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Tournai (französisch, aus lateinisch Turnacum;[1] niederländisch Doornik, deutsch veraltet Dornick) ist eine Stadt am Fluss Escaut (niederländisch: Schelde) in der Provinz Hennegau (niederländisch Henegouwen, französisch Hainaut) in Wallonien, dem überwiegend französisch sprechenden Teil Belgiens. Sie hatte am 1. Januar 2019 gemäß den Angaben des Nationalen Registers 69.233 Einwohner.[2] Die Stadt liegt etwa 85 km südwestlich von Brüssel. Mit einer Fläche von über 213 km² ist sie die größte Gemeinde Belgiens.

Tournai
Tournai (Hennegau)
Tournai (Hennegau)
Tournai
Staat: Belgien Belgien
Region: Wallonien
Provinz: Hennegau
Bezirk: Bezirk Tournai-Mouscronwub
Gemeinschaft: Französische Gemeinschaft Belgiens
Koordinaten: 50° 36′ N,  23′ O
Fläche: 213,75 km²
Einwohner: 69.083 (1. Jan. 2020)
Bevölkerungsdichte: 323 Einwohner je km²
Postleitzahl: 7500, 7501, 7502, 7503, 7504, 7506, 7520, 7521, 7522, 7530, 7531, 7532, 7533, 7534, 7536, 7538, 7540, 7542, 7543, 7548
Vorwahl: 069
Bürgermeister: Paul-Olivier Delannois (PS)
Adresse der
Kommunalverwaltung:
Rue Saint-Martin 52
7500 Tournai
Website: www.tournai.be
lblelslh

Ortsname



Administrative Gliederung


Seit dem Zusammenschluss belgischer Gemeinden 1977 besteht die Gemeinde Tournai aus 30 Entitäten oder Sektionen. Das sind neben der alten Stadt Tournai 29 Dörfer.[3] Alle diese Sektionen waren vor 1977 eigenständige Gemeinden. Durch die Fusion wurde Tournai zur flächenmäßig größten Kommune Belgiens, mit einer Fläche von 213,75 km². Die Kommune gliedert sich in fünf Distrikte: Tournai, Froidmont, Gaurain, Kain und Templeuve.[4] Von den insgesamt etwa 70.000 Einwohnern leben gut 30.000 in der Kernstadt Tournai.[5]

Sektionen der Gemeinde Tournai
Sektionen der Gemeinde Tournai
Gemeinden im Arrondissement Tournai-Mouscron
Gemeinden im Arrondissement Tournai-Mouscron
Nr.NameDistriktPostleitzahl
ITournaiTournai7500
IIChercqTournai7521
IIISaint-MaurTournai7500
IVEreFroidmont7500
VWillemeauFroidmont7506
VIFroidmontFroidmont7504
VIIOrcqTempleuve7501
VIIIMarquainTempleuve7522
IXEsplechinFroidmont7502
XLamainTempleuve7522
XIHertainTempleuve7522
XIIBlandainTempleuve7522
XIIITempleuveTempleuve7520
XIVRamegnies-ChinTempleuve7520
XVFroyennesTempleuve7503
XVIKainKain7540
XVIIMont-Saint-AubertKain7542
XVIIIMourcourtKain7543
XIXRumilliesKain7540
XXWarchinTournai7548
XXIHavinnesGaurain7543
XXIIMellesGaurain7540
XXIIIQuartesGaurain7540
XXIVThimougiesGaurain7543
XXVBéclersGaurain7532
XXVIMauldeGaurain7534
XXVIIBarryGaurain7534
XXVIIIVezonGaurain7538
XXIXGaurain-RamecroixGaurain7530
XXXVaulxGaurain7536

Tournai ist Teil des Arrondissements Tournai-Mouscron in der Provinz Hainaut. Diese gehört wiederum zur Wallonischen Region sowie zur Französischen Gemeinschaft Belgiens. Tournai ist frankophon.


Politik


Bei der Kommunalwahl 2018 erreichte der Parti Socialiste 35,92 Prozent, der liberale Mouvement Réformateur 22,67 Prozent, der grüne Ecolo 17,77 Prozent, die Liste Ensemble! (deutsch: „Gemeinsam!“), Nachfolgerin des christlich-sozialen Centre Démocrate Humaniste, 14,02 Prozent und der linke Parti du Travail de Belgique 5,60 Prozent. Dies bedeutete im Gemeinderat 16 Sitze für den PS, 10 Sitze für den MR, 7 Sitze für Ecolo, 5 Sitze für Ensemble! und einen Sitz für den PTB. Die Sozialisten und die Liberalen hatten gegenüber der letzten Kommunalwahl deutliche Verluste erlitten, die bis 2018 regierende Koalition dieser beiden Parteien zerbrach. Wahlsieger war Ecolo mit starken Zugewinnen. Es bildete sich eine Koalition von PS und Ecolo, zum Bürgermeister wurde Paul-Olivier Delannois von der Sozialistischen Partei gewählt.[6]


Geschichte


Tournai liegt an der Stelle des römischen Turnacum, das seit diokletianischer Zeit der Hauptort (civitas) der Menapier war. Sie ist nach Tongern die älteste Stadt Belgiens.

