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Schlierstadt ist ein Stadtteil von Osterburken im Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg). Es liegt im Bauland, einer sanften Hügellandschaft, südöstlich des Odenwaldes. Es ist Teil des Madonnenländle.

Schlierstadt
Wappen von Schlierstadt
Wappen von Schlierstadt
Fläche: 13,72 km²
Einwohner: 820 (30. Jun. 2019)[1]
Bevölkerungsdichte: 60 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 74706
Vorwahl: 06292
Schlierstadt
Schlierstadt
Schlierstadt aus der Luft im Jahr 2020
Schlierstadt aus der Luft im Jahr 2020

Geschichte


Die Geschichte[2] von Schlierstadt wird erst in römischer Zeit, zwischen 150 und 260 n. Chr. greifbar und nachvollziehbar. Baureste und Scherbenfunde zeugen von römischer Besiedlung. Im Jahr 1971 wurden im Gewann "Hellen Brünnle" Mauerzüge eines römischen Gutshofs (Villa rustica) freigelegt[3].

Der Obergermanisch-Raetische Limes verlief nur wenige Kilometer östlich. Der Ortsname lässt auf eine Siedlung im 7./8. Jahrhundert schließen. „Slier“ bedeutet so viel wie schlammiger, feuchter lehmiger Boden. Häufig wurde damals der Name einer Siedlung nach der Beschaffenheit des Bodens gewählt. Eine schriftliche Erwähnung in einer angeblich von Kaiser Otto III. im Jahr 996 ausgestellten Urkunde ist vermutlich eine Fälschung, die erst im 13. Jahrhundert angefertigt wurde. Zu jener Zeit hatte das Kloster Amorbach Besitz in Schlierstadt. Unter diesem Einfluss wurde auch die Ortskirche dem heiligen Gangolf geweiht.

In der Zeit zwischen 1103 und 1265 tritt ein nach dem Ort benanntes Adelsgeschlecht auf. Adalbero und Ulrich von Schlierstadt sind namentlich bekannt. Im 13. Jahrhundert treten die von Ernstein als Zehntbesitzer auf. An ihre Stelle traten später die von Neudeck und die Rüdt von Collenberg. Anfang des 13. Jahrhunderts hatten die Dürner Ministerialen Struzzelin und von Wagenhofen die örtliche Vogtei als Lehen der Herren von Dürn inne. 1236 wird das Kloster Seligental gegründet und die Quellen über Schlierstadt werden reichlicher. Das Kloster hatte die Ortsherrschaft bis 1561.

1376 gelangte Schlierstadt unter die Landeshoheit des Kurfürsten von Mainz. An diese Zeit erinnern noch heute Grenzsteine mit dem Mainzer Rad im Bereich des Klosterwaldes. Im Bauernkrieg (1525) waren die Einwohner von Schlierstadt auf Seite der aufständischen Bauern. Die Reformation hinterließ auch in Schlierstadt ihre Spuren, die Gemeinde blieb jedoch katholisch. 1656 gehörte die Pfarrei Schlierstadt zum Würzburger Landkapitel Odenwald in Buchen. Erst im 19. Jahrhundert kam die Pfarrei zur Erzdiözese Freiburg.

Grenzstein mit Mainzer Rad und der Jahreszahl 1747
Grenzstein mit Mainzer Rad und der Jahreszahl 1747

Im Jahr 1766/67 wurde die heute noch stehende Kirche gebaut. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Schlierstadt bereits über 800 Einwohner. Kurmainz bestimmte die Geschicke des Dorfes bis 1803, danach wurde Schlierstadt dem Fürstentum Leiningen zugeteilt. 1806 wurde der Ort großherzoglich-badisch. Mitte des 19. Jahrhunderts erfasste die Auswanderungswelle auch Schlierstadt. Mehr als 120 Schlierstädter sind, vorwiegend nach Amerika, ausgewandert. 1884 wurde eine Spar- und Darlehenskasse gegründet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Wasserleitung gebaut. Während des Ersten Weltkrieges erfolgte die Stromversorgung durch das Elektrizitätswerk Jagsthausen. 1933 erreichte die katholische Zentrumspartei 60 Prozent der Wählerstimmen in Schlierstadt.

Von großen kriegerischen Ereignissen blieb Schlierstadt im Zweiten Weltkrieg verschont, wenn man von der Besetzung durch die Amerikaner absieht. An die Opfer der Kriege erinnern das imperial aussehende Kriegerdenkmal von 1870 / 71 beim alten Rathaus in der Kirchstraße und die Gedenktafeln an der Friedhofshalle. 38 Schlierstadter Männer haben im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren. 59 Männer waren es im Zweiten Weltkrieg, wenn man die Vermissten mitzählt.

Kriegerdenkmal 1870 71 Schlierstadt
Kriegerdenkmal 1870 71 Schlierstadt

Am 1. Januar 1975 wurde Schlierstadt nach Osterburken eingemeindet.[4]

Heute hat Schlierstadt rund 800 Einwohner. Die Bevölkerung ist überwiegend römisch-katholisch und pendelt größtenteils in die größeren Nachbarorte.


Sehenswürdigkeiten



Religiöse Bauwerke



Bildstöcke und Wegkreuze


Weitere Bildstöcke standen einst am Bofsheimer Weg und am Hutpfad. Beide Bildstöcke wurden vor Jahren durch Diebe entwendet. Beim Sportplatz stand einst ein Holzkreuz. Der Christuskörper dieses Kreuzes wurde vor vielen Jahrzehnten durch einen Schuss durchlöchert. Der Korpus befindet sich heute im Pfarrzentrum. Bei dem Täter soll es sich der Überlieferung zufolge, um einen wütenden Fußballfan gehandelt haben, der mit dem Spielergebnis nicht zufrieden war.


