Zabrze [ˈzabʒɛ] (von 1915 bis 1945 Hindenburg O.S.) ist eine oberschlesische Großstadt in der Woiwodschaft Schlesien im südlichen Polen rund 150km südöstlich von Breslau und etwa 90km nordwestlich von Krakau und ein bedeutendes Zentrum des Oberschlesischen Industriegebietes (Bergbau, Maschinen- und Eisenindustrie).
Dieser Artikel behandelt die polnische Großstadt. Siehe auch: Alt-Zabrze, Klein-Zabrze bzw. Zabrze Cove.
Osiedle Janek (übersetzt: Siedlung Janek, Neubau nach 1945)
Osiedle Mikołaja Kopernika (übersetzt: Nikolaus-Kopernikus-Siedlung, Neubau nach 1945)
Osiedle Młodego Górnika (übersetzt: Jungbergmann-Siedlung, Neubau nach 1945)
Osiedle Tadeusza Kotarbińskiego (übersetzt: Thadeus Kotarbinski-Siedlung)
Pawłów (Paulsdorf)
Rokitnica (Rokittnitz; 1936–45: Martinau)
Zaborze Północ (Zaborze-Poremba Nord)
Zaborze Południe (Zaborze-Poremba Süd)
Geschichte
PostamtDas „Teatr Nowy“ (Neues Theater) im Gebäude des ehemaligen Kasinos der DonnersmarckhütteJosefskirche
Erstmals erwähnt wurde die eigenständige kleine Siedlung Zabrze (später Alt-Zabrze) in den Jahren 1295 bis 1305 als „Sadbre sive Cunczindorf“ (d.h. Sabre oder Cunczindorf = das Dorf des Cunzen bzw. des Conrads) und befand sich danach unter böhmischer, habsburgischer und preußischer Herrschaft. Die älteste Siedlung innerhalb des jetzigen Stadtgebietes ist Biskupitz (1243). 1774 wurde Dorotheendorf gegründet, 1775 Klein-Zabrze.
Im Jahre 1873 wurde in der Landgemeinde Alt-Zabrze das Landratsamt für den neuen Kreis Zabrze eingerichtet. Dieser war aus dem südwestlichen Teil des Kreises Beuthen im Regierungsbezirk Oppeln der preußischen Provinz Schlesien entstanden. Die Aufteilung des Kreises Beuthen war wegen der stark gestiegenen Einwohnerzahlen infolge der Industrialisierung notwendig geworden.
Am 1. April 1905 wurden die Gemeinden Alt-Zabrze, Klein-Zabrze und Dorotheendorf sowie der Gutsbezirk Zabrze zur neuen Gemeinde Zabrze zusammengefasst sowie die Kolonie C von Zaborze eingemeindet.
Die Landgemeinde Zabrze wurde am 21. Februar 1915 auf Beschluss des Landkreises und mit diesem zu Ehren des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg in „Hindenburg O.S.“ (O.S.=Oberschlesien) umbenannt. Nach Auflösung der Provinz Schlesien im November 1919 wurde aus dem Regierungsbezirk Oppeln die eigenständige Provinz Oberschlesien. Hindenburg O.S. gehörte fortan zur Provinz Oberschlesien.
Zum 1. Oktober 1922 wurde der Landgemeinde Hindenburg O.S. (dem damaligen „größten Dorf Europas“) das Stadtrecht gemäß der Städte-Ordnung für die sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853 verliehen. Am 1.Januar 1927 wurde der Kreis Hindenburg O.S. aufgelöst. Die Landgemeinde und der Gutsbezirk Sosnitza wurden nach Gleiwitz eingemeindet, während die Landgemeinden Biskupitz, Mathesdorf und Zaborze in die Stadt Hindenburg O.S. eingegliedert wurden, die seitdem einen eigenen Stadtkreis bildete.
Am 1. April 1938 wurden die bisherigen preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien wieder zur Provinz Schlesien zusammengefasst, danach am 18. Januar 1941 als Gaue wieder in Ober- und Niederschlesien aufgeteilt. Hindenburg O.S. wurde aus dem Regierungsbezirk Oppeln ausgegliedert und dem Regierungsbezirk Kattowitz unterstellt.
