world.wikisort.org - Deutschland

Search / Calendar

Winzingen war früher ein Winzerdorf. Es wurde 1892 in die pfälzische Stadt Neustadt an der Haardt, heute Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) eingemeindet. Mittlerweile hat Winzingen nur noch die Eigenschaft eines Stadtviertels, zählt also rechtlich nicht mehr als eingemeindeter Ortsteil. Im Mittelalter war das damalige Dorf Namensgeber für die 2 km nordwestlich gelegene Burg Winzingen.

Winzingen
Stadt Neustadt an der Weinstraße
Ehemaliges Gemeindewappen von Winzingen
Ehemaliges Gemeindewappen von Winzingen
Höhe: 132 m ü. NHN
Eingemeindung: 1892
Postleitzahl: 67433
Vorwahl: 06321
Karte
Karte
Gemarkung Neustadt-Winzingen

Geographische Lage


Winzinger Wassergescheid
Winzinger Wassergescheid

Das Stadtviertel liegt auf rund 132 m Höhe[1] östlich des historischen Stadtkerns von Neustadt und im Wesentlichen südlich des Speyerbachs. In diesen mündet im Norden Winzingens von links der gut 1,5 km lange Floßbach. Westlich der Innenstadt vom Speyerbach abgezweigt, fließt er zunächst durch den Norden der Kernstadt und dann durch Winzingen.

200 m östlich der Floßbachmündung wird am Nordostrand Winzingens in der heutigen Wohngemarkung Böbig seit dem Spätmittelalter der Rehbach mit einem Drittel der Wassermenge vom Speyerbach nach links abgeleitet. Die trennende Einrichtung heißt Winzinger Wassergescheid.

Am Nordrand Winzingens führt als Maximilianstraße ein Rest der Bundesstraße 38 vorbei, die den Neustadter Westen mit der Anschlussstelle 12 Neustadt-Nord der Autobahn 65 (Ludwigshafen–Karlsruhe) verbindet.


Geschichte



Chronik


Name nach dem Dorf: Burg Winzingen
Name nach dem Dorf: Burg Winzingen
Winzingen 1836
Winzingen 1836
Jesu Kreuzigung, Fresko aus der Alten Winzinger Kirche
Jesu Kreuzigung, Fresko aus der Alten Winzinger Kirche
Winzingen um 1925
Winzingen um 1925

In Zusammenhang mit Schenkungen an das Kloster Weißenburg wurde der Ort 774 unter dem Namen „Wincingas“ erstmals erwähnt, und zwar in einer im Codex Edelini zitierten Urkunde. Die eigentliche Gründung durch den germanischen Stamm der Franken erfolgte aber vermutlich schon früher. Die Bezeichnung „Wincingas“ könnte auf die lateinischen Wörter vinum (Wein) und cingere (umgürten) zurückgehen. Der Name (villa) vincincta bedeutet wein(berg)umgürtete Siedlung und wäre ein Hinweis auf den seit der Römerzeit in der Region betriebenen Weinbau.

Winzingen ist viel älter als die „Neue Stadt“, die bis 1936 und von 1945 bis 1950 Neustadt an der Haardt hieß. Als Neustadt im frühen 13. Jahrhundert durch die Pfalzgrafen Ludwig I. und dessen Sohn Otto II. gegründet wurde, gehörte die Ansiedlung Winzingen zu deren gleichnamiger Burg, die im 10. Jahrhundert 2 km nordwestlich am Hang der Haardt erbaut wurde und heute Ruine ist. Das Bild der Burg prägte auch das frühere Wappen von Winzingen. Bereits mit der Gründung der Stadt verlor die Gemeinde Winzingen einen Teil ihrer Eigenständigkeit und gehörte fortan zum „Neustadter Bann“. Die Siedlung lag zu dieser Zeit am Speyerbach 1 km unterhalb, also östlich der Neugründung.

Die heute noch erhaltene Alte Winzinger Kirche, ältestes Gotteshaus Neustadts, wurde im 13. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und war dem hl. Ulrich geweiht; 1281 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. Bodenfunde deuten auf einen Vorgängerbau aus der Zeit der Karolinger hin. Nach der Reformation ging das Gebäude in das Eigentum der Reformierten über, was im Jahr 1705 bei der Pfälzischen Kirchenteilung endgültig besiegelt wurde.[2]

Das Winzinger Gebiet verfügte Ende des 18. Jahrhunderts über 97 Morgen Acker, 41 Morgen Weinberge, 30 Morgen Wiesen und 2 Morgen Gärten. Die Gemeinde besaß keinen eigenen Wald, sondern hatte Rechte in den Neustadter Geraiden. Im Jahr 1869 lebten in Winzingen 733 Einwohner in 181 Familien, die sich auf acht Wohnplätze verteilten. Die letzte Volkszählung vor der Eingemeindung verzeichnete 54 % Protestanten, 41 % Katholiken und 5 % Angehörige anderer Konfessionen. Die 1116 Einwohner des 213 Hektar großen Gemeindegebiets verteilten sich auf fünf Ortsteile, nämlich die Weiler Bannmühle und Branchweiler, die Einzelanwesen Böbig und Wiesenmühle und das Kirchdorf Winzingen.[3] Bei der Eingemeindung – letzter Bürgermeister war der Ziegeleibesitzer Ludwig Häußer – hatte Winzingen 1282 Einwohner, die in etwa 15 verschiedenen Straßen und Gassen sowie auf dem Branchweilerhof und in der Bischofsmühle wohnten.

