Tröglitz ist eine Ortschaft der Gemeinde Elsteraue im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt.
Tröglitz Gemeinde Elsteraue | ||
---|---|---|
![]() | ||
Höhe: | 174 m | |
Fläche: | 11,95 km² | |
Einwohner: | 2432 (31. Dez. 2021)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 204 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Juli 2003 | |
Postleitzahl: | 06729 | |
Vorwahl: | 03441 | |
Lage von Tröglitz in Sachsen-Anhalt | ||
Zur Ortschaft Tröglitz gehören die Ortsteile Alt-Tröglitz, Gleina und Kadischen, sowie die Wohnplätze Burtschütz, Stocksdorf und Techwitz.
Tröglitz wurde 1937 als Arbeitersiedlung für die Angestellten der damaligen Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) erbaut. Die Wohn- und Siedlungshäuser entsprechen dem Baustil von Arbeiterwohnungen der 1930er Jahre.
Zwischen 1944 und 1945 befand sich in den Gemeinden Tröglitz, Gleina und Rehmsdorf ein Konzentrationslagerkomplex, der dem Hauptlager Buchenwald unterstand. Bis Ende 1944 wurden über 5.000 Gefangene[2], darunter tausende ungarische Juden, in einem improvisierten Zeltlager in Tröglitz untergebracht, die für die BRABAG Zwangsarbeit verrichten mussten. Es war das erste Buchenwalder Außenlager mit jüdischen Häftlingen. Das Außenlager „Wille“ war von einer hohen Todesrate gezeichnet: von 8.572 Häftlingen, deren Verlegung von Buchenwald in das Außenlager dokumentiert wurde, starben 5.871[2].[3]
Charakteristisch war die schwere Bauarbeit, die die Häftlinge verrichten mussten, die daraus resultierende hohe Todesrate und hohe Fluktuation der Häftlinge. Zwischen Buchenwald und Tröglitz sowie Rehmsdorf entwickelte sich nachgerade ein Pendelverkehr: Kranke und sterbende Häftlinge wurden gegen neue Häftlinge ausgetauscht; einzelne Funktionshäftlinge fuhren regelmäßig ins Hauptlager und zurück. Die Gefangenen mussten Baumaterialien entladen, Straßen und Gleise im Werk reparieren, beschädigte Rohr- und Kabelnetze freilegen sowie Blindgänger entschärfen, so dass deutsche Techniker den komplizierten Chemiebetrieb rasch wieder aufbauen konnten. Die schwere Bauarbeit führte schon nach wenigen Wochen zur völligen Erschöpfung der Häftlinge. Wenn Gefangene auf dem Betriebsgelände der BRABAG starben, wurden sie häufig zusammen mit dem Bauschutt entsorgt.[4][5][6] Im Außenlager „Wille“ war auch der spätere Literaturnobelpreisträger Imre Kertész eingesetzt, der seine Erlebnisse im Roman eines Schicksallosen verarbeitet hat.[7]
Die Bombenangriffe der Alliierten auf das Hydrierwerk der BRABAG trafen auch Häuser außerhalb der Industrieanlagen. In der Stadt Zeitz, in den Orten Alt-Tröglitz, Rehmsdorf, Torna, Göbitz und Könderitz waren hohe Sachschäden und Todesopfer die Folge.
Am 1. November 1946 kam es im Bahnhof Tröglitz zu einem schweren Eisenbahnunfall. Ein Zug mit Flüchtlingen und Vertriebenen wurde versehentlich auf ein Stumpfgleis geleitet, überfuhr den Prellbock und entgleiste. 30 Menschen starben, 23 weitere wurden verletzt.[8]
Durch eine Kohlenstaubexplosion in der Mahlanlage des Hydrierwerks Tröglitz am 29. Mai 1948 kamen über 40 Menschen ums Leben, mehr als 100 wurden teils schwer verletzt.[9][10][11]
Am 1. Juli 1950 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Gleina eingegliedert.
Zusammen mit neun weiteren Gemeinden bildete Tröglitz am 1. Juli 2003 die neue Gemeinde Elsteraue.[12]
Die Kreisverwaltung des Burgenlandkreises plante im Dezember 2014 rund 60 Flüchtlinge in Wohnungen in Tröglitz unterzubringen. Die Sitzung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Im Mai 2015 sollten 40 Flüchtlinge in Tröglitz in einem Wohnhaus mit zwölf Wohnungen untergebracht werden.[13] Im Vorfeld führten Tröglitzer Bürger, Mitglieder der Partei NPD sowie diesen nahestehende Kreise ab Januar 2015 jeden Sonntag Protestaufzüge in der Ortschaft durch. Als bei der zehnten Demonstration die Endkundgebung des Aufzuges vor dem Privathaus von Ortsbürgermeister Markus Nierth abgehalten werden sollte, er nur sehr wenig Rückhalt aus der Bürgerschaft erhielt und seitens des Burgenlandkreises das von Nierth geforderte Versammlungsverbot nicht ausgesprochen wurde, sah er sich außerstande, das Amt weiterzuführen.[14][15][16] Anfang März 2015 trat Nierth als Ortsbürgermeister zurück, um nach eigenen Angaben seine neunköpfige Familie und sich zu schützen.[17] Der von der CDU nominierte parteilose Theologe war fünfeinhalb Jahre Amtsinhaber.