Technische Bauwerke


Der Kandel an der Ortsverbindungsstraße zwischen Schlierstadt und Osterburken im Rinschbachtal mag zunächst den Eindruck eines Aquädukts römischer Herkunft erwecken. Tatsächlich wurde die Anlage aber erst 1834 von der leiningschen Verwaltung gebaut. Bis in das Jahr 1968 wurden mit dieser Anlage die Wiesen im Rinschbachtal bewässert. Das Wasser wurde zu diesem Zweck an einem Wehr in Höhe des Dreimärkers an der Grenze zur Bofsheimer und Osterburkener Gemarkung entnommen und in einem Kanalsystem aus Sandstein zum Kandel geleitet. Die Anlage wurde von der Wassergenossenschaft Hemsbachtal betrieben. Der letzte „Wässerwart“ war der Landwirt Wilhelm Zimmermann aus Schlierstadt. Dieser hatte das Amt 1945 von seinem Vater übernommen. Bewässert wurde von Mai bis August. Vor der Wässerung wurden die Wiesenbesitzer unterrichtet, damit sie das Wasser im angegebenen Zeitpunkt auf die eigene Wiese ableiten konnten. Alle zwei Jahre waren für ein Ar Fläche 10 Pfennig an die Wassergenossenschaft zu zahlen. Dabei kamen zuletzt 183,82 DM zusammen. Davon waren die Unterhaltung der Anlage und die Personalkosten zu bezahlen. Der Einsatz von Kunstdünger und der sinkende Wasserstand in der Rinschbach führten dazu, dass die Anlage nicht mehr weiterbetrieben wurde.[6]


Wirtschaft


Drei Unternehmen (eine Elektrofirma, das Bauländer Kunststoffwerk und Fliesenlegerei Seibold) sind im Ort als Arbeitgeber ansässig. Auf den mageren Kalkböden werden vorwiegend Getreide, Mais, Raps und Zuckerrübe angebaut, in neuerer Zeit auch wieder Dinkel, die für das Bauland typische Grünkern-Getreideart. Bei den zwei verbliebenen Haupterwerbslandwirten (Hofgut Hübl und Agrar Sack) handelt es sich um Mischbetriebe, die Rinder- und Schweinezucht, sowie Ackerbau betreiben.


Ehemalige Handwerks- und Gewerbebetriebe


Die Festschrift zum Heimattag 1952[7] verzeichnet noch folgende Anzeigen von Gewerbebetrieben in Schlierstadt:

Im Jahr 2021 gibt es bereits seit Jahrzehnten keinen einzigen dieser Betriebe mehr.


Ehemalige Wirtshäuser



Soziale Einrichtungen



Brauchtum



Sprache


Die älteren und in Schlierstadt aufgewachsenen Einwohner sprechen noch teilweise „schlierschter Dialekt“. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist das von dem Schlierstadter Lehrer Alois Brümmer im Jahre 1928 im „Wartturm“ veröffentlichte Gedicht „Im Hinnerland“. Das Gedicht beschreibt das karge Leben zu dieser Zeit in Schlierstadt. Die junge Generation verliert zunehmend den lokalen Dialekt. Reiner Dialekt wird heute nur noch von wenigen gesprochen. Zwischen nur wenige Kilometer entfernten Nachbarorten bestehen zum Teil erhebliche Dialektunterschiede.

"Im Hinnerland", Mundartgedicht von Alois Brümmer, 1928 veröffentlicht im "Wartturm" anlässlich des Schlierstadter Heimattages

Dialektglossar


Dialekt Hochdeutsch
HinnerlandHinterland
WääzeWeizen
HawwerHafer
GänschGänse
GärschdeGerste
GöiglGockel, Hahn
gugg emolschau mal
sundischsonntags
steereichsteinreich
morr losse dä Wörsching nät hängewir lassen den Kopf nicht hängen
WörschinggraudWirsing
manchmol dauern morr unsch sälbermanchmal bemitleiden wir uns selbst
SchdorzlRest eines Halmes, der nach dem Mähen über der Wurzel stehen bleibt
PferdzoMais

Freizeitmöglichkeiten



Sport



Kultur



Persönlichkeiten


Ehemalige DFB-Bundestrainerin der Fußballnationalmannschaft der Frauen
Ehemalige DFB-Bundestrainerin der Fußballnationalmannschaft der Frauen

Ehrenbürger



Literatur




Commons: Schlierstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Stadt Osterburken – Zahlen-Daten-Fakten. In: Stadt Osterburken. Abgerufen am 20. September 2021.
  2. Eine ausführlichere Darstellung der Geschichte von Schlierstadt ist nachzulesen bei Elmar Weiß: Schlierstadt im Wandel der Zeit, Juli 1997, Hg. Ortschaftsverwaltung Schlierstadt, S. 6–23
  3. Heribert Hamann: Villa Rustica im "Hellen Brünnle" in Schlierstadt im Wandel der Zeit
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 485.
  5. Alois Brümmer in "Der Wartturm" 3. Jahrgang Nr. 8 a, Mai 1928, S. 43
  6. Pius Sanns, Als der Kandel für Rekord-Heuernten sorgte, in Unser Land 2003, ISSN 0932-8173, ISBN 3-929295-68-7, S. 149 ff.
  7. Festschrift zum Heimattag 1952, S. 18–26.



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