Die 1873 eingeweihte Synagoge wurde während der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 niedergebrannt. 350jüdische Männer wurden festgenommen und in das KZ Buchenwald verschleppt.[4]
Am 24. Januar 1945 wurde die Stadt durch die Rote Armee erobert, am 19. März 1945 unter polnische Verwaltung gestellt und danach der Woiwodschaft Schlesien angeschlossen. Der Großteil der deutschen Bevölkerung wurde, soweit nicht geflohen, vertrieben bzw. in der Folgezeit ausgewiesen. 1946 erhielt die Stadt den polnischen Namen Zabrze.
1950 kam die Stadt zur Woiwodschaft Katowice. 1951 erfolgte die Eingemeindung von Makoszowy (Makoschau), Kunzendorf, Paulsdorf, Mikultschütz, Rokittnitz, Pilzendorf später auch Helenenhof.
1953 hat die Stadt Essen (Ruhrgebiet) die Patenschaft über Hindenburg O.S. übernommen. Derzeit wird diese Patenschaft als eine Patenschaft über die vertriebenen und ausgesiedelten Hindenburger sowie deren Kulturgut verstanden. In Essen befindet sich auch die „Hindenburger Heimatsammlung“.
Am 15. März 1991 trat der Zwei-plus-Vier-Vertrag in Kraft mit welchem die faktische Zugehörigkeit Zabrzes zu Polen auch völkerrechtlich bestätigt wurde.
1999 kam Zabrze zur Woiwodschaft Schlesien und erhielt den Status einer kreisfreien Stadt.
Einwohnerentwicklung
Bei der letzten Volkszählung von 2002 bekannten sich von den damals 195.293 Einwohnern 158.425 oder 81,1% zur polnischen Nationalität, 3.835 Personen (1,96%) bezeichneten sich als „Schlesier“, 2.592 (1,33%) als Deutsche und 123 (0,06%) als Roma. 30.113 Personen machten keine Angaben zu ihrer Nationalität. Damit lebte 2002 in Zabrze eine kleine, gleichwohl aber die zahlen- und anteilsmäßig größte deutsche Minderheit aller Städte in der Woiwodschaft Schlesien.[5]
Politik
AnnakircheWasserturm des Klinikums
Oberbürgermeister
1923–1927: Kurt Jeenel
1927–1929: Hans Lukaschek (1885–1960), Zentrum
1930–1933: Julius Franz (1881–1938), SPD
1933–1945: Max Fillusch (1896–1965), NSDAP
Stadtpräsidenten
(nach 1945)
1945 (Ende Februar-Mitte März): Sauer, Komitee Freies Deutschland
1945–1950: Paweł Dubiel
1950–1951: Grzegorz Sabuda
1951–1957: Rufin Suchoń
1957–1960: Jerzy Knapik
1960–1970: Tadeusz Bluszcz
1970–1973: Jerzy Skowronek
1974–1978: Bogusław Pałka
1978–1981: Hubert Niglus
1981–1987: Jan Janota
1987–1991: Gerard Hajda
1991–2002: Roman Urbańczyk
2002–2006: Jerzy Gołubowicz
seit 2006: Małgorzata Mańka-Szulik
An der Spitze der Stadtverwaltung steht eine Stadtpräsidentin bzw. ein Stadtpräsident, der von der Bevölkerung direkt gewählt wird. Seit 2006 ist dies Małgorzata Mańka-Szulik.
Auch bei der Wahl 2018 trat Mańka-Szulik mit ihrem eigenen Wahlkomitee an. Die Abstimmung brachte folgendes Ergebnis:[6]
Małgorzata Mańka-Szulik (Wahlkomitee Małgorzata Mańka-Szulik) 31,5% der Stimmen
Agnieszka Rupniewska (Koalicja Obywatelska) 22,4% der Stimmen
Kamil Żbikowski (Wahlkomitee „Besseres Zabrze“) 15,5% der Stimmen
Borys Borówka (Prawo i Sprawiedliwość) 15,4% der Stimmen
Adam Kudzia (Wahlkomitee „Zabrze für alle“) 5,3% der Stimmen
Lukas Kowalkowski (Kukiz’15) 4,5% der Stimmen
Mirosław Dynak (Wolni i Solidarni) 4,1% der Stimmen
Übrige 1,4% der Stimmen
In der daraufhin nötigen Stichwahl setzte sich die Amtsinhaberin Mańka-Szulik mit 51,6% der Stimmen knapp gegen ihre stärkste Herausforderin Rupniewska durch.
