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Ventspils, deutsch Windau, ist eine Hafenstadt im Westen Lettlands an der Einmündung des Flusses Venta (deutsch ebenfalls Windau) in die Ostsee. Sie ist eine der neun lettischen Republik-Städte und mit 38.386 Einwohnern (Stand 1. Juli 2018)[1] die sechstgrößte Stadt des Landes.

Ventspils (dt. Windau)
Ventspils (Lettland)
Ventspils (Lettland)
Basisdaten
Staat:Lettland Lettland
Verwaltungsbezirk:Republik-Stadt Ventspils
Koordinaten:57° 24′ N, 21° 35′ O
Einwohner:38.386 (1. Jul. 2018)
Fläche:55,4 km²
Bevölkerungsdichte:693 Einwohner je km²
Höhe:10 m
Stadtrecht:seit 1378
Webseite:www.ventspils.lv
Postleitzahl:3601-3621
ISO-Code:LV-VEN
Burg des Deutschen Ordens

Geschichte


An der Mündung der Venta bestand eine Siedlung namens Sagare, die im Vertrag zur Teilung des Gebiets Nordkurland von 1253 schriftlich erwähnt wurde. 1290 wurde die Burg „Winda“ des Livländischen Ordens als Zentrum der Kommende Windau fertiggestellt. Die Hafenstadt gehörte zeitweise der Hanse an. 1378 erhielt Ventspils das Stadtrecht.

Als Teil des Herzogtum Kurland entwickelte sich Ventspils besonders in der Zeit Jakob Kettlers ab 1642 zu einem Zentrum des Schiffbaus. 44 Kriegsschiffe und 79 Handelsschiffe wurden gebaut; von Ventspils aus startete eine Flotte, um Gambia und Tobago zu kolonialisieren. Metall, Bernstein und Holz verarbeitende Betriebe brachten die Stadtentwicklung voran.

Während des Großen Nordischen Krieges wurde Ventspils zerstört. Die meisten der verbliebenen Einwohner fielen 1711 Seuchen zum Opfer. 1795 kam Kurland im Zuge der Dritten polnischen Teilung unter russische Herrschaft. Erst 1850 wurden Schiffbau und Handel wieder wichtig; der Hafen wurde 1890 modernisiert und per Eisenbahn mit Moskau verbunden. Er entwickelte sich zu einem der profitabelsten Häfen Russlands mit einem Erlös von 130 Millionen Rubel im Jahr 1913. Die Einwohnerzahl wuchs stetig und lag 1913 bei 29.000.

Feldbahn auf dem Flugplatz Windau, 1914–1918
Feldbahn auf dem Flugplatz Windau, 1914–1918

Im Ersten Weltkrieg wurden viele Einwohner ins Innere Russlands zwangsevakuiert. Ab Frühjahr 1915 war Ventspils deutsch besetzt. Seit 1918 gehörte die Stadt zur Republik Lettland.

Infolge des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes wurde Lettland von der Sowjetunion gezwungen, am 5. Oktober 1939 einem Protokoll zuzustimmen, demzufolge die Rote Armee unter anderem den „Schutz“ der Küsten des unabhängigen Lettland übernahm.[2] Noch im selben Monat installierte die Rote Armee einen Stützpunkt in Ventspils.

Von 1941 bis 1945 war die Stadt von der deutschen Wehrmacht besetzt. Im Juli 1941 wurden mindestens 120 jüdische Männer im Alter zwischen 16 und 60 Jahren von „Selbstschutzleuten“[3] bzw. von Mitgliedern einer Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD[4] ermordet. Am 6. September 1941 folgte die Ermordung von 183 jüdischen Frauen und Kinder durch ein „lettisches Kommando“. Der Festungs- und Ortskommandant Eric Schlubach hatte eine Anweisung bekommen, sich „in das Treiben dieser Elemente nicht einzumischen.“[3]

Unter sowjetischer Herrschaft wurde eine Öl-Pipeline nach Ventspils errichtet, und die Stadt avancierte zu einem der wichtigsten Häfen für den Erdöl-Export der UdSSR.

