ist der Sitz eines Tribunal de Grande Instance, eines der landesweit zehn Zivilgerichte der ersten Instanz.[15] Die Haftanstalt Maradi hat eine Aufnahmekapazität von 350 Insassen.[16]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die Stadt beherbergt mehrere Moscheen. In der Ortsmitte liegt eine bemerkenswerte Kleinstmoschee aus dem Jahr 1945. Sie ist Sultans-Moschee und in traditioneller Lehmbauweise errichtet. Die Gesamtanlage umfasst ein Areal von lediglich 22 Quadratmetern und weist ein Betraumgebäude mit untergliedertem Innenraum auf. Die kleinen Eckzinnen tragen Erosionsspuren und die Deckenhölzer sind durch Termiten geschädigt. Gegenüber dieser Moschee liegt die moderne Freitagsmoschee aus dem Jahr 1972. Das Dach mit vier Kuppeln ist an den zentralsudanischen Baustil angelehnt und wird von 4 × 6 Stützen getragen. Am Westrand der Stadt wurde 1982 mit der Tchana-Moschee eine noch größere Moschee gebaut, nach Plänen eines senegalesischen Architekten und im Rahmen des staatlich kontrollierten Société Nationale des Grands Travaux du Niger (SNGTN).[8]
Die Stadt ist Sitz des römisch-katholischen Bistums Maradi.
Wirtschaft und Infrastruktur
Markt in Maradi
Maradi ist eine alte Handelsstadt. Der Markttag am Viehmarkt in der Stadt ist Freitag.[17] In der Umgebung der Stadt werden Erdnüsse angebaut.
Die staatliche Dan-Dicko-Dankoulodo-Universität Maradi wurde 2010 gegründet.[18] Die traditionsreiche berufsbildende Mittelschule Lycée Technique Dan Kassawa (LTDK) geht auf das Jahr 1955 zurück.[19] Die Lehrerbildungsanstalt Ecole Normale d’Instituteurs Bawa Jan Gorzo besteht seit dem Jahr 1980.[20] Der Centre de Formation Professionnelle et Technique de Maradi (CFPT Maradi) ist ein weiteres Berufsausbildungszentrum.[21] Am Institut Pratique de Santé Publique (IPSP) werden Gesundheitshelfer ausgebildet.[22] Die Ecole des Techniques Comptables, Commerciales et de communications (ETEC) bietet Lehrgänge in digitaler Buchhaltung, zu Bankangestellten, zu Handelsangestellten und im Zollwesen an.[23] In jedem der drei Arrondissements gibt es jeweils ein Collège d’Enseignement Technique (CET), eine technische Fachschule.[24] Im Jahr 2010 gab es in Maradi 90 Grundschulen, davon waren 25 Privatschulen.[25]
Maradi liegt an der Nationalstraße 1, die hier Teil der internationalen Fernstraße Dakar-N’Djamena-Highway ist, sowie an der Nationalstraße 9 und der Nationalstraße 18, die zur Staatsgrenze mit Nigeria führen. In der Stadt befindet sich ein ziviler Flughafen, der Flughafen Maradi (IATA-Code: MFQ, ICAO-Code: DRRM).[26]
Persönlichkeiten
Ousmane Amadou (* 1970), Wirtschaftswissenschaftler und Politiker
Ibrahim Baré Maïnassara (1949–1999), Offizier und Politiker, Staatspräsident
Mariama Gamatié Bayard (* 1958), Politikerin und Frauenrechtlerin
Georges Condat (1924–2012), Politiker und Diplomat
Abdou Harouna (* 1968), Manager und Politiker
Issaka Labo Bouché (* 1952), Offizier
Kassoum Mamane Moctar (* 1978), Politiker
Mahamane Jean Padonou (1954–2020), Unternehmer und Politiker
Mamane Oumarou (* 1945), Politiker und Diplomat, Bürgermeister von Maradi
Ibrahim Yacouba (* 1971), Politiker, Gewerkschafter und Sportfunktionär
Literatur
Philippe David:Maradi, l’ancien état et l’ancienne ville (=Études Nigériennes. Nr.18). Paris 1964.
Philippe David:Maradi précoloniale: L’état et la ville. In: Bulletin de l’IFAN. Nr.3, Juli 1969, S.638–688.
Emmanuel Grégoire:The Alhazai of Maradi: Traditional Hausa Merchants in a Changing Sahelian City. Lynne Rienner, Boulder 1992.
Rabilou Halilou:Décentralisation et gouvernance urbaine au Niger. Cas de la communauté urbaine de Maradi. Mémoire de DEA. Département de Géographie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2007.
Pierre Janin:Habitat et peuplement à Maradi (Niger). Mémoire de maîtrise. Institut de Géographie Alpine, Université Joseph Fourier, Grenoble 1987.
Danièle Kintz:Les Peuls de Maradi. Dissertation. Universität Bordeaux, 1977.
Abdoul Azize Laminou Adamou:Etat de l’environnement dans la ville de Maradi. Les principales sources de pollution métallique et organique. Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2014.
Bachir Oumarou Sanna:Pratiques d’alimentation dans les élevages urbains et périurbains de Maradi. Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2012.
Boubacar Sani Ousmane:Fonctionnement des marchés à bétail et commercialisation des animaux dans la région de Maradi, cas des marchés de Dakoro, Mayahi, Tessaoua et Maradi. Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2013.
Derrick Thom:The City of Maradi: French Influence upon a Hausa Urban Center. In: Journal of Geography. Nr.70, 1971, S.472–482.
François Yatta:Voirie, transport et circulation à Maradi. Thèse. Ecole Africaine des Métiers de l’Architecture et de l’Urbanisme (EAMAU), Lomé 1989.
Weblinks
Commons: Maradi– Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dorothee Gruner:Die Lehmmoschee am Niger: Dokumentation eines traditionellen Bautyps. Franz Steiner Stuttgart, 1990, S.356.
Historique de la décentralisation au Niger (Mementodes Originals vom 18. Oktober 2014 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lucop.org (PDF; 93kB). Website des Programme nigéro-allemand de lutte contre la pauvreté dans les zones de Tillabéri et Tahoua-Nord, veröffentlicht im Mai 2008, abgerufen am 21. Januar 2012.
[https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://www.cic.ne/IMG/xls/Situation_des_inondations_au_23-09-2010.xlsSeite nicht mehr abrufbar],Suche in Webarchiven:@1@2Vorlage:Toter Link/www.cic.ne[http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://www.cic.ne/IMG/xls/Situation_des_inondations_au_23-09-2010.xlsSituation des besoins des populations victimes d’inondations (2010)]. Website des Centre d’Information et de Communication, veröffentlicht am 23. September 2010, abgerufen am 31. März 2012.
Kokou Henri Motcho:Niamey, Garin Captan Salma ou l’histoire du peuplement de la ville de Niamey. In: Jérôme Aloko-N’Guessan, Amadou Diallo, Kokou Henri Motcho (Hrsg.): Villes et organisation de l’espace en Afrique. Karthala, Paris 2010, ISBN 978-2-8111-0339-2, S.29.
Issa Evaristho Moussa:Détermination des contraintes à la mise en oeuvre de l’approche par compétences dans les écoles normales d’instituteurs (ENI): cas des ENI de Tahoua, Zinder et Maradi. Mémoire. Institut Supérieur de Formation et de Recherche Appliquée (ISFRA), Bamako 2014, Kapitel 1.3.3. l’ENI de Maradi (memoireonline.com[abgerufen am 17.November 2020]).
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