Kestrich liegt am Vogelsberg im Naturpark „Hoher Vogelsberg“. Durch den Ort führt die Landesstraße 3071. Die Bebauungen von Kestrich und dem nordwestlich gelegenen Groß-Felda gehen ineinander über.
Geschichte
Evangelische Kirche in Kestrich
Bekanntermaßen erstmals schriftlich erwähnt wurde das Dorf in der Zeit zwischen 813 und 817, und zwar mit dem Ortsnamen chisteriche.[1] Weitere Schreibweisen des Ortsnamens waren Keistriche und Kesterich.
Das Dorf entstand um ein Hofgut der Herren von Windhausen das später den Herren von Weiters gehörte. Ab 1717 gehörten Ort und Gericht den Schenck zu Schweinsberg.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Kestrich:
„Kestrich (L. Bez. Alsfeld) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg in einem engen Thale an der Felda, so wie 31⁄4 St. von Alsfeld, und gehört dem Freiherrn von Schenk. Der Ort hat 77 Häuser, 413 Einwohner, die außer 73 Juden evangelisch sind, sodann 1 Kapelle, 1 Synagoge und 1 Mühle. Die Einwohner beschäftigen sich stark mit der Spinnerei und Leineweberei.“[3]
Neben der Fachwerkkirche liegt die ehemalige Synagoge von Feldatal. Sie wurde im 18. Jahrhundert erbaut und 2005 aufwändig renoviert.
Gebietsreform
Am 31. Dezember 1971 wurden im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbstständigen Gemeinden Ermenrod, Groß-Felda, Kestrich, Köddingen, Stumpertenrod, Windhausen und Zeilbach zur neuen Großgemeinde Feldatal zusammengeschlossen.[4]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Kestrich lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5][6]
vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Felda
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Amt Ulrichstein (Söhne der Margarethe von der Saale)[7]
ab 1570: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Ulrichstein, Gericht Felda
1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
ab 1604: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Amt Ulrichstein, Gericht Felda[8]
1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Kestrich der Schenck zu Schweinsberg[9]
ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Ulrichstein, Gericht Kestrich[12]
Ab 1820: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Ulrichstein, Patrimonialgericht der Freiherrn Schenck zu Schweinsberg
ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Romrod (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Alsfeld) und Verwaltung)[13]
ab 1829: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Alsfeld (Amtssitzverlegung)
ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Alsfeld
ab 1838: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Alsfeld
ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Alsfeld
ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Alsfeld
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Alsfeld
ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Schotten
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Schotten
ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Alsfeld
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Kestrich das Patrimonialgericht der Freiherrn Schenck zu Schweinsberg zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Kestrich fiel in den Gerichtsbezirk des Landgerichts Alsfeld. Im Jahr 1823 gaben Freiherrn Schenck zu Schweinsberg ihre Rechte am Gericht Kestrich an das Großherzogtum Hessen ab.
Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[14] Durch Verfügung des Großherzoglich Hessischen Ministerium des Innern und der Justiz wurde am 1. Dezember 1838 Kestrich an den Bezirk des neu errichteten Landgerichts Ulrichstein abgetreten.[15]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Ulrichstein“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[16]
1943 verlor das Amtsgericht Ulrichstein seine Selbständigkeit und wurde zur Zweigstelle des Amtsgerichts Schotten.[17] Mit Wirkung zum 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Schotten und Kestrich kam zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Alsfeld.[18]
Die übergeordneten Instanzen sind jetzt, das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1][2]; Zensus 2011[21]
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.141 (Online bei google books).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.347.
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.13ff., §24 Punkt d) VIII. (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.9 (Online bei google books).
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.423 (online bei Google Books).
Georg W. Wagner:Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.6ff. (online bei Google Books).
Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7.August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 42,9MB]).
Bekanntmachung, die Errichtung eines Landgerichts zu Ulrichstein betr. vom 31.Oktober 1938. In: Großherzogliches Ministeriums des Inneren und der Justiz (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1838 Nr.36, S.385 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 40,9MB]).
Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14.Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): GroßherzoglichHessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 17,8MB]).
Verfügung des Landgerichtspräsidenten in Gießen vom 16. Juni 1943 — 3200 — Betrifft: Errichtung der Zweigstelle Ulrichstein des Amtsgerichts Schotten
Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12.Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr.4, S.41–44, Artikel 1, Abs. 2 f) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 298kB]).
Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.117 (Online bei google books).
Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.12 (Online bei google books).
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