Stadtrat
Der Stadtrat besteht aus 25 Mitgliedern und wird direkt gewählt. Die Stadtratswahl 2018 führte zu folgendem Ergebnis:[7]
Koalicja Obywatelska (KO) 27,0% der Stimmen, 9 Sitze
Wahlkomitee Małgorzata Mańka-Szulik 21,4% der Stimmen, 7 Sitze
Prawo i Sprawiedliwość (PiS) 19,3% der Stimmen, 5 Sitze
Wahlkomitee „Besseres Zabrze“ 12,2% der Stimmen, 3 Sitze
Kukiz’15 7,8% der Stimmen, 1 Sitz
Wahlkomitee „Zabrze für alle“ 4,1% der Stimmen, kein Sitz
Sojusz Lewicy Demokratycznej (SLD) / Lewica Razem (Razem) 3,7% der Stimmen, kein Sitz
Wolni i Solidarni (WiS) 2,7% der Stimmen, kein Sitz
Übrige 2,0% der Stimmen, kein Sitz
Wappen
→ Hauptartikel: Wappen von Zabrze
Das Wappen von Zabrze stellt auf goldenem Hintergrund einen gemauerten roten Dreiturm mit Zinnen und blauem Zahnrad dar. Es wurde zwischen 1927 und 1948 genutzt und wieder seit 1990 in leicht modifizierter Form.
Städtepartnerschaften
Zabrze unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften:[8]
DeutschlandEssen, Nordrhein-Westfalen, seit 1953 Patenschaft über Hindenburg OS, seit 2000 eine enge städtische Zusammenarbeit (Kooperation) auf der Grundlage der bestehenden Patenschaft, 2008 wurde eine Kooperationsurkunde unterschrieben, am 25. März 2015 wurde die Städtepartnerschaft beschlossen[9]
DeutschlandSangerhausen, Sachsen-Anhalt, seit 1983
„Admiralspalast“, Büro- und Geschäftshaus mit Hotel und Restaurant, erbaut 1925–1927 von den Berliner Architekten Richard Bielenberg und Josef Moser
Borsigwerk-Siedlung
Annakirche
Josefskirche (1930–1931 von Dominikus Böhm)
Hedwigskirche, Holzkirche
Denkmal-Dampflok (von Schichau 1943 erbaut; Standort: Niederlassung DB Schenker)
Neues Theater
Kohlenbergbaumuseum
Andreaskirche
Schrotholzkirche
„Königin Luise“, stillgelegte Grube und Bergbaumuseum
Wasserturm
Klinikum (ehem. Knappschafts-Krankenhaus) mit Wasserturm (1906–1907)
Bergwerksmuseum Guido, ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur.
Wirtschaft
Kohlengrube „Concordia“
Heute ist Zabrze ein bedeutendes wissenschaftliches, kulturelles und industrielles Zentrum im Oberschlesischen Industrierevier. Unter anderem befinden sich hier Institute der Polnischen Akademie der Wissenschaften, die Oberschlesische Philharmonie sowie Betriebe der Elektronik-, Glas- oder Lebensmittelindustrie. Seit 1841 wird in der Region Bergbau betrieben.
Verkehr
Straßenbahn in Zabrze
Der Bahnhof Zabrze liegt an der Strecke Katowice–Legnica. Weiterhin verlaufen einige Güterstrecken durch die Stadt.
Im Nahverkehr besteht eine Anbindung an das Netz der Oberschlesischen Straßenbahn.
In der Nähe befindet sich die Autostrada A4 und die Drogowa Trasa Średnicowa verläuft durch Zabrze.
Naherholung
Der woiwodschaftliche Kultur- und Erholungspark sowie der Maciejów-Park (früher „Mathesdorfer Wald“) dienen als Erholungsgebiete für die Einwohner von Zabrze. Der Botanische Garten wurde in den 1930er Jahren angelegt. Eine Sehenswürdigkeit ist der Wasserturm Zabrze.