Durch die Einnahmen des Hafens ist Ventspils heute eine der wohlhabendsten Städte Lettlands.

Hafenausfahrt
Hafenausfahrt
Hafenpromenade
Hafenpromenade

Wirtschaft


Die Stadt hat einen eisfreien Hafen. Der Hafen von Ventspils steht beim Güterumschlag an zweiter Stelle der lettischen Häfen (nach Riga). Im Jahr 2016 wurden in Ventspils 30 % der lettischen Importe und Exporte über See umgeschlagen.[5] Der Hafen von Ventspils ist der wichtigste Umschlagort für russisches Öl und Kohle an der Ostsee.

In der Stadt wurde mit Unterstützung der Europäischen Union der Business Inkubator Ventspils geschaffen, ein Technologie- und Innovationszentrum zur regionalen Förderung von Unternehmensneugründungen im Hochtechnologiebereich.


Verkehr


Bahnhof Ventspils I
Bahnhof Ventspils I

Die Reederei Stena Line betreibt eine Fährverbindung nach Nynäshamn bzw. Stockholm Norvik (Schweden). Die Sommer-Verbindung zur estnischen Insel Saaremaa wurde 2009 eingestellt.[6]

Mit Riga und weiteren lettischen Städten ist Ventspils durch Fernbuslinien verbunden. Der Personenverkehr auf der weiterhin für den Güterverkehr genutzten Eisenbahnstrecke zwischen Riga und Ventspils wurde am 15. Februar 2010 eingestellt. Das 1901 eröffnete Empfangsgebäude des Bahnhofs Ventspils I wurde als Baudenkmal 2013 restauriert.

Der 1975 eröffnete Internationale Flughafen Ventspils ist einer der drei namhaften Flughäfen Lettlands (neben denen von Riga und Liepāja).


Bildungswesen


An der 1997 gegründeten Hochschule Ventspils (Ventspils Augstskola) gibt es Fakultäten für Wirtschaft, IT und Übersetzung mit etwa 900 Studenten im akademischen Jahr 2017/2018.[7] Seit 2007 nimmt die Hochschule am europaweiten Erasmus-Programm teil. Die engsten Kontakte bestehen mit deutschen, norwegischen und dänischen Hochschulen.


Politik


Bürgermeister von Ventspils war seit 1988 Aivars Lembergs. Lembergs reduzierte die Arbeitslosigkeit durch die Einführung von kommunal subventionierten Arbeitsplätzen. In seiner Amtszeit verbesserte sich die ökologische und ökonomische Situation der Stadt wesentlich. Ab 2006 liefen jedoch Untersuchungen wegen Bestechlichkeit, Geldwäsche und Amtsmissbrauch gegen ihn, die 2007 zu vorübergehender Inhaftierung führten. Am 6. Juli 2021 wurde Jānis Vitoliņš zu seinem Nachfolger gewählt.[8]


Sehenswertes


Lutherische Nikolauskirche
Lutherische Nikolauskirche
Katholische Heilig-Kreuz-Kirche
Katholische Heilig-Kreuz-Kirche
Baptistenkirche Ventspils
Baptistenkirche Ventspils
Orthodoxe St.-Nikolaus-Kirche
Orthodoxe St.-Nikolaus-Kirche
Ehemalige Synagoge in Ventspils
Ehemalige Synagoge in Ventspils

Sehenswert sind die restaurierte Altstadt und der Ostseestrand.

30 Kilometer nordöstlich befindet sich das Ventspils International Radio Astronomy Center (VIRAC).


Sport


Ventspils besitzt mit dem Olympiazentrum ein national bedeutsames Sportzentrum, zu dem seit 2004 eine moderne Eissporthalle gehört, die zum Zentrum des lettischen Shorttracks geworden ist. Im Januar 2008 fanden hier die Shorttrack-Europameisterschaften statt.

Der Fußball-Club FK Ventspils gehört zu den lettischen Spitzenvereinen und nimmt an europäischen Wettbewerben teil. Der 1997 gegründete Verein gewann in der Saison 2006 erstmals die lettische Meisterschaft. Noch erfolgreicher ist der Basketball-Verein BK Ventspils, der bereits neunmal lettischer Meister wurde und regelmäßig an Wettbewerben auf europäischer Ebene wie dem ULEB Cup teilnimmt.


