Kelze ist eine ehemals selbständige Gemeinde im nordhessischen Landkreis Kassel. Seit der hessischen Gebietsreform Anfang der 1970er Jahre ist Kelze ein Stadtteil der Stadt Hofgeismar.
Kelze Stadt Hofgeismar 51.4647222222229.3713888888889199 | |
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Höhe: | 199 m ü. NHN |
Fläche: | 4,24 km²[1] |
Einwohner: | 279 (30. Jun. 2021)[1] |
Bevölkerungsdichte: | 66 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Postleitzahl: | 34369 |
Vorwahl: | 05671 |
Kelze von Nordwesten (2020) |
Der Karneval am Aschermittwoch und das Mayence-Fest am ersten Maisonntag erinnern bis heute an die Volksbräuche der französischen Bewohner, die ab 1699 in Kelze eine neue Heimat fanden. Landgraf Carl von Hessen-Kassel siedelte gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch in der Umgebung der Stadt Hofgeismar französische Glaubensflüchtlinge (Hugenotten) an, die nach dem Edikt von Fontainebleau und der Aufhebung der Religionsfreiheit in Frankreich im Jahre 1685 ihre Heimat verloren hatten. Ebenso fanden hier Hugenotten und Waldenser Flüchtlinge eine neue Heimat, die 1698 auf Befehl Ludwigs XIV. vertrieben worden waren. Nach 1698 bildeten sich nach der Vertreibung von Waldensern (in Kelze z. B. aus Orpierre) auch in anderen Gegenden Deutschlands waldensische Gemeinden.
Kelze entstand im Anschluss an diese zweite Ausweisung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich ab dem Jahre 1699 an der Stelle eines wüsten Dorfes, das unter der Bezeichnung Oberkelze im Jahre 1146 urkundlich erwähnt wurde.
Die evangelische Kirche des in Kreuzform angelegten Ortes Kelze wurde in Fachwerk errichtet und im Jahre 1709 eingeweiht.
Die seelsorgerische Betreuung der Gemeinde erfolgte in den Anfangsjahren durch Pfarrer David Clément bis zu seinem Tod am 29. Januar 1725. Bereits seit 1686 war Clément Pfarrer der französisch-reformierten Gemeinde an der Neustädter Kirche in Hofgeismar. An sein Wirken erinnern eine Gedenktafel an der Neustädter Kirche sowie eine unweit der Kirche errichtete Statue. Seine Eintragungen im Kirchenbuch der Gemeinde in den Jahren 1686 bis 1725 geben Auskunft über die Amtshandlungen in der französisch-reformierten Gemeinde in Hofgeismar, später aber auch in Carlsdorf, Kelze und Schöneberg.
Bei der Volkszählung im Jahre 1779 wurden in Kelze 131 Personen in 36 Haushalten erfasst, davon noch 22 rein französische Haushalte und weitere acht Haushalte, in denen ein Ehepartner französischer Abstammung war. Durch die damals hohe Kindersterblichkeit hatte sich die Zahl der Bevölkerung seit der Neugründung des Ortes kaum verändert. Die Dorfbevölkerung war 1779 in der Landwirtschaft tätig, bei einigen Bewohnern wurden Nebenberufe erfasst, darunter zwei Strumpfwirker, ein Schuhmacher und ein Weber.
Bereits zur Reichstagswahl 1920 wählten die Kelzer Bürger konservative und extrem rechtsgerichtete Parteien.[2] Bei der Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924 erreichte eine nationalsozialistische Gruppierung 16,8 % der Wählerstimmen.[3][4] Bei den Reichstagswahlen 1930 erzielte die NSDAP in Kelze 45,6 % der Stimmen und wurde damit stärkste Partei. Die NSDAP löste damit im Ort die DNVP als dominierende Kraft ab, die bei den Reichstagswahlen 1920–1928 noch Ergebnisse von 60,2 % bis 83,3 % erreicht hatte. Bei den Reichstagswahlen 1932 steigerte die NSDAP ihr Ergebnis auf 93,2 % (1932, I), 82,7 % (1932, II). Bei der Stichwahl zum Reichspräsidenten 1932, bei der Hindenburg siegte, erreichte Adolf Hitler in Kelze 94,0 % der Stimmen (Landkreis Hofgeismar 51,1 %, Deutschland 36,7 %). Bei dem vom republikfeindlichen Stahlhelm initiierten Volksentscheid am 9. August 1931 stimmten 87,1 % von 148 Wahlberechtigten für die Auflösung des preußischen Landtages. Bereits im Jahre 1931 wurde aus Kelze von antidemokratischen und republikfeindlichen Gewalttaten gegen republiktreue Einwohner berichtet.[5] Als den Nationalsozialismus besonders unterstützend wurde in dieser Zeit die Kelzer Gastwirtsfamilie und Inhaber eines Geschäfts Jean Bonnet geschildert.[6] Für die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus wird Kelze allgemein als Hochburg des Nationalsozialismus eingeschätzt.[7]
Zum 1. Februar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Kelze im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Stadt Hofgeismar eingemeindet.[8][9] Für Kelze, wie für alle durch die Gebietsreform nach Hofgeismar eingegliederten Gemeinden, wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[10]
Die folgende Liste zeigt die Territorien, in denen Kelze lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[11][12]
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Kelze 258 Einwohner. Darunter waren 12 (4,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 42 Einwohner unter 18 Jahren, 117 zwischen 18 und 49, 57 zwischen 50 und 42 und 36 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 108 Haushalten. Davon waren 30 Singlehaushalte, 27 Paare ohne Kinder und 30 Paare mit Kindern, sowie 15 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 15 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 75 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]
Kelze: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 231 | |||
1840 | 257 | |||
1846 | 237 | |||
1852 | 239 | |||
1858 | 236 | |||
1864 | 240 | |||
1871 | 242 | |||
1875 | 245 | |||
1885 | 252 | |||
1895 | 237 | |||
1905 | 226 | |||
1910 | 219 | |||
1925 | 221 | |||
1939 | 240 | |||
1946 | 434 | |||
1950 | 421 | |||
1956 | 329 | |||
1961 | 302 | |||
1967 | 290 | |||
1970 | 266 | |||
1980 | ? | |||
1990 | 272 | |||
2000 | 304 | |||
2005 | 302 | |||
2010 | 288 | |||
2011 | 258 | |||
2015 | 262 | |||
2020 | 272 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: bis 1970:[11]; nach 1970: Stadt Hofgeismar[16][17]; Zensus 2011[15] |
• 1885: | 252 evangelische (= 100 %) Einwohner[11] |
• 1961: | 251 evangelische (= 83,11 %), 34 katholische (= 11,26 %) Einwohner[11] |
Zu den unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmälern des Ortes steht die Gesamtanlage Kelze. Weiteres siehe: Liste der Kulturdenkmäler in Kelze.
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