Leihgestern ist einer der beiden Stadtteile von Linden im mittelhessischen Landkreis Gießen und liegt im historischen Hüttenberger Land. Der Ort ist Sitz der Stadtverwaltung.
Leihgestern grenzt im Westen direkt an Großen-Linden in Mittelhessen sowie die Main-Weser-Bahn (Kassel-Frankfurt am Main). Im Ort treffen sich die Landesstraßen3129 und 3130.
Die älteste bekannte Erwähnung des Dorfes stammt aus einer Urkunde von 802/817 des Codex Eberhardi des Klosters Fulda.
In erhaltenen Urkunden wurde Leihgestern unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[2]
in villa Leizgestre (802/817) [XII Codex Eberhardi 1 I S. 271 = Dronke, Traditiones Capitulum 6 Nr. 67]
in Letkestre (Leizkestre) marca (805) [XII Jh. Codex Laureshamensis III, Nr. 3128=3724a]
in Leitkastre marca (in Leizcastro) (822) [XII Jh. Codex Laureshamensis III, Nr. 3130=3724c]
in Leitcastre (Letcastre) (825) [XII Jh. Codex Laureshamensis III, Nr. 3131=3731a, 3129=3767d]
in Leigesteren (1141) [Fälschung XIII Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1332]
de Leikestere (1150) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1336]
de Leitgestere (1171) [Mainzer Urkundenbuch 2, 1, Nr. 337]
in Legesteren (1237) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1348]
Leitgestirin (1322) [Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3, Nr. 550]
von Leykesteren (1474) [Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3, Nr. 1199]
Überblick
Leihgestern gehörte zu dem Teil des Amtes Hüttenberg, einem nassauisch-hessischen Kondominat, der bei der Teilung von 1703 an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt fiel. Hier gehörte es dann zum hessischen Amt Hüttenberg.[3]
1803 fasste die Landgrafschaft ihre nördlich des Mains gelegenen Gebiete in dem Fürstentum Oberhessen (später: Provinz Oberhessen) zusammen, wo nun auch Leihgestern lag. 1806 wurde die Landgrafschaft von Napoleon zum Großherzogtum Hessen erhoben. Dieses führte 1821 eine Verwaltungsreform durch, in der das Amt Hüttenberg aufgelöst wurde. Übergeordnete Verwaltung war nun der Landratsbezirk Gießen,[4] zuständiges Gericht das Landgericht Gießen.[4]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Leihgestern:
„Leihgestern (L. Bez. Giessen) evangel. Pfarrdorf; liegt 11⁄2 St. von Giessen, hat 154 Häuser und 845 Einwohner, die außer 2 Katholiken, 1 Mennoniten und 46 Juden evangelisch sind. Sodann hat der Ort 1 Kirche, 1 Rathhaus, 1 Synagoge, 1 Mahlmühle, so wie eine Mineralquelle, die aber nicht benutzt wird. – Die Leihgesterner Mark, so wie das Dorf Leihgestern (Leucastre, Leitkestre, Leizcastrum etc.) kommt schon zu den Zeiten Carls des Großen vor. Später war der Ort zwischen Hessen und Nassau Weilburg gemeinschaftlich; durch die Aufhebung der Gemeinschaft im Jahr 1703 kam Leihgestern ausschließend an Hessen.“[5]
Leihgestern gehörte zum Gebiet des Gemeinen Rechts, das hier ohne die Überlagerung von Partikularrecht galt. Dieses behielt seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, bis es zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[6]
Hessische Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden am 1. Januar 1977 durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen die bis dahin selbstständige Gemeinde Leihgestern mit der Stadt Großen-Linden zur neuen Stadt Linden zusammengeschlossen.[7] Ortsbezirke wurden nicht gebildet. Zu Leihgestern zählen die Ortsteile Mühlberg und das Gut Neuhof.
Staats- und Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und deren Verwaltungseinheiten, denen Leihgestern angehörte:[2][8][9]
ab 14. Jahrhundert: Heiliges Römisches Reich, Amt Hüttenberg (Kondominium: Grafschaft Nassau und Landgrafschaft Hessen)
ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Kondominium: Grafschaft Nassau und Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Hüttenberg[10]
ab 1604: Heiliges Römisches Reich, Kondominium: Grafschaft Nassau und Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Amt Hüttenberg
ab 1703: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Hüttenberg[11]
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Leihgestern 5610 Einwohner. Darunter waren 354 (6,3%) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 879 Einwohner unter 18 Jahren, 2481 zwischen 18 und 49, 1170 zwischen 50 und 64 und 1080 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 2733 Haushalten. Davon waren 1167 Singlehaushalte, 633 Paare ohne Kinder und 672 Paare mit Kindern, sowie 198 Alleinerziehende und 60 Wohngemeinschaften. In 504 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 2010 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [2]; Zensus 2011[1]
Leihgestern, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15.Januar 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
L. Ewald: Beiträge zur Landeskunde. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landes-Statistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Jonghaus, Darmstadt 1862, S. 54.
Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14.Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr.33, S.403ff.(407–408) (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S.162 (Online bei google books).
Arthur B. Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 100, Anm. 6 und S. 9, 11.
Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13.Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr.17, S.237ff., §10 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 1,2MB]).
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.12ff. (google books).
Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.):Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB013163434, OCLC162730471, S.16, §28 (google books).
Wilhelm von der Nahmer:Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins: vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.8 (Online bei google books).
Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.116 (Online bei google books).
Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB013163434, OCLC162730484, S.11 (Online bei google books).
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