Waltersdorf (oberlausitzisch: Waalerschdurf[1]) ist ein Ortsteil der sächsischen Gemeinde Großschönau im Landkreis Görlitz. Der Ort mit 1418 Einwohnern liegt elf Kilometer südwestlich von Zittau am Fuße der Lausche, des höchsten Berges des Zittauer Gebirges und zeichnet sich durch seine Umgebindehäuser aus.
Waltersdorf Gemeinde Großschönau 50.8714.652777777778392 | |
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Höhe: | 392 (360–570) m |
Fläche: | 8,82 km² |
Einwohner: | 1379 (31. Aug. 2008) |
Bevölkerungsdichte: | 156 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 2003 |
Postleitzahl: | 02799 |
Vorwahl: | 035841 |
![]() Blick über Waltersdorf zur Lausche |
Waltersdorf erstreckt sich auf einer Länge von 3,3 km im Tal des Waltersdorfer Dorfbaches von der Grenze zu Tschechien nach Norden. Südlichster Punkt ist die am Pass zwischen Lausche und Sonneberg in 571,2 m ü. M. gelegene Wache, an der sich ein Grenzübergang für Wanderer ins benachbarte Myslivny (Jägerdörfel) befindet. An der steil abfallenden Straße am Nordosthang der Lausche befinden sich in der Ortslage Sonneberg mehrere Bauden, von denen die Hubertusbaude und die Rübezahlbaude die bekanntesten sind. Am Westhang des 628,5 m hohen Sonneberges befindet sich die älteste Bergbaude des Ortes, die Sonnebergbaude, ehemals Oberer Kretscham und Gasthof zur Lausche genannt. Ihre Ersterwähnung als Schänke erfolgte im Jahre 1666, als der Ort Neuwaltersdorf für Böhmische Glaubensflüchtlinge gegründet wurde. Am Sonneberg befinden sich die früheren Waltersdorfer Sandsteinbrüche. Der hier gebrochene Stein wurde zum Baustoff für die zahlreichen kunstvollen Türstöcke, die ab 1725 die herkömmlichen Holztürstöcke ersetzten.
Die sich im Tal zwischen Butterberg und Sängerhöhe bzw. Unglückstein anschließende Ortslage Oberwaltersdorf besteht zu großen Teilen aus Umgebindehäusern, die zum Schutz vor den rauen klimatischen Bedingungen mit Schauern, vor den Portalen angebauten Vorhäuschen als Schnee- und Windfang, versehen wurden. Östlich davon liegt die Ortslage Butterberg. Im Tal des von Westen aus der Eisgasse zufließenden Kohlflüßchen stehen am Ottoberg die Häuser von Neu Sorge mit dem Sorgeteich.
Der nördlichste Teil des Dorfes ist die Ortslage Niederwaltersdorf, die sich bis zum Neuschönauer Busch in Richtung Großschönau erstreckt.
Das Dorf am Walde entstand wahrscheinlich in der Mitte des 13. Jahrhunderts im Zuge der Besiedelung des Zittauer Gebirges. Erste schriftliche Überlieferungen setzten erst 1355 ein, bereits 1384 besaß das Walterivilla genannte Dorf eine Kirche. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts lassen sich eine Mühle und ein Meierhof nachweisen.
Im Jahre 1419 erwarb die Stadt Zittau das Dorf von Nicolaus von Warnsdorff für eine Kaufsumme von 210 Mark. Als zum Zittauer Weichbild gehöriges Ratsdorf kam Waltersdorf, das ursprünglich ein Teil Böhmens war, zur Oberlausitz. Seit dem 16. Jahrhundert wurde am Sonneberg Sandstein gebrochen, der nicht nur als Baustoff, sondern wie auch im benachbarten Jonsdorf vor allem zur Herstellung von Mühlsteinen verwendet wurde. Im Dorf entstanden Steinmetzbetriebe.
1538 begann der Waltersdorfer Silberbergbau, der Teil eines im gesamten Lausitzer Gebirges ausgebrochenen Berggeschreys war, das seinen Höhepunkt in der Gründung der Stadt St. Georgenthal nach dem Muster kursächsischer Bergstädte fand. Nach der Untersuchung des Gebirges durch einen Rutengänger und Schürfen wurden insgesamt sieben Stolln in die Lausche und den Kirchberg getrieben. Dies waren der Schwarzfärber-, der Walts Gott-, der Gesellschafts-, der Alle-Engel-, der St. Paulus-, der St. Johannis- und der St. Martins-Stolln. Am Pochebach wurde ein Pochwerk angelegt. Bis 1559 lassen sich Zubußzahlungen und die Existenz eines Bergschreibers nachweisen. Danach kam der Bergbau wegen Erfolglosigkeit wieder zum Erliegen. Das ehemalige Berghaus wurde im Jahre 1600 verkauft. Mehrmals wurde bis zum Dreißigjährigen Krieg versucht, den Bergbau wiederzubeleben; nach Ende der Kriegswirren nahm Andreas Hammerschmidt 1663 die Suche nach dem Silber erneut auf, die ebenfalls erfolglos war.[2] Abgesehen von Schürfungen der Wismut in den 1950er Jahren sind später keine Bergbauversuche mehr begonnen worden.