Die Stadt wurde Mitte des 5. Jahrhunderts unter Merowech merowingischer Herrschaftssitz, von wo aus auch Childerich I. agierte. Nach 487 verlegte Chlodwig I. den Königssitz nach Soissons. Die Stadt gehörte seitdem zum Frankenreich und kam im 10. Jahrhundert zur Grafschaft Flandern.

Nach der Schlacht bei Guinegate wurde die Stadt von den Engländern belagert und musste am 24. September 1513 kapitulieren. Der spätere englische Kardinal Thomas Wolsey bemächtigte sich gegen den von Papst Leo X. als gewählten Bischof 1513 eingesetzten Lois Guillard 1514 des Bistums Tournai. Wolsey gab es erst 1519 für eine jährliche Leibrente von 12.000 Livre des französischen Königs Franz I. frei.1)

1521 kam die Stadt in den Besitz der Habsburger und blieb auch nach der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande bei den Spanischen Niederlanden. Ab 1714 gehörte sie zu den Österreichischen Niederlanden.

1653 wurde in Tournai das Grab des Königs Childerich entdeckt, dessen Grabbeigaben 1831 teilweise gestohlen wurden. Der andere Teil befindet sich in der Bibliothèque nationale de France in Paris.

1709 wurde Tournai während des Spanischen Erbfolgekrieges von den Truppen des Herzogs von Marlborough und des Prinzen Eugen von Savoyen eingenommen.

Im Jahr 1745 wurde die Stadt im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen unter dem Maréchal de Saxe belagert und erobert, wobei die Zitadelle komplett zerstört wurde. Tournai war bis zum Frieden von Aachen (1748) in französischer Hand und wurde anschließend zurückgegeben.

Die Niederlande wurden 1794/Januar 1795 von französischen Revolutionstruppen erobert; der Hennegau mit Tournai gehörte von 1795 bis 1814 zum französischen Département Jemappes. Von 1815 bis 1830 (Unabhängigkeit Belgiens) gehörte das Gebiet zum Königreich der Vereinigten Niederlande.

Im Ersten Weltkrieg war Tournai als Eisenbahnknotenpunkt und Sitz des Heeresgruppenführers Kronprinz Rupprecht von Bayern im Bischofspalais ein prädestinierter Etappenort und häufig Ziel von Luftangriffen.

Im Juni 1940 besetzte die Wehrmacht im Frankreichfeldzug Tournai und ganz Nordfrankreich; Frankreich musste den kapitulationsähnlichen Waffenstillstand von Compiègne unterzeichnen. Am 6. Juni 1944 begann die Landung in der Normandie; am 26. August 1944 kapitulierte die deutsche Wehrmacht in Paris. Anschließend rückten die westalliierten Truppen sehr schnell Richtung Osten voran. Am 31. August 1944 schlug Brigadegeneral Truman C. Thorson vor, Richtung Tournai vorzurücken, um den Kessel von Mons vorzubereiten. General Omar N. Bradley befahl General Hodges, seine Truppen Richtung Tournai zu ziehen.[7] Am 2. September ab 14 Uhr trafen US-Truppen und britische Truppen dort ein;[8] auf dem Weg fanden sie fast keinen Widerstand.[7]


Sehenswürdigkeiten


Die mittelalterliche Altstadt von Tournai ist gut erhalten. Besonders sehenswert sind die Kathedrale Notre-Dame (erbaut 1110 bis 1325) und der um 1200 erbaute und damit älteste belgische Belfried, die beide zum UNESCO-Welterbe gehören. Nordwestlich des Belfrieds schließt sich der Grand-Place an, der mit seiner dreieckingen Form einen ungewöhnlichen Schnitt aufweist. Er wurde vom 1. bis 4. Jahrhundert als Friedhof benutzt und Ausgrabungen Ende des 20. Jahrhunderts konnten Reste einer karolinischen Kapelle nachweisen. Die Verleihung der Gemeindecharta durch Philipp II. im Jahr 1187 leitete das Wachstum der Stadt und des Marktplatzes ein, so dass er das Zentrum des kommunalen Lebens wurde.[9] Kriegsschäden aus dem Jahr 1940 wurden in der Nachkriegszeit stilgerecht behoben, so dass der Platz seinen ursprünglichen Charakter bewahrt hat. Der Renaissancebau der Tuchhalle wurde nach Plänen von Jacques Van den Steen im Jahr 1610 errichtet.[10]

Ferner ist auch die Pont des Trous sehenswert, eine Brücke über den Escaut als Teil der mittelalterlichen Befestigung.[11] Die Brückenbögen des Pont des Trous wurden allerdings nach langen politischen Auseinandersetzungen gegen erhebliche Widerstände im August 2019 abgerissen, um die Durchfahrt größerer Schiffe auf dem Fluss zu ermöglichen. Es stehen nur noch die Türme auf den beiden Seiten des Escaut. Eine Restaurierung der Brücke ist geplant, es ist jedoch noch nicht klar, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt.[12]

In der 1797 säkularisierten Benediktinerabtei St. Martin aus dem 11. Jahrhundert ist heute das Rathaus untergebracht. Das Gebäude hat eine neoklassische Fassade aus dem 18. Jahrhundert und ist in eine Parkanlage eingebettet. Erhalten ist noch die romanische Krypta aus dem 12. Jahrhundert. Das Musée des Beaux-Arts, geplant von Victor Horta, wurde 1928 eröffnet und beherbergt eine Gemälde- und Skulpturensammlung.


Wirtschaft


Tournai war früher ein bedeutendes Zentrum des Textilhandels und der Anfertigung von hochwertigen Textilien (in Tournai wird die Hauptmanufaktur der Millefleurs-Wandteppiche vermutet). Berühmt ist der sogenannte Tournai-Teppich (der auch Tournay-Teppich genannt wird). Die Textilindustrie hat auch heute (2008) noch eine gewisse Bedeutung.


Sport


Von 1911 bis 1996 wurde mit Unterbrechungen das Radrennen Binche–Tournai–Binche ausgetragen. Seit dem Jahre 2010 wird es wieder veranstaltet (in der UCI-Kategorie 1.1.): es trägt in Erinnerung an den 2009 verstorbenen belgischen Radsportler den Namen 'Mémorial Frank Vandenbroucke'.


Städtepartnerschaft



Persönlichkeiten



Söhne und Töchter der Stadt



Mit Tournai verbunden



Geologie


Nach der Stadt Tournai ist die geologische Stufe Tournaisium benannt, die unterste Stufe des Mississippiums im Karbon. Sie umfasst ca. den Zeitraum 359 bis 347 Millionen Jahre vor heute.


Siehe auch




Commons: Tournai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Tornick in der Topographia Circuli Burgundici (Mathäus Merian) – Quellen und Volltexte

Fußnoten


  1. Vgl. Willem Pée: Flamentum in Französisch-Flandern. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Band 83, 1960, S. 107–113, hier: S. 108: „die sonderbare Gewohnheit [der Deutschen], flämische Orte immer mit ihrem französischen Namen zu nennen“.
  2. Siehe Statistiques de population: Chiffres de population au 1er janvier 2019 auf der Website des Service Public Fédéral Intérieur, online.
  3. Tournai et ses 29 villages, online, abgerufen am 16. November 2019.
  4. Les districts administratifs, online, abgerufen am 17. November 2019.
  5. Évolution de la population à Tournai (période 2002–2007), online, abgerufen am 16. November 2019.
  6. Amtliches Wahlergebnis von der Seite https://elections2018.wallonie.be: Commune de Tournai; Bericht auf der Seite rtbf.be, 14. Oktober 2018: Tournai: Paul-Olivier Delannois, bourgmestre d'une majorité PS-Ecolo, online.
  7. ibiblio.org S. 680.
  8. www.belgiumwwii.be.
  9. Grand-Place. In: Patrimoine. Ville de Tournai, abgerufen am 30. Oktober 2022.
  10. Paul Delforge: 1610 : (Re)construction de la Halle aux Draps de Tournai. In: Connaître la Wallonie. Service public de Wallonie, abgerufen am 30. Oktober 2022.
  11. Historische Karte der Festung als Digitalisat
  12. Siehe etwa: Benjamin Puech: La municipalité de Tournai choisit de détruire un pont médiéval pour améliorer la navigation, in: Le Figaro, 12. Februar 2019, online; Tournai s’apprête à dire adieu à son pont médiéval trop étroit pour la navigation, in: Le Figaro, 31. Juli 2019, online; Suivez en direct la démolition du pont médiéval de Tournai, in: Le Figaro, 2. August 2019, online; Tournai verliert ein Wahrzeichen: Die Pont des Trous muss weichen, in: Grenz-Echo, 3. August 2019, online.

На других языках


- [de] Tournai

[en] Tournai

Tournai or Tournay[2] (/tʊərˈneɪ/ toor-NAY; French: [tuʁnɛ] (listen); Dutch: Doornik [ˈdoːrnɪk] (listen); Picard: Tornai; Walloon: Tornè [tɔʀnɛ] (listen); Latin: Tornacum) is a city and municipality of Wallonia located in the province of Hainaut, Belgium. It lies 85 km (53 mi) southwest of Brussels on the river Scheldt. Tournai is part of Eurometropolis Lille–Kortrijk–Tournai, which had 2,155,161 residents in 2008.[3][4]

[es] Tournai

Tournai (en neerlandés Doornik, en alemán Dornick, en latín Tornacum) es una ciudad francófona de Bélgica situada en la Región Valona, cabecera de arrondissement en la provincia de Henao y sede del obispado de Tournai.



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