In der Nacht zum 4. April 2015 brannte es im Dachstuhl des für die Flüchtlinge vorgesehenen Wohnhauses. Zwei Mieter des Hauses, die sich oberhalb der für die Asylbewerber vorgesehenen Fläche in ihrer Privatwohnung aufhielten, konnten sich unverletzt in Sicherheit bringen, nachdem sie zuvor von Anwohnern gewarnt worden waren. Das Feuer wurde laut Angaben der Polizei durch Brandstiftung ausgelöst,[18] wovon auch Nierth am Folgetag ausging. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht reisten zum Tatort.[19] Dem Demonstrationsaufruf der neu gegründeten Bürgerinitiative „Miteinander – füreinander“ folgten am 4. April 2015 rund 300 Personen.[20] Einige Tröglitzer äußerten die Absicht, Zufluchtsuchende bei sich privat aufnehmen zu wollen.
Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen, da ein politischer Hintergrund bei dem Brand vermutet wurde. Die Aussage des Direktors des LKA Sachsen, Jürgen Schmökel, es würde in alle politischen Richtungen ermittelt, löste Kritik im Landtag Sachsen-Anhalts aus, da es für eventuelle linke Täter keine Hinweise gibt.[21]
Nach dem Brand sagte der Landrat des Burgenlandkreises Götz Ulrich, dass an den Plänen der Flüchtlingsunterbringung festgehalten werde. Er gab zudem an, regelmäßige Drohungen bis hin zu Morddrohungen für diese Entscheidung zu bekommen.[22] Ulrich erhielt daraufhin Polizeischutz. Im Januar 2016 entschied Ulrich, dass es in dem betreffenden Haus keine Flüchtlingsunterkunft geben soll, da die Renovierung erst 2017 abgeschlossen sein wird.[23]
Am 11. Juli 2016 stellte die Staatsanwaltschaft Halle die Ermittlungen ergebnislos ein. Die Ermittler gingen laut Staatsanwaltschaft rund 350 Hinweisen nach. Etwa 600 Haushalte wurden befragt, rund 250 Vernehmungen geführt. Bei sechs Menschen, die mit dem Brand in Verbindung gestanden haben könnten, hätten sich die Verdachtsmomente nicht bestätigt.[24]
Der Ortschaftsrat setzt sich aus acht Mandatsträgern wie folgt zusammen:[25]
Der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth, Ortsratsmitglied für die CDU, trat im März 2015 zurück. Rechtsextremisten hatten zuvor eine Kundgebung gegen dessen Politik vor seinem Wohnhaus geplant.[26] Zum neuen Bürgermeister wählte der Ortschaftsrat am 16. April mit sechs Stimmen bei zwei Enthaltungen den parteilosen Thomas Körner.[27]
Das Wappen wurde am 20. April 1994 durch das Regierungspräsidium Halle genehmigt.
Blasonierung: „In Grün ein sich aufrichtendes silbernes Pferd; im silbernen Schildhaupt sieben grüne Rauten.“
Der Kommunalheraldiker Jörg Mantzsch gestaltete das Wappen und führte es ins Genehmigungsverfahren.
Die Farben des Ortes sind Weiß-Grün.
Zum evangelischen Kirchspiel Rehmsdorf-Tröglitz zählen zwei Kirchengebäude in Tröglitz: Im Ortsteil Gleina befindet sich eine denkmalgeschützte romanische Kapelle aus dem 12. Jahrhundert, deren Apsis mit Fresken geschmückt ist.[28] Die jüngste evangelische Kirche des Ortes steht im Ortsteil Burtschütz, errichtet 1836 von einem Schinkel-Schüler im freien klassizistischen Stil auf den Grundmauern einer dort vorbestehenden Kapelle.[29]
Weil durch den Bau des Hydrierwerkes und nach 1945 durch die Vertreibungen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten viele Katholiken in die Region kamen, errichtete der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger 1941 zunächst mit Sitz in Techwitz, dann Tröglitz eine Pfarrvikarie. Anfänglich fanden die Gottesdienste in der evangelischen Kirche statt. Da der Zuwachs anhielt, wurde ein eigenes Gotteshaus notwendig. Nachdem ein Bauplatz gefunden war, wurde am 1. April 1951 die Filialkirchengemeinde „Heilig Geist“ gegründet, am 1. Advent 1952 konnte der Neubau benediziert und am 8. März 1953 durch Erzbischof Jaeger konsekriert werden. 1962 folgte die Erhebung der Filialgemeinde zur selbstständigen Pfarrei.[30]
Auf einer ca. 8 ha großen Fläche des ehemaligen Hydrierwerkes in Tröglitz wurde eine Außenstelle des Chemie- und Industrieparks Zeitz geschaffen. Hier siedelten sich hauptsächlich produzierende Firmen an.
In Tröglitz wurde das ehemalige Grund- und Sekundarschulgebäude am Friedensplatz zur Grundschule für alle Schüler der einzelnen Orte der Gemeinde Elsteraue umfunktioniert. Damit bleibt der Schulstandort Tröglitz in dem 1950 bis 1953 errichteten Gebäude, das wegen seiner aufwendigen Gestaltung des Hauptportals unter Denkmalschutz steht, erhalten.
Im Ortsteil Alt-Tröglitz entstand von 1949 bis 1951 das Klubhaus „Marx-Engels“ des Hydrierwerks Zeitz, ein Saalgebäude im Stil des Sozialistischen Klassizismus, das zu DDR-Zeiten von der Gewerkschaft betrieben wurde und heute ein privater Veranstaltungsbetrieb ist.
Tröglitz liegt an der Bahnstrecke Zeitz–Altenburg sowie der Bahnstrecke Tröglitz–Zeitz. Der Bahnhof hieß vor 1944 „Techwitz“. Personenverkehr findet nicht mehr statt.