In der Zeit des Nationalsozialismus hielt am 22. April 1937 Pastor Martin Niemöller in der Alten Winzinger Kirche auf Einladung des Pfarrernotbundes eine vielbeachtete Rede. Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Kirchturm am 21. März 1945 durch eine Granate zerstört,[4] mit der die deutsche Abwehr die vorrückenden US-Truppen aufhalten wollte.[2] Seit einem Grabfund 1981 steht die alte Kirche unter Denkmalschutz; ab 1996 wurde sie durch einen Förderverein restauriert und zum Kulturhaus ausgebaut, in dem jährlich 24 Konzerte veranstaltet werden und außerdem Jubiläen, Hochzeiten und Taufen stattfinden.[5]


Schultheiße im 17. Jahrhundert



Bürgermeister und Adjunkte 1815–1891


Nach dem Ende der Koalitionskriege und bis zur Eingemeindung waren die folgenden Bürgermeister und ihre Adjunkt genannten Stellvertreter im Amt.

ZeitBürgermeisterBerufAdjunktBeruf
1815–1834Christian Adam SchimpfZiegler1819 Gerhard JansonGutsbesitzer auf dem Branchweilerhof
1835–1848Johann Philipp SchaafGutsbesitzer und Gastwirt(Johann) Georg LorchRotgerber, Gutsbesitzer
1841 (VIII)Jacob DeidesheimerZiegler
1841 (IX)Ludwig LieberichMüller, Besitzer der Kronenmühle
1846 (VI)Martin HäußerZiegeleibesitzer
1846–1868Martin HäußerZiegeleibesitzerHeinrich Schmidt
1853–1860Jacob Winter sen.Wagner
1860–1863Heinrich MattilMüller
1863Nikolaus FickSchreiner
1868–1886Johann Philipp RielGerber, Müller, Besitzer der BischofsmühleHeinrich Schmitt II
1877 Philipp Bernhard
1880–1888 Nikolaus Mallrich Besitzer der Wiesenmühle
1888–1891Ludwig HäußerZiegeleibesitzerJohann ErlenweinKüfermeister

Wirtschaft und Infrastruktur



Wirtschaft


Die 1849 in Neustadt von Jacob Neubauer gründete Stärkefabrik J. Neubauer & Co. zog 1854 nach Winzingen an den Mönchshof, wo sie bis etwa 1920 betrieben wurde. Neben Wein- und Ackerbau und der Wiesenbewirtschaftung bestimmte die Mühlenwirtschaft lange Zeit den Wirtschaftsertrag Winzingens mit. Die Standorte entwickelten sich Ende des 20. Jahrhunderts teilweise zu größeren Betrieben, wie die Rollgerstefabrik und Kunstmühle Lieberich und die Textilfabrik Friedrich Helfferich.

Die 1847 eröffnete Pfälzische Ludwigsbahn (Ludwigshafen–Neustadt–Kaiserslautern) zog östlich an Winzingen vorbei und zerschnitt die in und bei Winzingen gelegenen Fluren. Die 1855 erbaute Maximiliansbahn (Neustadt–Landau–Wissembourg) konnte von 1887 bis 1998 über ein Gleisdreieck ohne Kopfhalt in Neustadt Hbf. direkt in Richtung Ludwigshafen fahren. Seit Anfang 1900 siedelten sich östlich des Bahnkörpers bedeutende Firmen an, wie Wayss & Freytag und die Internationale Baumaschinenfabrik, außerdem das Gas- und das E-Werk und der Schlachthof.

Vor allem nach 1945 wuchs die Stadt weiter nach Osten über das alte Winzingen hinaus und mit Branchweiler zusammen.


Straßenverkehr


Wichtige Straßen, die Winzingen an den städtischen und regionalen Verkehr anschließen, sind die Martin-Luther-Straße (Kreisstraße 23) und Winzinger Straße in Nord-Süd-Richtung sowie die in West-Ost-Richtung verlaufenden Konrad-Adenauer-Straße und Hindenburgstraße/Branchweilerhofstraße.


Feste


Inmitten von Winzingen, zwischen dem von Pappeln gesäumten Floßbach (links/nördlich) und dem Speyerbach (rechts/südlich), liegt in einer ehemals von Überschwemmung bedrohten Senke, die deswegen nicht mit Häusern bebaut wurde, die Festwiese. Dort fand bis 2008 alljährlich um den Monatswechsel Juni/Juli die Winzinger Kerwe statt. Diese aus einem Kirchweihfest hervorgegangene Veranstaltung war mit mehr als hundert Schaustellern und Fahrgeschäften das zweitgrößte Volksfest Neustadts nach dem Deutschen Weinlesefest. 2011 wurde das endgültige Aus verkündet, weil die Weinfeste der Umgebung zu viele Besucher abgezogen hatten.[6]


Söhne und Töchter des Ortes



Literatur





Einzelnachweise


  1. Zentrum des Stadtviertels Winzingen auf: Kartendienst des Landschaftsinformationssystems der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz (LANIS-Karte) (Hinweise), abgerufen am 15. September 2021.
  2. Alte Winzinger Kirche. Martin-Luther-Kirchengemeinde Neustadt an der Weinstraße, abgerufen am 15. September 2021 (Tippfehler „1750“ statt richtig „1705“).
  3. Karl von Rasp (Carl Rasp): Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Regierungsbezirken, Verwaltungsdistrikten… München 1888, S. 739 (Digitale Sammlungen der Bayerischen Landesbibliothek).
  4. Alte Winzinger Kirche. Förderverein Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt, abgerufen am 29. Juni 2014 (mit historischem Foto).
  5. Fördergemeinschaft Alte Winzinger Kirche. kultur-in-neustadt.eu, abgerufen am 15. September 2021.
  6. Rolf Sperber: Aus für ältestes Volksfest. In: Lampertheimer Zeitung. 19. Januar 2011, abgerufen am 15. September 2021.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2024
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии