Radheimer Barockkirche von 1577, dem Hl. Laurentius gewidmetGrüße aus Radheim
Das Dorf liegt am nordöstlichen Rand des Odenwaldes im Bachgau. Durch Radheim verläuft die Kreisstraße 106. Der Ort schließt direkt westlich an Mosbach an. Durch Radheim fließt der Pflaumbach (je nach Region auch Welzbach genannt), der in den Schönbusch-See im Park Schönbusch einfließt und bei Leider schließlich in den Main mündet.
Geschichte
Vorgeschichte und Antike
Bodenfunde lassen auf eine frühe Besiedlung in der Jungsteinzeit schließen. Durch den Reichtum an Quellen boten sich hier ideale Siedlungsbedingungen.
Zur Römerzeit befand sich in Radheim, damals Teil der Provinz Obergermanien und ab 125 n.Chr. zum rechtsrheinischen Teil der Civitas Auderiensium mit dem Hauptort Dieburg gehörend, ein römischer Gutshof (villa rustica) anstelle der Kirche. Diese landwirtschaftlichen Betriebe versorgten die Truppen am nahen Limes.
Als Beweis dienen die gefundenen römischen Viergöttersteine. Den letzten Viergötterstein fand man bei Renovierungsarbeiten 1972 unter dem Altar der alten Radheimer Kirche. Ein Viergötterstein wird heute auch im Landesmuseum Darmstadt aufbewahrt. Mit dem Fall des Limes um das Jahr 260 n.Chr. zogen sich die Römer wieder hinter die Rheinlinie zurück.
Mittelalter
Im 5. Jahrhundert besiedelten die Franken das Gebiet.
Die älteste erhaltene Erwähnung des Dorfes findet sich im Codex Eberhardi des Klosters Fulda von 798. In den historischen Dokumenten erscheint der Ortsname im Laufe der Jahrhunderte in wechselnden Schreibungen: Roden (um 800 bis 1262, 1403), Rode (1267, 1317), Roeden (1442), Raden (1445), Rodau (1457), Rode (1567), Rodheym (1577) und Rodheim (1812).[1]
1278 kam der Ort mit den anderen Gemeinden des Bachgaus an das Kurfürstentum Mainz, wo es über fünf Jahrhunderte verblieb. Grundherren in der Gemarkung Radheim waren die Klöster Amorbach, Höchst und Aschaffenburg sowie die Johanniter aus Mosbach. Auch die Herren von Hanau, von Düdelsheim, die von Wasen und Schrautenbach hatten Güter und Berechtigungen in Radheim.
Neuzeit
In Radheim galt das formal 1755 noch einmal eingeführte Mainzer Landrecht als Partikularrecht und das Gemeine Recht galt darüber hinaus, soweit das Mainzer Landrecht für einen Sachverhalt keine spezielle Regelung enthielt. Dieses Sonderrecht behielt seine Geltung auch im gesamten 19. Jahrhundert während der Zugehörigkeit des Gebietes zum Großherzogtum Hessen[3] und wurde erst zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.
Nach der Auflösung des Mainzer Kurstaates kam Radheim zunächst zum Großherzogtum Frankfurt, wurde jedoch 1817 durch Tausch an das Großherzogtum Hessen angegliedert.[1]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Radheim:
»Radheim (L. Bez. Dieburg) kath. Filialdorf; liegt an dem Welzbach 3St. von Dieburg und 11⁄2St. von Umstadt auf einer sanften Anhöhe. Der Ort hat 76 Häuser und 457 Einw., die bis auf 16 Luth. katholisch sind. In der Gemarkung findet sich ein Bruch von rothen Sandsteinen, und auf den nahe liegenden Höhen sind römische Grabhügel. – Dieser Ort, der seinen Namen wohl von Rado oder Rato herleitet, war ehemals mit einer Mauer umgeben und der Sitz mehrerer adeligen Familien; noch sind einige uralte steinerne, vormals adelige Gebäude vorhanden. Die Herrn von Schrautenbach waren Patronats- und Zehntherrn zu Radheim. Die Kirche, dem h. Laurentius geweiht, hat in einem später eingemauerten churfürstlich mainzischen Wappen die Jahrzahl 1578. In der Kirchhofsmauer ist ein Votiv-Altar eingemauert. Radheim kam 1817 von Baiern durch Tausch an Hessen.«[4]
Radheim, das früher sehr stark landwirtschaftlich geprägt war, ist heute eine Wohngemeinde mit knapp 1000 Einwohnern.
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde am 1. Januar 1977 die bis dahin eigenständige Gemeinde Radheim kraft Landesgesetz nach Schaafheim eingegliedert.[5]
Für Radheim sowie für die übrigen eingemeindeten Orte wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die übergeordneten Verwaltungseinheiten sind während der Zugehörigkeit zu Hessen wie folgt dokumentiert:[1][7]
ab 1806: Rheinbund, Fürstentum Aschaffenburg, Departement Aschaffenburg
ab 1810: Rheinbund, Großherzogtum Frankfurt, Departement Aschaffenburg, Distriktmarie Obernburg
ab 1814: Königreich Bayern, Fürstentum Aschaffenburg, Districtmarie Obernburg
ab 1817: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen (durch Tausch), Provinz Starkenburg, Amt Umstadt
ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Dieburg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Umstadt) und Verwaltung)
ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Dieburg (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
am 31. Januar 1977 zur Gemeinde Schaafheim
ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg (in dem die Landkreise Dieburg und Darmstadt im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen)
Gerichte
Die zuständige Gerichtsbarkeit der ersten Instanz war:[1]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[8]; nach 2011 Gemeinde Schaafheim
Religionszugehörigkeit
•1829:
16 lutheranische (= 3,50,%) und 441 katholische (= 96,50%) Einwohner[4]
Kirchlich gehörte Radheim bis 1820 zu Wenigumstadt und anschließend als Filiale zu Mosbach. Nach 1945 erhielt Radheim, gemeinsam mit Schaafheim, eine eigene Pfarrei. Die heute noch erhaltene Laurentiuskirche wurde 1577 anstelle eines kleineren Gotteshaus errichtet, dabei blieb der gotische Turm erhalten.
Sehenswürdigkeiten
Nördlich von Radheim ragt auf einem Hügel der 22m hohe Wartturm auf, den 1492 der Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg an der alten Bachgauer Landwehr errichten ließ. Er sicherte den Übergang des Handelsweges in Kurmainzer Gebiet. 1992 wurde der Turm restauriert und wieder begehbar gemacht.
Radheim besitzt zwei Kirchen. Die Kirchen sind dem Hl. Laurentius geweiht. Die erste Kirche ist aus dem Jahre 1244 nachgewiesen. Die heutige alte Kirche wurde 1577 errichtet. Ihr Turm stammt aus dem 14. Jahrhundert. 1903 wurde das Kirchenschiff um sechs Meter verlängert und 1968 wieder um sechs Meter verkürzt. Von außen unscheinbar, umso prachtvoller ist die barocke Innenausstattung, die zwischen 1763 und 1767 gestaltet wurde. Die neue Kirche wurde 1964 errichtet. Beide Gotteshäuser sind mit einem Gang verbunden.
Die alte Ortsmauer mit Schießscharte.
Der Bildstock der Hl. Ottilie, 1793 errichtet, der Stein aber vermutlich romanisch, 1965 schwer beschädigt, seit 1976 neu errichtet am Waldweg von Dorndiel stehend, befindet sich am Einhardweg, einem mittelalterlichen historischen Wanderweg, der von Dorndiel über den Höhenzug des Odenwaldes durch Radheim führt.
Straußenfarm Tannenhof nordwestlich von Radheim.
Die Brennerei Bachgau-Destille.
Verkehr
Radheim im Bachgau,
ausführliches Radwege- und Wanderwegenetz rund um den Ort;
Ausgangsort für Wanderungen in Odenwald und SpessartWartturm bei Radheim
Der Bildstock der Hl. Ottilie am Einhardweg
Bildnis der heiligen Ottilie
Eisenbahn
Die nächstgelegenen Bahnhöfe sind:
Aschaffenburg Hauptbahnhof
Bahnhof Babenhausen
Buslinien
K 54 Babenhausen (Hessen) Bahnhof
K 54 Aschaffenburg-Hauptbahnhof
Rad- und Wanderwegenetz
Rund um Radheim gibt es ein umfangreiches ausgeschildertes Rad- und Wanderwegenetz. Bekanntester Wanderweg ist der historische Einhardweg mit Radheim als Zwischenstation.
Fernstraßen
B26 Richtung Darmstadt Anschluss zur A5 (Basel-Karlsruhe-Frankfurt-Kassel) und A67
B26 östlich Richtung Aschaffenburg Anschluss zur A3 (Köln-Bonn-Frankfurt-Würzburg-Nürnberg-Passau)
B45 Richtung Hanau Anschluss zu A3 und A45 (Hanau)
B45 nördlich Richtung Frankfurt/Offenbach über B486 und A661 (Egelsbach-Frankfurt)
B45 südlich Richtung Michelstadt/Erbach.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
Peter Wolf, lat. Petrus Lupinus (* in Radheim; † 1521 in Wittenberg), Theologe, im Jahr 1506 Rektor der Universität Wittenberg, Förderer von Martin Luther[9]
Personen, die in Radheim gelebt haben
Norbert Kühne (* 1941) (Pseudonym: Ossip Ottersleben), deutscher Schriftsteller und Publizist, lebte von 1943 bis ca. 1953 in Radheim; besuchte die Klassen 1–4 der Volksschule.
Literatur
Helmut Castritius: Von "Rodem" zu Radheim: 1200 Jahre Radheimer Geschichte. Verlag Keim, Großkrotzenburg 1998, ISBN 3-921535-47-6.
Ossip Ottersleben (Norbert Kühne): Als Flüchtling in Hessen, in: DAS PULT 63/1981/14. Jahrgang S. 24 ff, Hg. in St. Pölten, Österreich (siehe: Klaus Sandler), Österreich; beschrieben wird das Schicksal einer Flüchtlingsfamilie, die in Radheim angekommen und dort geblieben ist.
Bernd Steidl: Welterbe Limes: Roms Grenze am Main. Logo, Obernburg am Main 2008, ISBN 978-3-939462-06-4. (Ausstellungskataloge der Archäologischen Staatssammlung 36)
Suche nach Radheim In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Radheim, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16.Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einwohnerzahlen.In:Webauftritt.Gemeinde Schaafheim,abgerufen im Juli 2019.
Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 109.
Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg, Band 1 Oktober 1829, S. 192 (Online bei Google Books)
Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26.Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr.22, S.318, §15 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,5MB]).
Hauptsatzung.(PDF;81kB)§;5.In:Webauftritt.Gemeinde Schaafheim,abgerufen im Februar 2019.
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Band1. Darmstadt 1866, S.43ff. (online bei Google Books).
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