Die kleine Ortschaft Gottstreu liegt in Nordhessen am linken Ufer der Oberweser an der waldreichen Nordostabdachung des Reinhardswalds. Sie befindet sich etwa 18km nördlich von Hann. Münden, 29km nordöstlich von Kassel, zwölf Kilometer südöstlich von Bad Karlshafen, neun Kilometer süd-südwestlich von Uslar und drei Kilometer südöstlich von Gieselwerder, einem der Verwaltungsstandorte der Gemeinde Wesertal mit der nächsten Weserbrücke (alle Angaben Luftlinie).
Die Ortschaft Weißehütte gehört zu Gottstreu.
Geschichte
Überblick
Gottstreu wurde im Jahr 1722 für waldenser Glaubensflüchtlinge aus Frankreich von Landgraf Karl von Hessen-Kassel als „Kolonie“ gegründet, ebenso wie das nahe gelegene Dorf Gewissenruh. Die religiös geprägten Namen beider Orte wählte der Landgraf persönlich aus. Die Kolonien wurden als Straßendörfer mit jeweils zwölf Parzellen angelegt. Die Neusiedler lebten von Landwirtschaft und Waldarbeit. Bis 1825 wurde im Gottesdienst und im Schulunterricht Französisch gesprochen. Französische Inschriften auf Hausbalken und französische Familiennamen zeugen noch heute von der Vergangenheit der im Volksmund als Franzosendörfer bezeichneten Orte.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten zum 1. Februar 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Arenborn, Gewissenruh, Gieselwerder, Gottstreu und Oedelsheim freiwillig zur neuen Gemeinde Oberweser. Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Gieselwerder.[2] Am 1. August 1972 kam noch kraft Landesgesetz Heisebeck hinzu.[3] Zum 1. Januar 2020 fusionierten die Gemeinden Oberweser und Wahlsburg zur neuen Gemeinde Oberweser. Der Ortsbezirk Gottstreu mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung blieb weiter bestehen.[4]
Staats- und Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Staaten und deren nachgeordnete Verwaltungseinheiten, denen Gottstreu angehörte:[5][6]
ab 1722: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Sababurg
ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Sababurg
1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Karlshafen
ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Landkreis Hofgeismar
ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Hofgeismar
ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Gottstreu 309 Einwohner. Darunter waren 3 (1,0%) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 39 Einwohner unter 18 Jahren, 105 zwischen 18 und 49, 87 zwischen 50 und 64 und 81 Einwohner waren älter.[9] Die Einwohner lebten in 135 Haushalten. Davon waren 27 Singlehaushalte, 39 Paare ohne Kinder und 51 Paare mit Kindern, sowie 15 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 24 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 75 Haushaltungen lebten keine Senioren.[9]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt,1968. Weitere Quellen: [5]; Zensus 2011[9]
Für die unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmäler des Ortes siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Gottstreu.
Inschriften in Gottstreu und Gewissenruh erinnern an die französische Abstammung.
Waldenserkirche in Gottstreu
Untere Straße in Gottstreu
Wirtschaft und Infrastruktur
Gottstreu ist der Standort der weltweit bekannten Fabrik für Plastifol-Profile und Zierleisten „Egon Krautheim GmbH“. Die Land- und Forstwirtschaft spielt kaum noch eine Rolle.
Tourismus
Gottstreu ist ein staatlich anerkannter Erholungsort[10] und liegt am Weserradweg. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in einer Pension vor Ort. In der Nachbarschaft gibt es Frei- und Hallenbäder, Campingplätze und weitere Sehenswürdigkeiten wie unter anderem Orte mit alten Fachwerkhäusern und einige Burgen und Burgruinen (Saba-, Trendel-, Bram- und Krukenburg).
Verkehr
Direkt am Ortsrand verläuft die Bundesstraße 80. Bei Hann. Münden befindet sich die nächste Autobahnausfahrt der A7 und bei Warburg jene der A44.
Regionalbahnhöfe gibt es in Hann. Münden, Hofgeismar und Bodenfelde; ICE/IC halten in Kassel, Göttingen und Warburg.
Überregional bedeutende Flughäfen befinden sich in Hannover und bei Paderborn.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
1895 Otto von Bismarck (1815–1898), Reichskanzler
Mit Gottstreu verbundene Persönlichkeiten
Hans Otfried Dittmer (1952–2018), Schriftsteller, lebte in Gottstreu
Einzelnachweise
Gottstreu In: Webauftritt der Gemeinde Oberweser. Abgerufen im August 2016.
Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 29.Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.7, S.286, Punkt 362, Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags[PDF; 5,1MB]).
Statistisches Bundesamt (Hrsg.):Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.398und399.
Gottstreu, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15.Januar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Michael Rademacher:Land Hessen.Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006.In:treemagic.org.Abgerufen am 1.Januar 1900
Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S.49f. (online bei Google Books).
Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S.70 f.
77. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 17. November 2011. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr.7, 2012, ISSN0724-7885, S.221.
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