Infolge des Oberlausitzer Pönfalls wurde Waltersdorf 1547 böhmischer Kronbesitz, bis die Stadt Zittau 1554 das Dorf zurückkaufte. Im 16. Jahrhundert wurden neue Siedlungen auf Waltersdorfer Fluren gegründet. 1557 entstand östlich, an der Straße nach Bertsdorf, die Siedlung Saalendorf. 1580 folgte das westlich an der Straße nach Niedergrund gelegene Herrenwalde. Die Rekatholisierung im benachbarten Böhmen führte zu einem Zuzug von Exulanten, 1665 entstand oberhalb von Oberwaltersdorf die Ortslage Neuwaltersdorf. Im gleichen Jahr hielt auch die Leinenweberei Einzug im Ort. 1782 wurde das Pilzdörfel gegründet.
Am 29. Juni 1648 wurde die Kirche Waltersdorf erneuert und 1657 erweitert. 1713 erfolgte ein Neubau in barockem Stil, der Kirchturm blieb jedoch erhalten. Ein Jahr danach entstand die Kirchschule. 1766 wurde durch den Zittauer Orgelbauer Johannes Tamitius die alte 1668 unter Mitwirkung von Andreas Hammerschmidt erbaute Orgel ersetzt und 1769 geweiht. 1801 und 1802 erneuerte der Glockengießer Johann Friedrich Zeißig aus Saalendorf zwei der drei Kirchenglocken, die mittlere Glocke stammt von 1661.
Waltersdorf entwickelte sich seit dem 19. Jahrhundert zu einer beliebten Sommerfrische. Carl Friedrich Matthes ließ 1823 einen bequemen Serpentinenanstieg zum Gipfel der Lausche anlegen und eine bewirtschaftete Schutzhütte errichten, die bald so stark besucht wurde, dass er sie 1825 erweiterte und eine Kegelbahn anbaute. Unter seinem Nachfolger entstand 1892 eine stattliche Bergbaude, durch die die Grenze führte und die eine böhmische und eine sächsische Schankstube besaß. Auch als Wintersportzentrum gewann der Ort an Bedeutung, 1930 entstand eine Sprungschanze und am Südhang der Lausche im Böhmen befanden sich mehrere Abfahrtshänge.
Der Saalendorfer Faktor Carl Gottlieb Kämmel, Vater des Gymnasiallehrers Heinrich Julius Kämmel, errichtete 1827 in seinem Haus eine Jacquardweberei mit mehreren Stühlen.
Durch den Zusammenschluss der Dörfer Altwaltersdorf und Neuwaltersdorf entstand 1843 die Gemeinde Waltersdorf. Im Übergang von 19. zum 20. Jahrhundert erlebte das Dorf einen großen Aufschwung, die alte Kirchschule wurde 1898 durch den Neubau einer Volksschule ersetzt, im Jahre 1900 entstand ein Postamt und 1928 zog das Gemeindeamt in ein neues Gebäude um. 1890 begann in Waltersdorf die Gasversorgung, 1905 entstand eine Röhrwasserleitung und 1910 kam auch die Elektrizität ins Dorf. Im Jahre 1913 ging die 400-jährige Geschichte der Waltersdorfer Sandsteinbrüche zu Ende, der letzte Bruch am Sonneberg wurde stillgelegt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Grenzen zur Tschechoslowakei geschlossen, zuvor wurden über die Grenze an der Wache viele vertriebene Sudetendeutsche nach Deutschland ausgewiesen. Daran erinnert an der Wache ein Gedenkstein. Am 8. Januar 1946 wurde die Baude auf der Lausche durch einen (vermutlich mutwillig gelegten) Brand zerstört.
Zu DDR-Zeiten wurde ein Kinder-Ferienlager der Deutschen Post aus Dresden in Waltersdorf am Fuße der Lausche errichtet und betrieben. Im Jahre 1956 entstand das Mühlenmuseum in der ehemaligen Mittelmühle. 1968 rollten beim Einmarsch in die Tschechoslowakei sowjetische Panzer durch den Ort und drangen über die Wache ins Nachbarland ein. Der Gipfel der Lausche wurde 1967 zum Naturschutzgebiet erklärt. Nachdem durch die undurchlässige Grenze die Abfahrtshänge der Lausche, insbesondere der beliebte Hang 13, nicht mehr zugänglich waren, wurde 1964 am Nordhang eine neue Abfahrts- und Slalomstrecke geschaffen und 1969 ein Skilift errichtet.
Nach der Wende erlosch im Dorf die traditionelle Weberei, 1990 schloss der letzte Webereibetrieb. Pläne zum Wiederaufbau der Baude auf der Lausche scheiterten bisher am Naturschutzcharakter des Gipfels.
1355/72: Waltherivilla, 1419: Waltersdorff, 1483: Waltersdorff bei der Zittaw, 1554: Waltersdorff, 1875: Waltersdorf b. Großschönau
1777: Görlitzer Kreis, 1843: Landgerichtsbezirk Löbau, 1856: Gerichtsamt Großschönau, 1875: Amtshauptmannschaft Zittau, 1952: Landkreis Zittau, 1994: Landkreis Löbau-Zittau, 2008: Landkreis Görlitz
Jahr | Einwohner[3] |
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1547 | 22 besessene(r) Mann |
1777 | 13 besessene(r) Mann, 29 Gärtner, 259 Häusler, 10 Wüstungen |
1834 | 1910 |
1871 | 1800 |
1890 | 1809 |
1910 | 2182 |
1925 | 2119 |
1939 | 1961 |
1946 | 2568 |
1950 | 2608 |
1964 | 2282 |
1990 | 1695 |
2000 | 1591 |
Zu Waltersdorf gehören die Ortsteile Herrenwalde und Saalendorf, die gemeinsam in der Gemeinde Großschönau durch einen neunköpfigen Ortschaftsrat vertreten werden.
1975 wurde im Ort und Umgebung der Fernsehfilm Schwester Agnes, mit Agnes Kraus in der Hauptrolle, gedreht.