Partnerstädte



Söhne und Töchter der Stadt



Klimatabelle


Ventspils
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
56
 
1
-2
 
 
62
 
1
-3
 
 
39
 
4
-1
 
 
40
 
9
3
 
 
41
 
14
7
 
 
59
 
17
12
 
 
103
 
21
15
 
 
73
 
21
15
 
 
62
 
17
11
 
 
86
 
11
7
 
 
59
 
5
3
 
 
72
 
2
0
Temperatur in °C,  Niederschlag in mm
Quelle: Latvian, Environment, Geology and Meteorology Agency
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Ventspils
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Max. Temperatur (°C) 0,5 0,5 3,5 8,8 13,5 17,2 20,8 21,0 16,7 10,8 5,4 2,4 Ø 10,1
Rekordmaximum (°C) 7,1 9,3 18,6 33,5 31,7 33,1 34,8 37,8 27,3 21,2 13,9 9,4 37,8
Min. Temperatur (°C) −2,2 −3,2 −1,0 3,3 7,2 11,6 14,6 14,6 11,1 6,5 2,6 −0,4 Ø 5,4
Rekordminimum (°C) −20,9 −22,5 −15,5 −4,5 −1,3 1,2 1,2 7,0 −1,0 −4,5 −14,2 −18,0 −22,5
Temperatur (°C) −0,9 −1,4 1,3 6,0 10,3 14,4 17,7 17,7 13,8 8,6 4,0 0,9 Ø 7,7
Niederschlag (mm) 56,1 62,2 39,3 40,0 41,2 58,5 103,2 73,1 62,1 85,8 59,3 72,4 Σ 753,2
Regentage (d) 12,1 10,2 7,4 8,4 7,3 8,8 8,8 9,1 9,7 13,4 12,7 14,9 Σ 122,8
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
0,5
−2,2
0,5
−3,2
3,5
−1,0
8,8
3,3
13,5
7,2
17,2
11,6
20,8
14,6
21,0
14,6
16,7
11,1
10,8
6,5
5,4
2,6
2,4
−0,4
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
56,1
62,2
39,3
40,0
41,2
58,5
103,2
73,1
62,1
85,8
59,3
72,4
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Literatur




Commons: Ventspils – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Latvijas iedzīvotāju skaits pašvaldībās (= Einwohnerzahlen der Selbstverwaltungsbezirke Lettlands), Stand: 1. Juli 2018 (lettisch), S. 1, abgerufen am 5. Januar 2019.
  2. Georg von Rauch: Geschichte der baltischen Staaten. dtv, München, 2., durchgesehene Aufl. 1977, ISBN 3-423-04297-4, S. 201.
  3. Hoppe (2011), S. 557 mit Anm. 20 und Dokument VEJ 7/26 vom 15. Juli 1941
  4. BGH Urteil vom 11. Juni 1974, Jurion.de, abgerufen 27. September 2015.
  5. Latvian Business Guide, Ausgabe 2018, S. 33.
  6. Saaremaa-Ventspils shipping line will go on a break in the 2009 season (Memento des Originals vom 16. Mai 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.slkferries.ee (englisch).
  7. Ventspils Augstskola (lettisch), abgerufen am 19. Mai 2018.
  8. Vitoliņš succeeds jailed Lembergs as Ventspils mayor, Onlinemeldung auf lsm.lv vom 6. Juli 2021, abgerufen am 10. Juli 2021 (englisch)
  9. https://www.redzet.eu/travel/apskates-vietas/baznicas/ventspils-baptistu-baznica Baptistenkirche
  10. https://www.zudusilatvija.lv/objects/object/26308/ Orthodoxe Kirche Ventspils

На других языках


- [de] Ventspils

[ru] Вентспилс

Ве́нтспилс (латыш.  Ventspils; до 1917 Винда́ва[8], нем. Windau) — портовый город в Латвии. Расположен на берегу Балтийского моря около устья реки Вента, к северу от Лиепаи и к западу от Риги.



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