Sport
Fußball in Hindenburg O/S. vor 1945
SC Preußen Hindenburg/Zaborze
SpVgg Deichsel Hindenburg
SV Delbrückschächte Hindenburg
SV Borsigwerk
Der erfolgreiche Hindenburger Verein war der 1910 gegründete SC Preußen Hindenburg. Er spielte in der obersten Fußballliga, damals auf regionaler Ebene die Gauliga Schlesien bzw. ab dem Jahre 1941 die Gauliga Oberschlesien, und nahm einmal an der Endrunde um die deutsche Meisterschaft teil. Daneben existierten noch in Hindenburg O/S. die folgenden Fußballvereine: die SpVgg Deichsel, der TV Deichsel, der TuS Hindenburg 09, der SV Delbrückschächte, der SV Borsigwerk und der Sportfreunde Klausberg.
Fußball in Zabrze nach 1945
Górnik Zabrze
Die Bedeutung von Sport lässt sich in Zabrze vor allem am Fußballverein Górnik Zabrze ablesen, der bis 2021 mit 14 Titeln polnischer Rekordmeister war, aber seit 1988 keine Meisterschaft gewonnen hat.
Persönlichkeiten
Janosch
Ehrenbürger
Heinz Tobolla (1925–2013), Bildhauer und Künstler, seit 2007 Ehrenbürger der Stadt Zabrze
Janosch (* 1931), deutscher Illustrator, Kinderbuchautor und Schriftsteller, seit 2011 Ehrenbürger
Söhne und Töchter der Stadt
Politik und Wirtschaft
Hans Joachim Stoevesandt (1904–1942), Politiker (NSDAP) und Abgeordneter des Provinziallandtags der Provinz Hessen-Nassau
Siegfried Deinege (* 1955), deutscher Ingenieur und Kommunalpolitiker, OB von Görlitz
Helmut Dittrich (1926–1987), deutscher Polizeibeamter, Politiker (SPD) und Mitglied der Bremischen Bürgerschaft
Franz Drescher (1871–1934), deutscher Industrieller
Karl Godulla (1781–1848), preußischer „Zinkkönig“
Friedrich Kramer (* 1938), deutscher Politiker (CDU)
Ilse Ridder-Melchers (* 1944), deutsche Politikerin (SPD)
Erich Rußek (1893–1945), deutscher Politiker (NSDAP)
Werner Sobetzko (* 1939), deutscher Politiker (CDU)
Wissenschaft, Bildung, Medien
Rafael Buschmann (* 1982), deutscher Journalist
Joachim Dalfen (1936–2017), österreichischer Altphilologe deutscher Herkunft
Günter Dörner (1929–2018), deutscher Mediziner, Professor für Endokrinologie
Lutz Hasse (1930-2016), deutscher Meteorologe und Hochschullehrer
Adolf Hoffmann-Heyden (1877–1964), deutscher Chirurg und Hochschullehrer
Maritta Hübner (1930–1989), deutsche Hörspielregisseurin
Janpeter Kob (1927–1986), deutscher Soziologe
Günter Kohlmann (1933–2005), deutscher Professor für Strafrecht
Günter Kolodziej (1924–1996), deutscher Bandleader, Chorleiter, Dirigent und Komponist
Stolperstein in Leipzig, Liebigstr. 20 für Bruder von Wilhelm Altmann
Sonstige
Joachim Kroll (1933–1991), deutscher Serienmörder
Weitere Persönlichkeiten
Carl Szmula (1828–1890), Arzt in Zabrze
Reinhold Altmann (1865–1934), Chefarzt des Knappschaftslazaretts in Zabrze
Franciszek Trąbalski (1870–1964), polnischer sozialistischer Politiker (PPS, PZPR)
Rudolf Hartmann (1856–?), Chefarzt des Knappschaftslazaretts in Zabrze und Politiker
Manfred Skutta (1932–2006), Jurist, Richter, Direktor des Amtsgerichts
Horst Sylla (* 1933), Generalleutnant der Nationalen Volksarmee
Trivia
Die Bergarbeiterstadt Zabrze wird als Heimatort der pseudo-polnischen Musikerfamilie Popolski erwähnt. Von dort wird Der Popolski Show „Live aus der Plattenbau“ fiktiv gesendet.
Ernst Thälmann, damals Fraktionsvorsitzender der KPD, schlug im Juni 1924 im Reichstag vor, die Stadt Hindenburg in Leningrad umzubenennen.[10]
Literatur
Josef Knossalla: Geschichte der Stadt Hindenburg O/S. (Zabrze) 1929
Josef Pollok: „Hindenburg OS, Stadt der Gruben und Hütten“, Essen 1979
Kalendarium Zabrzanske, Zabrze 2006
Weblinks
Commons: Zabrze– Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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